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Deutscher Jazzpreis 2025Letzte Ausgabe in Köln ist geprägt von einseitigen Pro-Palästina-Aussagen

Lesezeit 3 Minuten
Mitglieder von „Sonic Interventions“, Preisträger Newcomer des Jahres.

Mitglieder von „Sonic Interventions“, Preisträger Newcomer des Jahres, performten nicht nur bei der Verleihungsgala des Deutschen Jazzpreises, sondern gaben auch politische, pro-palästinensische Statements ab, indem sie den Krieg Israels gegen die Hamas als „Genozid“ bezeichneten.

Die Verleihung des Deutschen Jazzpreises fand in diesem Jahr im Kölner E-Werk statt. Sängerin Uschi Brüning erhält den Preis für ihr Lebenswerk. Einseitige Pro-Palästina-Aussagen prägten die Veranstaltung.

Ein Tänzer, in Ketten gefesselt, befreit sich. Betörende Klänge und ein Text voller kluger Fragen dazu, wie viel eigentlich noch passieren muss bis zur nächsten Revolution. Schon der erste von nur drei Live-Acts des Abends hat es in sich. Das Berliner Kollektiv „Sonic Interventions“ erhält den Deutschen Jazzpreis in der Kategorie „Album des Jahres“. Auch die Dankesrede ist rhetorisch durchchoreographiert, Sängerin Astan Ka hat ein Palästinensertuch umgeschlungen und beendet die Rede mit „Stop this Genocide“. Das bleibt als Elefant im Raum stehen.

Für Improvisation oder Intervention ist hingegen kein Raum beim Deutschen Jazzpreises 2025 im Kölner E-Werk. Es waren 22 Preise im Rahmen der Veranstaltung zu vergeben mit jeweils bis zu vier Nominierten pro Kategorie, mit Laudatio und Dankesrede. Es ist viel Preis und wenig Jazz an einem dreistündigen Abend, das geht zackzack, hintereinander wegmoderiert von Hadnet Tesfai und Götz Bühler.

Die einen Geehrten platzieren Botschaften, die anderen danken der Familie, aber keiner, auch kein Laudator, geht auf einen Vorredner ein. Alles wird wegapplaudiert. Sängerin Sera Kalo wünscht „Free Palestine and good night“, das Drum-Duo Philo Tsoungui & Ludwig Wandinger sitzt mit Palästinensertuch am Drumset beim (sehr guten) musikalischen Zwischenspiel und Wandinger trägt zudem ein „Palestine“-T-Shirt. „Wir sollten den Kapitalismus überwinden, das wollte ich heute noch sagten“, verkündet eine der Macherinnen des PENG-Festivals (das Preisgeld nimmt das Festival trotzdem entgegen), Saxofonistin Ingrid Laubrock warnt vor Einschränkungen der Freiheit in ihrer Wahlheimat, den USA.

Musikerin Sera Kalo bekommt den Preis in der Kategorie. Sie wünscht am Ende ihrer Ansprache „Free Palestine and good night“.

Musikerin Sera Kalo bekommt den Preis in der Kategorie. Sie wünscht am Ende ihrer Ansprache „Free Palestine and good night“.

Diese Bühne steht für künstlerische Freiheit, Meinungsvielfalt – beides ist Essenziell für den Jazz und für unsere Gesellschaft.
Hadnet Tesfai, Moderatorin der Verleihung des Deutschen Jazzpreises

Nun ist Jazz seit seinen Anfängen künstlerischer Ausdruck der Unterdrückten und eine musikalisch-ästhetische Befreiung von althergebrachten Regeln. Jazz als Kunstform ist so frei, wie Menschen es sein wollen, er ist auch schon immer Stimme der Marginalisierten. Jazz kann Botschaften senden oder unterhalten, das Auditorium ist genauso frei, über die hingeworfenen Stöckchen politischer Statements und Kampfbegriffe zu springen oder nicht. Genauso wie man das kleine Grüppchen, das vor Beginn der Veranstaltung auf der dem E-Werk gegenüberliegenden Straßenseite gegen Antisemitismus demonstrierte, wahrnehmen oder übersehen konnte.

Der Veranstalter und Ausrichter ist die „Initiative Musik“, finanziert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und damit nicht nur sich selbst verpflichtet. Die Preisgelder, insgesamt eine halbe Million Euro, kommen aus öffentlichen Kassen. Man hat sich im Vorfeld größte Mühe gegeben, allen gerecht zu werden: Größtmögliche Vielfalt unter Nominierten und Geehrten, Vorab-Versand eines Verhaltenskodexes für „achtsamen und respektvollen Umgang miteinander“, dazu ein „Awareness-Team“ platziert, die Toiletten ausführlich beschriftet, wer sie benutzen darf. Kölns Bürgermeisterin Brigitta von Bülow (Grüne) betont zudem im Grußwort die Bedeutung Kölns als Jazzstadt sowie die Mühen um öffentliche Mittel zur Jazzförderung.

Jazz ist kein Add-On für die Lebensqualität. Jazz IST Lebensqualität.
Brigitta von Bülow (Grüne), Bürgermeisterin und kulturpolitische Sprecherin der Stadt Köln

Natürlich wurden an dem Abend großartige Künstler und Künstlerinnen ausgezeichnet, unter ihnen auch der 101-jährige Saxofonist Marshall. „Space is the place“, gibt er als Botschaft mit, die Nduduzo Makhathini in seiner Dankesrede für die Auszeichnung zum „Live Act of the Year International“ aufgreift und dann mit seiner Ehefrau Omagugu in einem berührenden Auftritt beweist, warum er ausgezeichnet wurde. Zum guten Schluss erhält Sängerin Uschi Brüning den Preis für ihr Lebenswerk, man ist schon über der eingeplanten Zeit und, es klappert vielversprechend an der Bar.

Sängerin Uschi Brüning erhält den Preis für ihr Lebenswerk.

Sängerin Uschi Brüning erhält den Preis für ihr Lebenswerk.

Dann geht es, kärtchengestützt, doch noch um den Elefanten. „Auf dieser Bühne sind heute viele, viele starke Statements gemacht worden“, sagt Hadnet Tesfai. „Wir stehen solidarisch auf der Seite aller zivilen Opfer dieses Konflikts, auch der israelischen Geiseln“, fährt Götz Bühler fort. „Das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza und darüber hinaus ist schrecklich und berührt uns sehr.“ Die Einordnung kommt für eine detailliert durchgeplante Veranstaltung der öffentlichen Hand verstörend spät. Und jetzt noch bitte alle zum Gruppenfoto auf die Bühne.