Oper KölnSpielzeit 2023/24 mit vielen Überraschungen

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Generalmusikdirektor Francois-Xavier Roth und Opern-Intendant Hein Mulders bei der Vorstellung der Spielzeit 2023/24.

Generalmusikdirektor Francois-Xavier Roth und Opern-Intendant Hein Mulders bei der Vorstellung der Spielzeit 2023/24.

Die Spielzeit 2023/24 wartet mit einem bunten und teils auch sehr gegensätzlichen Programm auf. Darin kommt die Operette ebenso zum Tragen, wie die Uraufführung zeitgenössischer Musik.

Es wird bunt in der Opernspielzeit 2023/34. Und für Intendant Hein Mulders, der sich mitten in seiner ersten Saison befindet, ist das abwechslungsreiche, ja mitunter sehr gegensätzliche Repertoire quasi die Handschrift, die er später einmal auch im sanierten Opernhaus am Offenbachplatz zeigen will.

Plan B für die Oper

Bei der Vorstellung der neuen Spielzeit war nur verhalten vom Umzug die Rede. Die in Aussicht gestellte Schlüsselübergabe im März 2024 ist nicht mit einem Bühnenwechsel binnen weniger Tage verbunden. „Wir haben Krieg, Lieferprobleme und Energiekrise, aber wir machen weiter im Programm“, versprach Mulders. Auf die Frage, ob es einen Plan B gebe, sollte sich der Umzug zum Offenbachplatz verzögern, entgegnete der Niederländer: „Wir sind vorbereitet.“

Nichts im Programm klingt nach Notbetrieb, die Mitarbeiter der Bühne zeigten sich erleichtert, dass der „Neue“ nicht zum Kahlschlag ausgeholt habe. Und Mulders versprach Kontinuität im Ensemble. „Das ist nach den schrecklichen Coronajahren jetzt wichtig.“

Kulturdezernent Stefan Charles sprach von einem gelungenen Auftakt des neuen Intendanten, die 80-Prozent-Auslastung des Staatenhauses könne sich sehen lassen. „Wir haben einen Schub erfahren und da bleiben wir drin“, sagte Mulders.

Das neue Programm jedenfalls macht neugierig. Das Spektrum reicht von Franz Lehárs launiger Operette „Die Lustige Witwe“ (3. Dezember) bis zur Uraufführung der dystopisch anmutenden Oper „Ines“ (16. Juni) von Ondřej Adámek. Ines ist die Skala zur Festlegung von Störfaktoren in Kernkraftwerken.

Ovid im Atomzeitalter 

Für den 1979 geborenen Komponisten und Librettistin Katharina Schmitt, die im gleichen Jahr geboren ist, war die Katastrophe von Tschernobyl „das erste Trauma, das unsere Generation erfahren hat.“ Die Arbeitsbedingungen an der Kölner Oper seien wunderbar, sagte Schmitt. Gemeinsam mit den Sängern werde die Musik ausgelotet, die von einer Liebesgeschichte nach dem Vorbild von Ovids Orpheus und Eurydike nun im Atomzeitalter handelt.

Der Kölner Generalmusikdirektor François-Xavier Roth will an der Devise festhalten, jedes Jahr eine Uraufführung zu präsentieren. Diesmal sind es sogar zwei. Neben Adámeks „Ines“ wird die Oper „The Strangers“ (30. September) des in Köln lebenden Komponisten Frank Pesci zu hören sein. Darin spiegeln sich Themen wider, die wieder aktuell sind. Pesci erzählt die Geschichte von der Erschießung des amerikanischen Polizeichefs David Hennessy im Jahr 1890. Sizilianische Migranten wurden erst verurteilt, dann freigesprochen und dann von einem wütenden Mob gemeuchelt. Harry Ogg dirigiert, Maria Lamont inszeniert.

