Im Kölnischen Kunstverein folgte im Juli Valérie Knoll auf Nikola Dietrich. Jan Sting sprach mit der Schweizerin über ihre Pläne, das Haus, den Brandschutz und die ersten Eindrücke von Köln.
Leiterin „Kölnischer Kunstverein“ im Interview„Köln macht es Neuankömmlingen sehr einfach“

Die Kunsthistorikerin Valérie Knoll begrüßt als neue Leiterin im Kölnischen Kunstverein mit einem Wort aus der Schweiz.
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„Hoi“ ist ein Begriff aus dem Wortschatz der Schweiz und steht im Titel Ihrer ersten Ausstellung. Was ist darunter zu verstehen?
Ich komme eigentlich aus Basel, in Zürich vor allem sagt man Hoi. Es ist eine Begrüßung. Erst mal, um einen Umbruch zu deklarieren, damit die Leute merken, jetzt kommt was anderes. Ich begrüße tatsächlich die Kölnerinnen und Kölner. Das ist meine Einstandsausstellung.
In Bern haben Sie es geschafft, junge Leute zur zeitgenössischen Kunst zu bringen. Das wurde registriert. Wie haben Sie das gemacht?
Durch das Ausstellungsprogramm. Das heißt nicht, dass ich nur mit ganz jungen Künstlerinnen und Künstlern gearbeitet habe. Aber mit Leuten, die ein jüngeres Publikum interessieren. In der Geschichte der Kunsthalle Bern ging es auf und ab. Es gab Zeiten, da war das Durchschnittsalter des Publikums hoch. Dann war festzustellen, dass es sich in meiner Zeit verjüngt hat. Auch durch Konzerte, Performances oder Filmprogramme.
Wie war es, in Köln anzukommen?
Es war wahnsinnig intensiv, es ging sofort in die weitere Vorbereitung der Ausstellung. Ich habe ganz viele Leute kennengelernt. Es ist ein tolles Ankommen. Die Stadt macht es Neuankömmlingen sehr einfach. Hier sind sie sehr offen, wohlwollend und neugierig. Das habe ich auch schon anders erlebt. Man kommt immer gleich ins Gespräch, die Stadt lässt sich gut greifen. Köln hat eine Lust am Anekdotischen. Das ist sehr unterhaltsam.
Und die Stadt ist kunstaffin.
Köln war ein Wunschort. Schon lange. Ich habe mich entschieden, auf der Kunstvereinsebene zu bleiben, weil mich das Format nach wie vor interessiert. Weil ich weiterhin kuratieren, mit Künstlern arbeiten möchte. Deshalb war Köln für mich als Kunststadt immer schon spannend. Und ich habe auch mit vielen Kölner Künstlern gearbeitet.
Michael Krebber oder Joseph Zehrer zum Beispiel.
Künstlerinnen und Künstler, die man sofort mit Köln in Verbindung bringt. Aber auch Sergej Jensen zum Beispiel, er ist eine Generation jünger als Krebber und lebt auch hier. Mit ihm habe ich eine Ausstellung in Bern gemacht, und von Cosima von Bonin und Kai Althoff habe ich Werke gezeigt. Ich war viel hier, um mir Ausstellungen anzuschauen in den letzten 15 Jahren. Für mich war das Gebäude zudem wichtig. Ich wollte in ein Haus, an dem mich die Architektur reizt, in dem ich an eine interessante Geschichte anknüpfen kann.
Wie sehen Sie die Möglichkeiten, das zu bespielen?
In Bern hatte ich sieben Räume, hier habe ich viel weniger. Aber das Haus ist fantastisch. Die Haupthalle, die ist sehr reizvoll. In Bern war das Interieur sehr bürgerlich, hier ist schon schroffer. Aber der Stil der 50er Jahre hat sehr viel Klasse.
Im Kölnischen Kunstverein stehen umfangreiche Sanierungsarbeiten zumal im Brandschutz an. Erwischt Sie das als neue Direktorin auf dem falschen Fuß?
Die Baustelle, da blicke ich erst so halb durch. Aber das steht schon seit einigen Jahre an. Die Möglichkeit der Mehrspartigkeit wäre gegeben. Wenn wir den Riphahnsaal bespielen könnten. Das geht aber derzeit wegen der Brandschutzauflagen nicht. Es ist fatal, es sind auch Vermietungen betroffen, denn das Haus ist eigentlich so aufgestellt, dass man vermieten kann. Mir geht es jetzt aber erst einmal um die erste Ausstellung, die am heutigen Donnerstag eröffnet. Da konnte ich das andere ein bisschen wegschieben.
Sie haben Ausstellungen zum Thema Dandytum gemacht. Was steckt hinter der Idee?
Mein Interesse daran geht weit zurück, lange bevor ich von dem Dandy oder der Dandy gesprochen hätte. Es war eher so etwas, das in der Luft lag. Eine Vorstellung davon, wie man sich in der Welt bewegt, eine Vorstellung, wie man sich als Künstlerin in der Welt bewegt und mit seiner Arbeit. Vielleicht geht es auch um Haltung – ein Wort, das nicht mehr sehr modern ist. Ich verstehe es wie eine Geisterfahrerin auf der Autobahn der Gegenwart. Die Dandy, das interessiert mich, ist jemand, der sich die Gegenwart wohl sehr genau anschaut. Es geht nicht um Eskapismus und Rückzug. Es gibt ja auch viele Klischees über Dandys – die Eitelkeit und das Äußere. Aber das ist extrem verkürzt, trifft es überhaupt nicht. Dandy ist ja eher jemand, der nicht auffallen will. Der Brite Georg Bryan Brummell, der Ur-Dandy, hat gesagt: „Wenn sich jemand nach mir umdreht, dann habe ich was falsch gemacht.“ Es geht um eine Art Zurückhaltung, Minimalismus, Weniger ist mehr. Als neue Form auch der Eleganz. Nicht alles mitmachen, weil es erwartet wird, sondern gegen den Strich bürsten.
Welche Themen wollen Sie aufgreifen, perspektivisch?
Ich gehe nicht nach Themen, ich denke in Ausstellungen mit Künstlern. Ich habe Künstler vor Augen, mit denen ich bis 2025 hier arbeiten möchte. Ich lasse mir aber auch Phasen offen, damit ich reagieren kann. Ich habe auch eine Überraschung parat, eine Ausstellung, die ich im nächsten Jahr machen will, die für Köln toll sein wird – nichts us dem Bereich Bildende Kunst. Ich habe angefangen mit Malerei, weil es passiert dort viel Interessantes, auch in der jüngeren Generation. Malerei ist für Köln sehr wichtig in der Geschichte, gleichzeitig gab es im KKV nie viel Malerei, das war auch dem Raum geschuldet.
Worauf freuen Sie sich hier?
Ich freue mich erstmal, dass die Ausstellung fertig ist. Wenn man sieht, wie sich alles fügt. Viele der Künstlerinnen und Künstler kommen, das zu feiern.
In Basel wurde Valérie Knoll 1978 geboren und studierte dort sowie in Wien Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften. Von 2010 bis 2015 leitete sie zunächst mit Hannes Loichinger, später mit Stefanie Kleefeld die Halle für Kunst in Lüneburg. 2015 wurde sie die erste weibliche Direktorin der Kunsthalle Bern.