Lit.Cologne ab 26. MaiWas die digitale Version in Köln zu bieten hat

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Das Logo des Literaturfestival Lit.Cologne

Köln – Die Hoffnung starb sehr spät: „Bis vor Kurzem haben wir noch geplant, in verschiedenen Varianten stattzufinden“, erzählt Rieke Brendel, Produktionsleiterin der lit.Cologne. Die Entscheidung, das Festival in diesem Jahr vom 26. Mai bis 12. Juni rein digital zu veranstalten, sei erst sehr knapp gefallen. Und Geschäftsführer Rainer Osnowski ergänzt:„Wir mussten erleben, wir bestimmen nicht das Virusgeschehen, das macht es selbst!“

Lesungen mit internationalen Stars im Stream

Eine lit.Cologne ohne lange Schlangen beim Einlass? Ohne gut gelaunte Menschen, die sich freuen, ihre Lieblingsautorinnen und -autoren live zu erleben? Kaum vorstellbar. Und so hat das Team verschiedenen Formen von Streams im Angebot: Zum einen sind das Lesungen mit internationalen Gästen, die aus ihrem Wohnzimmer zugeschaltet werden – etwa T.C. Boyle , Cornelia Funke oder Isabel Allende aus Kalifornien, Maye Musk, die Mutter des Tesla-Chefs, wird ihre Autobiografie von New York aus vorstellen.

Der weißrussische Autor Sasha Filipenko streamt aus der Schweiz, Amélie Nothomb und Goncourt-Preisträgerin Leïla Slimani aus Frankreich.

Viele Produktionen in Köln

Viele Veranstaltungen werden aber in Köln produziert: in einem eigens eingerichteten Studio im Theater im Tanzbrunnen. „Hier arbeiten wir mit einem Regisseur und einer Produktionsfirma zusammen“, so Rieke Brendel. Etwa der Abend mit Texten von Roger Willemsen, die unter anderem von Wolfram Eilenberg und Katja Riemann vorgetragen werden. Auch die Treffen von Daniel Kehlmann und John Wray, Martin Sonnenborn und Gregor Gysi sowie Mariana Leky und Thomas Pletzinger finden in Köln statt. Genauso wie die Lesungen von Marc Elsberg, Elke Heidenreich und Sebastian Fitzek oder Iris Berbens und Gustav Peter Wöhlers Tribut an Joan Didion und Truman Capote und die Gala mit Bettina Böttinger zum Thema „Verfallene Feste“.

Abends trifft man sich in der digitalen Bar

Um etwas Festivalstimmung unter den Zuschauern aufkommen zu lassen, bietet man zu den Lesungen von Sophie Passmann und Katja Hübner einen Online-Buchclub an, für den man sich auf der Homepage des Festivals anmelden kann. Und die digitale Bar der „Hängenden Gärten von Ehrenfeld“ wird abends zum Festivalcafé. Rieke Brendel: „Dort loggt man sich ein und kann als Avatar schauen, mit wem man an der Bar so quatscht.“

Aus für Marathon

„Es war immer etwas Woodstock-Klima, wenn die Leute im Foyer mit Schlafsäcken übernachtet haben“, erinnert sich Matthias Kremin, der Programmbereichsleiter WDr 3 und WDR 5, an den 24-stündigen Literaturmarathon, der alljährlich im WDR-Funkhaus stattfand. Die traurige nachricht: Er wird nicht nur in diesem Jahr ausgefallen, sondern komplett gestrichen. Der Grund: Sparmaßnahmen. „Wir müssen mit sehr spitzem Bleistift rechnen“, so Kremin, dem die Absage „weh tut“.

Unverändert im Programm als Eröffnung des Festivals: die Verleihung des Hörbuch-Preises, der allerdings in diesem Jahr als Radio-Show stattfindet. (HLL)

Angesichts all des technischen Aufwandes verwundert es nicht, dass das Angebot mit 55 Veranstaltungen wesentlich schlanker daherkommt als in den vergangenen Jahren. Aber inhaltlich bleibt die lit.Cologne sich treu, mischt neue und etablierte literarische Stimmen, gräbt Vergessenes aus und setzt sich aktuellen Themen auseinander – unter anderem dem Klimawandel, dem sich Abende mit Frank Schätzing und Maja Göpel oder Eckart von Hirschhausen widmen. Und der Virologe Hendrik Streeck spricht mit Gert Scobel über sein Buch „Hotspot“, in dem es um das „Leben mit dem Coronavirus“ geht.

Das Kinderprogramm ist radikal eingedampft, bietet aber mit Lesungen von Annette Frier (aus „Momo“) oder der Sängerin Mieze (aus „Ronja Räubertochter“) ein paar Highlights. Die traditionellen „Klassebuch“-Lesungen hofft Tobias Brock vom Programmteam, im Herbst nachholen zu können.

Die Daten für die nächste lit.Cologne stehen schon fest: 15. bis 26. März 2022. Wird das Festival dann wieder „normal“ stattfinden? Rainer Osnowskis Antwort hierauf ist eher vorsichtig: „,Normal’ muss man dann ,plus die Erfahrungen der Corona-Pandemie’ sehen. Aber wir gehen – wieder mal – optimistisch davon aus, dass es im März eine Veranstaltungsreihe mit Publikum geben wird.“

Mehr Infos zu Programm, Einzeltickets und Festivalpass unter www.litcologne.de

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