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Götz Alsmann„Fernsehen war früher angstfreier. Man traut sich vieles nicht mehr“

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Jazzmusiker Götz Alsman

Jazzmusiker Götz Alsman

Jazzmusiker Götz Alsman spricht im Interview nicht nur über seine stilvolle Kleidung, sondern auch über seine Musik. Und darüber, warum ein Format wie „Zimmer frei!“ aus seiner Sicht heute nicht mehr funktionieren würde.

Herr Alsmann, Sie sitzen hier im Café in Münster geschniegelt und gebügelt vor mir. So kennt man Sie. Gibt es auch Momente, in denen Sie mal nicht wie aus dem Ei gepellt herumlaufen – sonntags im Jogger und ohne perfekt sitzende Haartolle vielleicht?

Nein.

Nein? Warum nicht? Halten Sie es mit Karl Lagerfeld, der mal sagte: „Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“?

Was ich nicht habe, kann ich auch nicht anziehen. Mein Geld ist mir zu schade für solche Wegwerfklamotten. Ich muss allerdings einräumen, dass es Momente gibt, an denen meine Frisur nicht immer gleich gut sitzt. Aber Tatsache ist, dass ich versuche, auch im häuslichen Rahmen einen gewissen Standard nicht zu unterschreiten.

Wo ist denn bei Ihnen die Untergrenze? T-Shirt?

Ein Polohemd ist die absolute Untergrenze.

Sie haben nicht nur diverse Musikpreise abgeräumt, sondern waren im Jahr 2000 auch Brillenträger des Jahres und 2004 Krawattenmann des Jahres.

Das stimmt und ich finde, ich hätte den Preis jedes Jahr wieder neu verdient, aber man kann ihn leider nur einmal bekommen.

Haben Sie schon immer großen Wert auf Ihr Äußeres gelegt? Sind Sie also zum Beispiel schon im Anzug zur Schule gegangen?

Ich habe mich tatsächlich als Kind schon unheimlich für Mode interessiert. Ich habe immer beobachtet, was die Leute trugen, wie sie aussahen, wie sie sich gaben – ein faszinierendes Thema! Später habe ich Marionettenkostüme entworfen. Und, ja, in der gymnasialen Oberstufe habe ich mir dann tatsächlich einen Spaß daraus gemacht, im Anzug zur Schule zu kommen.

Und wurden belächelt?

Ach nein, ich war zu dem Zeitpunkt schon dermaßen als bunter Hund verschrien, dass sich niemand mehr darüber gewundert hat.

Sie haben einst durchs Fernsehen und die Sendung „Zimmer frei!“ Bekanntheit erlangt. Würde eine solche Talksendung mit Musikeinlagen und Spielen heute noch funktionieren?

Nein, genau so sicher nicht.

Warum nicht?

Weil Fernsehen zu unserer Zeit einfach angstfreier war. Man traut sich vieles nicht mehr.

Woran liegt das?

Viele Redakteure haben Angst vor einem Shitstorm. Sie fürchten allzu viele Mails, die sie beantworten müssen. Das war zu „Zimmer frei“-Zeiten anders. Als die Sendung 1996 anfing, hatte kaum jemand einen Computer. Niemand meldete sich per Mail. Da schrieb man vielleicht mal einen Brief. Das war dann aber eine so hohe Schwelle, dass neun Zehntel aller empörten Briefe ungeschrieben geblieben sind. Aber eine Mail oder ein Post sind schnell rausgehauen. Und der dauerbeleidigte Social-Media-User unserer Zeit ist ein Faktor, der für Unterhaltung verantwortliche Fernsehredakteure schon mal ins Schwitzen bringt. Daher glaube ich, dass „Zimmer frei“ in der Unbefangenheit von damals so heute kaum noch denkbar wäre.

Kommen wir zu Ihrer Musik, dem Jazzschlager: Mal angenommen, jemand hat noch nie etwas von Ihnen gehört, wie würden Sie ihm Ihr Genre beschreiben?

Meine Band und ich verstehen uns als Jazz-Ensemble. Aber unser Repertoire besteht ausschließlich aus Schlagern. Das ist der Witz an der Sache. „Schlager“ heißt ja nur: ein Unterhaltungslied in deutscher Sprache. Warum soll ich dann nicht Schlager, die mir gefallen, meist aus den 20er bis 50er Jahren, im Jazz-Idiom spielen? Von dieser Erkenntnis zum musikalischen Konzept war es ein kurzer Weg.

Ihr aktuelles Album heißt „...bei Nacht…“. Sind Sie eine Nachteule?

Ganz klar. Ich war immer schon ein Nachtmensch. In jungen Jahren natürlich, weil ich mich vortrefflich amüsiert habe. Aber es hat sich bald so eingepegelt, dass ich nachts auch am besten arbeiten konnte.

Roland Kaiser singt auf dem Album auch ein Stück mit Ihnen. Er war ja früher Ihr Nachbar hier in Münster. Wie darf man sich das vorstellen – wilde Grillabende und Arm in Arm singend und musizierend?

Dafür sind weder er noch ich der richtige Typ. Aber wir sind regelmäßig im Austausch, fühlen uns als Freunde und sind beide große Espresso-Trinker. Er war jetzt bei meinem Album dabei und vor ein paar Jahren war ich auf einem seiner Alben sein Duettpartner.

Sie sind seit 1987, also bald 40 Jahre, mit Ihrer Frau Brigitte verheiratet. Wie lautet Ihr Rezept für eine gute und beständige Ehe?

Blacky Fuchsberger sprach immer so schön von den vier V’s: Verstehen, Vertrauen, Verzichten und Verzeihen.

Musste Ihre Frau Ihnen in all den Jahren viel verzeihen?

Nicht so viel, wie Sie vielleicht glauben.

Aktuell ist Götz Alsmann mit seinem Musik-Programm „...bei Nacht…“ auf Tour. Nähere Infos dazu unter: www.goetz-alsmann.de