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Max Ernst MuseumIranische Künstlerin Farah Ossouli präsentiert neue Werke in Brühl

Lesezeit 3 Minuten
Eine Arbeit von Farah Ossouli (r.), mit der sie auf ein Werk von Max Ernst antwortet.

Eine Arbeit von Farah Ossouli (r.), mit der sie auf ein Werk von Max Ernst antwortet.

Farah Ossoulis Ausstellung im Max Ernst Museum verbindet klassische persische Malerei mit aktuellen gesellschaftlichen Themen.

Die Szene ist brutal: Ein martialisch aussehender Krieger, der die Betrachtenden direkt anblickt, hält eine Frau an ihren langen Haaren fest; ihre Füße sind von Speeren durchbohrt. Der gewaltsame Bildinhalt steht dabei im Gegensatz zu der filigranen Ästhetik, die die iranische Künstlerin Farah Ossouli in ihren Werken entfaltet.

Farah Ossouli wurde 1953 in Zandschan geboren. Sie hat an der „Girl’s School of Fine Art“ in Teheran studiert. Ihre Werke befinden sich in internationalen Sammlungen, darunter sind das Museum Ludwig in Koblenz und das Tropenmuseum in Amsterdam. Unter dem poetischen Titel „Merk dir den Flug, der Vogel wird sterben“, der einem Gedicht der iranischen Lyrikerin Forough Farrochzad (1935-1967) entnommen ist, sind ihre Werke jetzt innerhalb Reihe „New Perspectives“ im Max Ernst Museum zu sehen.

Werke kamen per Post

Unter erschwerten Bedingungen kam die Ausstellung zustande, für die Ossouli eigens eine neue 15-teilige Werkreihe geschaffen hat, die in unmittelbarem Bezug zu Max Ernsts 1934 entstandenem Collageroman „Une semaine de bonté“ (Eine Woche der Güte) steht, in dem der Künstler Kritik an Krieg, Gewalt und dem Zerfall der modernen Zivilisation übt. Beide teilen historische Erfahrungen: Ernst erlebte zwei Weltkriege; Ossouli die Zeit der Revolution, den Iran-Irak-Krieg und anhaltende gesellschaftlich-ideologische Krisen.

Ihre feinen Zeichnungen mit schwarzer Tusche und Akzenten in Gold und Silber hatte die Künstlerin vorab geschickt, ob sie selbst würde kommen können, war angesichts der aktuellen Situation im Iran bis zuletzt fraglich. Über Aserbaidschan ist die Anreise gelungen, sodass sie bei der Vernissage persönlich anwesend sein kann.

Orientierung an Kunst ihrer Heimat

Ossouli orientiert sich an der klassischen Miniaturmalerei ihrer Heimat, die sie in einen zeitgenössischen Kontext überführt. Motive aus der persischen und europäischen Kunst- und Kulturgeschichte verwebt sie zu eindringlichen Bildwelten, in denen Gewalt und Unterdrückung spürbar werden, die in ihrer Heimat allgegenwärtig sind. Die 72-Jährige gehört zu den berühmtesten zeitgenössischen Künstlerinnen im Iran und gilt als Pionierin bei der Einführung aktueller Themen. 2001 gründete sie die Künstlerinnengruppe DENA, in der sich zwölf iranische Malerinnen zusammengeschlossen haben.

Im intimen Leonora Carrington-Saal lassen sich die von zarten Ornamentmustern umgebenen Miniaturen in direkter Konfrontation zu ausgewählten Blättern des Hauspatrons erleben. Vor grau und altrosa gestrichenen Wänden entfaltet sich ein Bilderkosmos, in dem Menschen aus dem Fenster geworfen, vergewaltigt und misshandelt werden.

„Das Frausein in der heutigen Welt“

Ossouli orientiert sich dabei an den Bildkompositionen des Surrealisten, die sie oft eins zu eins nachempfindet. Unbehagen und Schrecken stellen sich bei der Betrachtung ein. Macht, Gewalt, Folter und Mord beherrschen das Geschehen in beiden Werken.

Ossouli thematisiert in ihren Feinstrichzeichnungen „das Frausein in der heutigen Welt“. Ein wiederkehrendes Motiv ist dabei das Haar. Mit dem offenen Haar, das in der westlichen Welt als Zeichen der Schönheit gilt und in Märchen als rettendes Seil dient, verweist sie auf Weiblichkeit und Verletzlichkeit. Gleichzeitig dient es als Symbol für männlich dominierte Machtstrukturen und politische Unterdrückung, wie sie sie in ihrer eigenen Erfahrungswelt erlebt.

Drastik auf den zweiten Blick

Erst beim genauen Hinsehen offenbart sich die Drastik der komplexen Darstellungen, wenn man in den Ornamenten etwa Bomben, Gewehre, Speere und andere Waffen entdeckt.

„Die Betrachtenden müssen sich diesen Werken annähern – eine Nähe, die in einen unmittelbaren Dialog mit dem Bild mündet. Im Gegensatz zu großformatigen Leinwänden, die aus der Ferne wirken, lädt diese Serie zu einer inneren Einkehr ein“, so die Künstlerin.

Bis 5. Oktober, geöffnet Di bis So von 11 - 18 Uhr, Max-Ernst-Allee 1, Brühl.