Mulders und Roth haben sich zudem vorgenommen, weniger bekannte Werke wieder zur Aufführung zu bringen. Das gilt schon für die Eröffnung der Spielzeit mit der Premiere von "Die Frau ohne Schatten“ (17. September) von Richard Strauss.

Szenen am Strand

Alles spielt am Strand in der heiteren Liebesgeschichte, die Gaetano Donizettis in seiner Belcanto-Oper „L’elisir d’amore“ (Premiere am 5. November) erzählt. Es handelt sich um eine Inszenierung von Damiano Michieletto, die nach Madrid, Valencia und Brüssel erstmals in Deutschland gezeigt wird.

Für Mulders bergen solche „Einkäufe“ ganzer Produktionen die Chance, Top-Regisseure ans Haus zu bringen, die ansonsten über viele Jahre ausgebucht sind. Dirigent ist Matteo Beltrami, der nach seinem „Cenerentola“-Dirigat erneut am Pult des Gürzenich-Orchesters steht. Das, wie auch der Chor, ist nach Ansicht Roths in Topform. Die Arbeit an der Oper tue dem Ensemble hörbar gut.

Das traditionelle Divertissementchen feiert sein 150-jähriges Jubiläum mit einer Reise quer durch die Geschichte der Cäcilia Wolkenburg. Premiere von „Zillche en Jefahr“ ist am 14. Januar.

Fest verwoben mit der Stadt ist die Oper „Die Soldaten“ von Bernd Alois Zimmermann. In Köln feierte sie 1965 Uraufführung, wurde 2018 durch Roth neu produziert, und mit ihr wird er sich in seiner letzten Spielzeit in die Philharmonie (18. Januar) begeben. Regisseur ist Calixto Bieto. Anschließend geht es in die Elbphilharmonie nach Hamburg und in die Philharmonie von Paris.

„Das wird ein Feuerwerk des Klangs“, erklärte Roth, der überzeugt ist, dass die halbszenische Inszenierung der Spannung keinen Abbruch tun wird. Spieltechnisch habe der Saal der Philharmonie viele Vorteile. Premiere feiert zudem Mozarts Oper „Idomeneo“ (17. Februar), Giuseppe Verdis „Un ballo in maschera“ (14. April), Claudio Monteverdis Meisterwerk „L’incoronazione di Poppea“ (5. Mai) und Georges Bizets Oper „Les pêcheurs de perles“ (9. Juni) .

Wiederaufnahme der Märchenoper

Zu den Wiederaufnahmen zählt Tatjana Gürbacas sinnliche Produktion von Mozarts „Cosi fan tutte“ (24. September), Benjamin Brittens „Peter Grimes“ (22. Oktober) und Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ (17. Dezember). Roth dirigiert die Märchenoper sowie die Wiederaufnahme der Grand Opéra „Faust“ von Charles Gounod (3. März), die Oper Köln zeigt außerdem Giacomo Puccinis Tosca (24. März).

Premieren bei der Kinderoper feiern „Die Bremer Stadtmusikanten/Bremen Mizicilari“ (18. November) aus der Feder des türkischen Komponisten Attila Kadri Şendil. Mit der Vertonung von Shakespeares „Romeo und Julia“ (24. Februar) schuf Komponisten Boris Blacher 1943 eine Kammeroper im Zweiten Weltkrieg.

Die Produktion wird um Musik aus Sergej Prokofjews „Romeo und Julia“ erweitert. Beim Tanz wird die Sao Paulo Dance Company (9. November) erwartet sowie das Nederlands Dance Theater (16. Mai) und „Dark Matter“ mit Choreografien von Marco Goecke (18. Februar). Hannah Koller, Kuratorin für Tanz an den Bühnen Köln, sprach sich klar für den Choreografen aus, der aufgrund der Hundekot-Attacke auf eine Journalistin jüngst als Ballettchef in Hannover gefeuert wurde. Seine Arbeit sei einfach einzigartig.

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