„Wird missvergnügt sein“Lindner keilt bei „Maischberger“ gegen Scholz und will ihm teures Projekt ausreden

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ARD/"maischberger" vom 15.03.2023
abgebildete Personen v.l.n.r. Christian Lindner (Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef), Sandra Maischberger

ARD/'maischberger' vom 15.03.2023 abgebildete Personen v.l.n.r. Christian Lindner (Bundesfinanzminister und FDP-Parteichef), Sandra Maischberger

Der Bundesfinanzminister mahnt in der ARD seine Kolleginnen und Kollegen zur Sparsamkeit und teilt auch gegen den Kanzler aus.

Beim Talk von Sandra Maischberger ging es am Mittwochabend um die angespannte Finanzlage des Bundes. Minister Christian Lindner (FDP) war zu Gast und setzte sich im Einzelgespräch für mehr Sparsamkeit seiner Kolleginnen und Kollegen in deren jeweiligen Ressorts ein. Neben Lindner waren Wolfgang Ischinger (Chef der Münchner Sicherheitskonferenz), Petra Gerser (ZDF-Journalistin), Gregor Peter Schmitz („Stern“-Chefredakteur), Matthias Deiß (Leiter des ARD-Hauptstadtstudios) und Katja Petrowskaja (ukrainische Schriftstellerin) im Gespräch.

Hintergrund von Lindners Ermahnungen im Talk am Mittwoch: Ursprünglich hatten die Eckwerte für den Haushalt 2024 am selben Tag im Kabinett beschlossen werden sollen. Lindner ließ den Termin jedoch platzen, weil er sich mit seinen Kollegen nicht einigen konnte. Die Fachminister hatten Zusatzwünsche von rund 70 Milliarden Euro angemeldet, für die der Finanzminister keinen Spielraum sieht. Lindner beharrt auf der Schuldenbremse und will aber auch auf Steuererhöhungen verzichtet.

„Maischberger“: Christian Lindner wirft anderen Ministern Realitätsferne vor 

„Es gibt noch kein gemeinsames Verständnis für die finanzpolitischen Realitäten“, beklagt Lindner. Es gebe ein strukturelles Defizit im Haushalt trotz Rekordeinnahmen. „Und deshalb haben wir jetzt Haushaltsberatungen vor uns, die es in dieser Art zuletzt im Jahr 2010 gegeben hat.“ Damals hatte sich die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung bei einer Haushaltsklausur auf ein umfassendes Sparpaket geeinigt. Besonders groß waren 2010 die Einschnitte im Bereich Arbeit und Soziales gewesen.

Einzelgespräche mit den Ministerinnen und Ministern, von Sandra Maischberger „Beichtstuhlgespräche“ genannt, habe er schon geführt, so Lindner. Er verteidigt sein Festhalten an der Schuldenbremse und spricht von 40 Milliarden Euro, die er innerhalb von 12 Monaten für die Schulden der Vergangenheit bezahlen müsse.

Christian Lindner kritisiert Olaf Scholz' Amtsführung als Finanzminister

Als Maischberger nach der Rückendeckung des Kanzlers für seinen Finanzminister bei diesem Thema fragt, antwortet Lindner zunächst ausweichend. Man stehe in einem engen Austausch, heißt es. „Die große Koalition mit einer CDU-Kanzlerin und einem SPD-Finanzminister hat viele ungedeckte Schecks verteilt, auch vor der Pandemie“, wird Lindner dann doch deutlicher. „Das heißt, der alte Finanzminister hat nicht ordentlich gearbeitet“, bohrt die Moderatorin weiter und meint Olaf Scholz (SPD), zu Groko-Zeiten Lindners Vorgänger. „Der hat sehr stark auf die Ausgabenseite gesetzt“, lächelt Lindner.

Der Bundesfinanzminister rechtfertig seine Absage an die von SPD und Familienministerin Lisa Paus gewünschte Einführung der Kindergrundsicherung. Dafür sei zu wenig finanzieller Spielraum. Die Sparmöglichkeiten, die Maischberger anschließend vorschlägt, wie Abschaffung der Steuervergünstigung für Kerosin oder des Dienstwagenprivilegs sieht Lindner als nicht sinnvoll an. Er will den Mittelstand, den fleißigen Pendler, nicht weiter belasten.

Christian Lindner will Olaf Scholz Kanzleramts-Neubau ausreden

Dann gibt es eine weitere Spitze gegen Bundeskanzler Olaf Scholz. Man müsse auch im Bereich „der Regierung im engeren Sinn“ sparen, so der FDP-Minister. „Ich glaube, dass in Zeiten von mehr Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen Euro teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist.“ Lindner bezieht sich dabei auf den geplanten Erweiterungsbau des Kanzleramts. Nach Angaben aus Regierungskreisen im September wurden dafür 777 Millionen Euro veranschlagt. 

Im Finanzministerium gibt es laut Lindner inzwischen 65 Prozent ortsflexibles Arbeiten, „das heißt die Kolleginnen und Kollegen können von zu Hause arbeiten, von unterwegs, und nutzen das auch“. Daraus folge doch aber auch, dass man Büroflächen anders nutzen und begrenzen könne. „Warum dann also noch ein so teurer Neubau?“, sagte Lindner.

Mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz (SPD) fügte er an: „Ich glaube, der wird missvergnügt sein, dass ich das jetzt hier vorgeschlagen habe. Aber das ist mein Job.“ „Aber Sie sind ja in total guter Beziehung miteinander“, merkt Maischberger leicht ironisch an. (cme)

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