Kölner MuseumBarock-Abteilung des Wallraf-Richartz-Museums neu gestaltet

Mit passenden Wandfarben und spannenden Texten will Anja Sevcik das Vergnügen der Besucher an den Werken vergrößern.
Copyright: Costa Belibasakis
Köln – Mit passenden Wandfarben und spannenden Texten will Anja Sevcik das Vergnügen der Besucher an den Werken vergrößern. Fotos: Belibasakis (Costa Belibasakis)Mit passenden Wandfarben und spannenden Texten will Anja Sevcik das Vergnügen der Besucher an den Werken vergrößern. Fotos: Belibasakis (Costa Belibasakis)Von Hartmut Wilmes
„Peepshow“ heißt die knackige Überschrift. Zu unseriös für eine Gemäldegalerie? Keineswegs, denn dieser Titel ist von Anthony van Dycks Gemälde „Jupiter als Satyr bei Antiope“ ebenso gedeckt wie vom erklärenden Text. Sieht man hier doch dem lüsternen Göttervater bei der Entblößung eines aufreizend drapierten Frauenkörpers zu.

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Anja K. Sevcik hat dieses Modell des Wallraf, „den Blick über die Texte auf etwas Neues, Spannendes und Verblüffendes zu lenken“ gern für die von ihr geleitete Barockabteilung übernommen. „Da uns für die ständige Sammlung noch ein Audioguide fehlt, ist das eine Hilfestellung.“ Die Objektschilder selbst sind neu, „gut lesbar, aber so dezent, dass sie den Werken keine Konkurrenz machen“.
Ein schöner Leib nach Flöhen abgesucht
Mit den Überschriften – etwa „Wettstreit des Grauens“ zu Jacob Jordaens’ gefesseltem Prometheus – will Sevcik bewusst Neugierde wecken, „auch wenn das vielleicht dem einen oder anderen Besucher gegenüber klassisch kunsthistorischer Beschilderung zu modern erscheint.“
Wichtiger sind ohnehin die erläuternden Texte. Hätte man sonst etwa gleich bemerkt, dass die „Junge Dame vor dem Spiegel“ von Godefridus Schalcken ihren schönen Leib nach Flöhen absucht? Der Bildtext sieht das lästige Insekt als Symbol „für das amouröse Jucken: die Sehnsucht des Liebhabers, dem Busen der Angebeteten ähnlich nahe zu kommen wie der Floh“.
Gleiches gilt für die nebenan hängende „Venus vor dem Spiegel“ aus der Tizian-Werkstatt. Hier erfährt man, dass der Spiegel in der Liebeslyrik beneidet wurde, da er das Bild der Angebeteten unmittelbar genießen kann. Seit die neue Beschilderung hängt, bekommt das Museum Briefe, in denen nach weiteren Informationen gefragt wird.

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Die Neugestaltung ihrer Abteilung ist bis auf zwei Säle abgeschlossen, in diesen Fällen zwingen Sonderausstellungen noch zum Warten. Wobei für die Kuratorin „eigentlich doch die ständige Sammlung unser Schmuckstück ist. Und ,ständig’ trifft auch nicht ganz zu, denn hinter den Kulissen tut sich viel.“
Seit sie 2014 ans Haus kam, konnten viele Stücke restauriert werden. Besonders spektakulär: Gerrit van Honthorsts „Anbetung der Hirten“, die dann auch einen prominenten Platz bekam. Weil lange ein Kurator fehlte, war die Abteilung „ein wenig ins Hintertreffen geraten“, doch Sevcik sah dies als Chance. Folglich gruppierte sie die Gemälde so, dass sie Korrespondenzen zwischen Schulen und Zeiten spiegeln. So stehen die athletisch-kühlen Akte der Renaissance neben den üppigen Barock-Nackten. Solche Inszenierungen werden im Besucherbuch oft so gelobt, „dass es einem das Herz wärmt“.
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Um auch das Interesse der Kölner wachzuhalten, „erfand“ die neue Chefin die jährlich wechselnde Sonderschau im Fenstersaal. Auch die „zuvor etwas stiefmütterliche Hängung der Landschaften“ wurde geändert. Da gibt es nun einen eigenen Raum, der reizvolle Vergleiche zwischen märchenhaft-mythologischen Motiven aus der flämischen Bilderwelt mit niederländischen Gemälden ermöglicht, unter denen der größe Blickfang Jacob Cuyps „Hafen von Dordrecht“ ist.
Tiefes Blau und warmes Apricot
Apropos: „Ich habe die Werke an den Wänden auch abgesenkt, was für kleine wie große Besucher besser ist, weil man einfach tiefer und leichter ins Bild eindringt.“ Und die Säle sind weitgehend schon mit den neuen, einzeln dimmbaren LED-Lampen ausgestattet, die jedes Gemälde buchstäblich ins beste Licht rücken.
Dabei helfen auch die delikaten Wandfarben. Paris Bordones „Bathseba im Bade“ (Überschrift: „Lüsterne Blicke“) wanderte aus dem Eingangsbereich an die Stirnwand eines tiefblau ausgekleideten Kabinetts, wo es mit seiner raffiniert gestaffelten Perspektive den ganzen Raum öffnet. Erst nach der großen Rembrandt-Schau und der Rückkehr von Kölner Leihgaben aus Prag wird wohl jener Raum fertig, in dem die Werke des Niederländers jetzt hängen. Dann soll auch die Wand anders aussehen, „denn dieses dunkle Grau nimmt den Bildern ein bisschen die Strahlkraft“. Möglich wäre ein Aubergine-Ton.
Anja Sevcik überlegt stets, „wie wir durch Wandgestaltung am besten die Farben aus den Bildern kitzeln“. So wird auf warmem Apricot-Stoff besonders schön ein kleiner Star des Haues (siehe „Millionenschwere Früchte“) illuminiert. Und die „ständige Sammlung“ wirkt tatsächlich so lebendig wie eine frisch kuratierte Sonderschau.Millionenschwere Früchte
Adriaen Coortes „Erdbeeren in einem Tontöpfchen“ (1704 ) können zwar nicht mit der Schaulust von Rubens’ „Juno und Argus“ konkurrieren. Doch das kleine Stillleben, eine Leihgabe der Heinrich und Anny Nolte Stiftung, wäre mit seinem millionenschweren Marktwert für das Wallraf völlig unbezahlbar gewesen. Aber es ist aufgrund der posthumen Spätkarriere seines Schöpfers „das beliebteste Postkartenmotiv in unserem Museumsshop“, so Anja Sevcik. (Wi.)