Gespräch mit Birgit MeyerWie sich die Kölner Oper für die „Zauberflöte“ rüstet

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Meyer Rhein 2

Birgit Meyer und Volker Rhein  im Staatenhaus

  • Singen auf der Bühne mit viel Personal in einem großen Raum. Wie geht das in Corona-Zeiten?
  • Vor der Premiere der "Zauberflöte" in Köln gab es für die Beteiligten einiges zu tun.
  • Aber Intendantin Birgit Meyer und der Technische Leiter Volker Rhein sind bester Dinge, das nun alles läuft.

Köln – Improvisation hat das Staatenhaus der Oper Köln zwar stets abverlangt, doch in Corona-Zeiten erweist sich das weitläufige Interimsquartier als Trumpf. Intendantin Birgit Meyer und der Technische Leiter Volker Rhein arbeiten Hand in Hand, um am 3. Oktober mit Mozarts „Zauberflöte“ zu beginnen. Wie kann das für Musiker und Publikum funktionieren?

„Wir haben vor dem Sommer ja schon elf kleine Abende vor maximal 100 Zuschauern gespielt“, erklärt die Chefin. Das mit dem Gesundheitsamt abgestimmte Konzept sieht vor, dass ein an der Kasse gekauftes Ticket gleich dort personalisiert und beim Einlass mit den Daten des Benutzers abgeglichen wird. „Außerdem hat die Technik jede zweite Reihe ausgebaut, und wir lassen zwischen haushaltsfremden Personen jeweils einen Platz frei.“ Bei Vorstellungsbeginn erlischt die sonst im Haus geltende Maskenpflicht.

Erreicht der Besucher den Saal im Haus am Offenbachplatz nur über Treppenhäuser, so ist das im Staatenhaus ebenerdig möglich. „Unsere engsten Stellen sind Haupt- und Nebeneingang mit jeweils viereinhalb Metern Breite“, sagt Rhein. Auch Pausen darf es geben, wobei an großzügig gestellten Stehtischen etwa das möglichst vorbestellte Getränk genossen werden kann.

Viel Frischluft und Coronatest für Mitwirkende

Schon im Sommer wurde die neue Beinfreiheit im Saal gelobt, und nun verstärkt man das Sicherheitsgefühl, indem pro Vorstellung nur 300 Zuschauer (statt bis zu 850) zugelassen werden. Auch auf der Bühne gilt: Distanz ist Pflicht, „in Singrichtung zum nächsten Darsteller sind drei bis vier Meter vorgeschrieben, zur Seite drei Meter“, erläutert der Technische Leiter.

Zudem werden den Mitwirkenden Corona-Tests angeboten. Rhein rühmt die üppige Frischluftzufuhr durch die Belüftungsanlage, „die eine messbar niedrigere Kohlendioxid-Konzentration und so einen noch höheren Sicherheitslevel schafft“.

Nun ist „Die Zauberlöte“ nicht unbedingt eine Kammeroper. Müssen vielleicht Figuren gestrichen werden? „Nein“, sagt Meyer, „aber der Chor singt nicht live, sondern wird vorher aufgenommen und eingespielt. Auf der Bühne sind einige wenige Chorleute, die aber nicht singen, sondern nur die Lippen bewegen.“ So vermeidet man für die vorgesehenen 20 Vorstellungen in die kältere Jahreszeit hinein eine allzu hohe Zahl von Mitwirkenden. „Wir müssen uns natürlich an die geltenden Sicherheitsregeln halten, und suchen zugleich eine Darstellungsform, die fasziniert und mitreißt.“

Wie Corona die Ästhetik verändert

Volker Rhein ergänzt: „Momentan ist es ein Luxus, dass wir im Staatenhaus keinen Orchestergraben haben, sondern die Orchesterflächen erweitern können“. So kann man für Korngolds „Die tote Stadt“ 350 Quadratmeter für das Orchester anbieten. Meyer sieht es als Vorteil, „dass wir in Sachen Akustik und Orchesterplatzierung schon große Improvisationserfahrung haben, so dass wir auch die zusätzlichen Herausforderungen meistern werden“.

Verändert sich durch Corona die Opern-Ästhetik? „Schon möglich“, meint Birgit Meyer. „Bei den Salzburger Festspielen wurden alle Mitwirkenden regelmäßig getestet, wodurch die Abstandspflicht entfiel. Die Produktionen sahen da so aus wie immer. Hier ist das anders, aber ich glaube, dass trotz aller Vorsicht die Leidenschaft, hohe Konzentration und Spielfreude aller Künstler spürbar wird.“ Zu den kreativen Kniffen in Michael Hampes Mozart-Inszenierung gehört etwa, dass Martin Koch als Zweiter Priester auch zum Erzähler von Szenen wird, die auf der Bühne sonst heikel sein könnten.

Die Kartennachfrage ist offenbar gut, wobei momentan T ickets verbindlich reserviert werden können und 14 Tage vor der Vorstellung erst der endgültige Kauf (oder Nichtkauf) erfolgt. „Die Zahlen wandern nach oben“, sagt die Intendantin, „wobei die Anfragen der Besucherorganisationen noch gar nicht eingebucht sind.“ Meyer sieht es als Vorteil an, „dass wir bis Weihnachten alle Neuproduktionen zeigen, die wir an die jetzigen Bedingungen anpassen können“. Die geplante Wiederaufnahme von „Rusalka“ dagegen hätte zu viele Verluste an Nähe und Poesie mit sich gebracht und kommt jetzt ein Jahr später.

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Nun also „Die Zauberflöte“, die für die Intendantin „auch thematisch sehr gut passt. Tamino soll ja Reife erlangen, um in den Kreis der Auserwählten aufgenommen zu werden. Mit anderen Worten: Er soll ein verantwortungsvolles Mitglied der Gesellschaft, mehr noch, ein maßvoll handelnder Entscheidungsträger werden; diese sind in den Zeiten der Pandemie und in Krisenzeiten überhaupt wichtiger denn je.“

Für die Opernchefin ist die Premiere am 3. Oktober „ein erster Schritt, genauso wichtig wie der 15. November 2015, als wir allen Unkenrufen zum Trotz den Spielbetrieb im Staatenhaus glücklich gestartet haben“.

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