Es wird Zeit für neue Musik!Am 23. August wird die Sängerin Vicky Leandros 70

Die Sängerin Vicky Leandros 2017 auf der Bühne.
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Kapriziös! Wenn es ein Adjektiv gibt, das Vicky Leandros auf den Punkt beschreibt, dann ist es wohl dieses Wort. Auch wenn man die genaue Definition grad nicht parat hat, scheint schon sein Klang die Sängerin zu umhüllen wie ein eleganter, leichter, fließender Umhang. Die fast fragile Figur, die wellenartige Bewegung der Finger und Hände, die sanfte Sprechstimme, das leicht manierierte im Gesang – kunstvoll und künstlich sind an einer fließenden Grenze beheimatet.
„Messer, Gabel, Schere, Licht“
Dass sie am kommenden Dienstag satte 70 wird, kann man sich da nicht so recht vorstellen, denn aus der Grande Dame lugt immer auch das kleine Mädchen hervor, das am 1. Juni 1965, also mit nicht mal 13, ihre erste Single herausbrachte: „Messer, Gabel, Schere, Licht“, eines dieser Schlagerliedchen mit seiner für die 60er Jahre so typischen Naivität, an denen der Zahn unserer Zeit doch arg genagt hat.
Doch die am 23. August 1952 als Vassiliki Papathanasiou auf Korfu Geborene will mehr – wobei man davon ausgehen kann, dass zumindest in den Anfangsjahren ihr Vater Leo Leandros mehr wollte. Dessen eigene Schlagerkarriere lief nicht ganz so erfolgreich („Mustafa“ war sein einziger Hit), also musste die Tochter ran. Und das nicht zu knapp.
Vicky Leandros sang auf verschiedenen Sprachen
Denn Leo Leandros strebte für sie von Anfang eine internationale Karriere an. Von den Alben gab es bis in die 70er Jahre parallel neben deutschen und griechischen auch englische und französische Versionen. Daneben sang Vicky auch auf Japanisch, Spanisch, Italienisch oder Holländisch. 1967 nahm sie für Luxemburg am Grand Prix teil, ihr „L’amour est bleu“ kam nur auf Platz 4, als „Love is blue“ machten es andere Interpreten zum Welthit. Beim zweiten Anlauf 1972 landete sie mit „Après toi“ auf dem ersten Platz und verkaufte die Platte in den verschiedenen Versionen knapp acht Millionen mal weltweit.
Den nachhaltigsten Erfolg hatte sie allerdings in ihrer Wahlheimat Deutschland: „Ich hab’ die Liebe geseh’n“, „Ich liebe das Leben“ oder „Die Bouzouki klang durch die Sommernacht“. Das tiefe Tal des Humtata durchschritt sie würdevoll mit „Theo, wir fahr’n nach Lodz“ – wie viele Schlagerdiven der 70er brauchte sie lange Zeit, um den kruden Schunkelstampfer mit Humor zu nehmen. (Manche schaffen das nie: Lassen Sie bloß nicht in der Gegenwart von Katja Ebstein das Wort „Jäger“ fallen!)
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Aber es fällt natürlich auch ein wenig unter „kapriziös“, dass Anspruch und Wirklichkeit nicht immer deckungsgleich sind. Und: Die (begrenzten) internationalen Erfolge selber immer höher zu bewerten kommt einem Schlag ins Gesicht der hiesigen Fans gleich. Wobei Vicky in dieser Disziplin nicht die einzige ist.
„Ich weiß, das ich nichts weiß“
Andererseits: Was kann diese Frau singen! Nicht häufig erlebt man, dass bei einem Live-Konzert die Stimme genauso exzellent klingt wie auch Platte, genauso sauber intoniert wird. Und sie geht immer wieder auch neue musikalische Wege, probiert Neues aus. Höhepunkt war sicher das Album „Möge der Himmel“, das sie mit Xavier Naidoos Truppe in Mannheim aufnahm. Auch nicht schlecht: „Ich weiß, das ich nichts weiß“ entstand in ihrer eigenen Küche. Doch das war 2015. Es wird Zeit für neue Musik, Frau Leandros!