Das Käthe Kollwitz Museum ist bis voraussichtlich Ende des Jahres in Umbau. Die Werke sind in Interim in verschiedenen Häusern zu sehen. Nun gibt es auch in der Domschatzkammer spannende Einblicke.
Ausstellung in KölnBegegnungen mit Käthe Kollwitz in der Kölner Domschatzkammer

Mutter schützt ihr Kind nannte Käthe Kollwitz die Reliefs, die nun in der Schau "Begegnungen Käthe Kollwitz zu Gast in der Kölner Domschatzkammer" zu sehen sind.
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Ist es ein Kuss, oder ist es der Versuch der Mutter, sich das tote Kind wieder einzuverleiben? Man weiß es nicht. Auf ihrem 1903 gemalten Bild „Frau mit totem Kind“ presst die Mutter verzweifelt den leblosen Körper an sich. Die Emotion springt sofort an.
Berührende Auswahl
Sehr intim und jedem verständlich fing Käthe Kollwitz den Moment ein, in dem Schmerz und Verlust zusammenkommen. Voraussichtlich bis Ende des Jahres befindet sich das Käthe Kollwitz Museum in Umbau. Einige Werke sind noch bis 4. Juni im Museum Ludwig zu sehen. In „Begegnungen – Käthe Kollwitz zu Gast in der Domschatzkammer“ hat deren Leiterin Leonie Becks nun eine kleine, aber ungemein berührende Auswahl getroffen.
Katharina Koselleck, Direktorin des Käthe Kollwitz Museums , empfand es als „großes Abenteuer“, wie Becks aus dem Fundus des Hauses zielsicher, aber völlig unchronologisch Bilder aus einem Zeitraum von 40 Jahren auswählte. Im knapp bemessenen Raum für Sonderausstellungen treffen dort nun Bilder, Reliefs und eine Pietà-Skulptur von Käthe Kollwitz aufeinander, die die Nähe zum Andachtsbild in der christlichen Kunst spüren lassen .
„Ihre Bildsprache erinnert an Kreuzigungsszenen. Sie zeigt keine christliche Kunst, aber sie verwendet die Begriffe“, so Becks. Weltliche Themen wie Krieg, Tod, Trauer und Abschied beschäftigten die Grafikerin und Bildhauerin (1867 bis 1945) zeitlebens.
Fliegerbombe
Einschneidendes Erlebnis war, als ihr Sohn Peter im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger fiel. Wiederholt fertigte sie Zeichnungen, auf denen sich der personifizierte Tod mit einem Menschen verbindet, wie im 1922/23 in Kreide gemalten „Tod und Jüngling, aufschwebend“. 1924/25 entstand die Zeichnung „Fliegerbombe“ und zeigt eine Mutter, sich über ihre bedrohten Kinder stürzend.
Es war eine Auftragsarbeit für die „Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit“. Die Chemikerin Gertrud Woker hatte eine Kommission ins Leben gerufen, die die Gesellschaft über die verheerenden Auswirkungen moderner Kriegsführung aufklären sollte. Eine Variante des Fliegerbombenbilds wurde 1927 zum Titelmotiv der Broschüre „Der Kampf der Frauen gegen die Hölle von Gift und Feuer“ – das Bild wurde immer wieder für Flugblätter oder Unterschriftenlisten verwendet.
Kollwitz wählte ein Zitat Goethes, „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden“, was sie als Aufforderung an die Mütter verstand, ihre Kinder niemals herzugeben. „Es war ihr Testament“, so Koselleck. Ihre Bilder brachten die kriegerische Zerstörung der Menschen auf den Punkt, was wiederum für die marktschreienden Nazis eine echte Bedrohung war.
Solidarisch mit Ernst Barlach
1933 mussten Kollwitz die Preußische Akademie der Künste verlassen. Sie hatten einen Appell gegen Hitler mitunterzeichnet. Fünf Jahre später nahm die Bildhauerin die Arbeit am Relief „Die Klage“ auf. Couragiert hatte sie an der Trauerfeier für ihren Freund Ernst Barlach (1870 bis 1938) teilgenommen, den die Nazis ächteten.
Dicht verschränken sich die Hände über ein Frauengesicht, in dem die eigenen Gesichtszüge der Künstlerin erkennbar bleiben. Sie verschließen den Mund. Die Geste ist in der Schatzkammer mehrfach zu entdecken.
Bis 10. September , täglich 10 – 18 Uhr, Domschatzkammer.