Hals gehört mit seinen malerischen Schnappschüssen als dynamischster Maler des Goldenen Zeitalters. Ab Juli kann man seine Werke in Berlin besichtigen.
Rijksmuseum AmsterdamFrans Hals gehört zu den Stars der niederländischen Malerei

Das Hochzeitsbild von Isaac Massa und Beatrix van der Laen malte Frans Hals 1622.
Copyright: Rijksmuseum Amsterdam
Der Blick ist wild, weicht dem Betrachter aus, das Gesicht ist in Bewegung. Pinselspuren skizzieren den etwas überheblichen Ausdruck, den Witz. Haare wirbeln herum. Finger bearbeiten ungestüm Saiten und Griffbrett der Laute. Man glaubt, die hitzige Melodie zu hören. Im Amsterdamer Rijksmuseum hängen etliche Bilder von Lautenspielern, es herrscht kein Mangel an jugendlichen Draufgängern. Aber keiner ist wie dieser, den Frans Hals 1623/24 mit einer unfassbaren Virtuosität auf die Leinwand warf.
Wenn Rembrandt der überragende Mystiker und Geschichtenerzähler der niederländischen Malerei ist, der koloristisch raffiniert seine mitunter rätselhaften Porträts aus dem Halbdunkel herausarbeitete, und Jan Vermeer als der große Meister der Stille und Intimität sowie Schöpfer zauberhafter Bildnisse schöner Frauen gilt, dann gebührt Hals mit seinen malerischen Schnappschüssen der Rang des dynamischsten Malers des Goldenen Zeitalters.
Frans Hals stand oft im Schatten von Rembrandt und Vermeer
Wie er Bewegungen, Licht und Schatten, flüchtige Momente des Alltags mit virtuosem Pinselzug einfängt, mit Blicken und Gemütsregungen spielt, wie er seine Figuren aktiviert und völlig spontan wirken lässt, das macht ihm in der großen Zeit der alten Holländer keiner nach. Und doch funkelt Hals' Stern nicht so hell wie der seiner Kollegen Rembrandt und Vermeer – ein zu Unrecht ungleiches Dreigestirn.
Während kaum ein Jahrzehnt ohne spektakuläre Rembrandt-Schau vergeht, der Maler etwa allein durch sein großes Oeuvre – rund 350 Gemälde und 1300 Arbeiten auf Papier – und den prominenten Bestand im Rijksmuseum quasi allgegenwärtig ist, und Vermeers schmales Werk aus 37 Kleinformaten zuletzt 2023 dort breit gewürdigt wurde, muss man rund 30 Jahre zurückschauen, um auf eine große Präsentation von Hals zu treffen. Das ändert sich jetzt.
Eindrucksvolle Tournee führt Hals' Werke von London über Amsterdam nach Berlin
Mit einer eindrucksvollen Tournee meldet sich der Meister zurück. Sie startete in der National Gallery, London, wird an diesem Freitag im Rijksmuseum eröffnet und reist weiter in die Gemäldegalerie Berlin, wo sie ab Juli zu sehen ist. Das Besondere an der Amsterdamer Station ist nicht nur die Erzählstruktur – es wird nicht wie in London und Berlin chronologisch vorgegangen, sondern nach prägnanten Themen –, sondern auch die Nähe zum 15 Bahn-Minuten entfernten Haarlem, wo Hals aufwuchs, arbeitete, 1666 starb und unzählige Spuren hinterließ.
Nicht zuletzt sind auch etliche Werke nur in Amsterdam zu sehen, etwa das Frühwerk „Festmahl der Offiziere der St. Georg Schützengilde“ und das späte, virtuos hingeschluderte „Die Regenten des Altmännerhauses“, beide aus dem Haarlemer Frans Hals Museum, sowie „Der Fischerjunge“ und „Der lachende Junge“ aus dem Mauritshuis in Den Haag.
Insgesamt beeindruckt die Schau mit 50 Werken aus dem 220 Gemälde umfassenden Werk. Frans Hals wird als großartiger Porträtisten gefeiert. Faszinierend etwa, wie er die Anmut und Wildheit von Kindern und Jugendlichen festhält – bei zehn eigenen Kindern hatte er genug „Anschauungsmaterial“: So ist die zweijährige Patriziertochter Catharina Hooft auf dem Arm ihrer Amme kein dressiertes Püppchen, sondern eine verschmitzt lächelnde, durchaus selbstbewusste kleine Person, die, das konnte Hals nicht ahnen, mit 17 den Bürgermeister von Amsterdam heiratete.
Den „Lachenden Jungen“ (1668) mit wilder Mähne und frechem Grinsen aus dem Mauritshuis malte Hals mit flottem, flüchtigem Pinselstrich. Wie er Gesichtszüge, Reflexe und Details der Kleidung mehr andeutet, als detailliert ausführt, lässt ihn als Vorläufer der Impressionisten erscheinen. Vincent van Gogh und Edouard Manet haben sein Werk ebenso studiert wie Lovis Corinth und Max Liebermann.
Aber Hals konnte auch ungemein präzise malen. Etwa die Kleidung des „Lautenspielers“ aus dem Louvre, deren Textur geradezu zu greifen ist, und das detailliert wiedergegebene Instrument. Das beinahe kokett weggedrehte Gesicht mit dem leichten Bartschatten und dem nach links gerichteten Blick ist wiederum leicht unscharf gemalt, was der Szene eine große Dynamik gibt.
Zur Person
Zwischen 1580 und 1585 wurde Frans Hals in Antwerpen geboren und 1610 in die Haarlemer Lukasgilde aufgenommen. Er betrieb eine Werkstatt, malte zunächst die Mitglieder der Schützengilde und von Hospitalvorstehern, avancierte nach dem Tod von Rubens und van Dyck zum gefragtesten Porträtisten der Niederlande. Und das in einer großen Bandbreite, wie es die exzellente Schau vorführt.
Bis 9. Juni, täglich 9 bis 17 Uhr. Freier Eintritt für alle unter 18 Jahren. Karten mit Zeitslot, Museumstraat 1, Amsterdam.
www.rijksmuseum.nl