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Photographische Sammlung KölnAugust Sanders Porträtierte mit KI bearbeitet

Lesezeit 2 Minuten
Elena Efeoglous Schuhmachermeister KI generiert nach August Sander

Elena Efeoglous Schuhmachermeister KI generiert nach August Sander

Elena Efeoglou erzählt Biografien der von August Sander porträtierten Namenlosen und bearbeitet sie mit der KI.

In den Titelbezeichnungen von August Sander tauchen sie nur als „Handwerker“, „Kontoristin“ oder „Bettlerin“ auf. Namenlos und geschichtslos bleiben die Porträtierten. „Aber mich hat interessiert, was für Menschen von ihm fotografiert wurden“, sagt die griechische Künstlerin Elena Efeoglou.

Andere Lebenssituationen

Da über das Leben der Personen nichts bekannt ist, erfand die 47-Jährige kurzerhand eigene Biografien für sie. So wird aus der jungen Bettlerin etwa eine Mutter von vier Kindern, die sich 1930 in Köln auf die Suche nach ihrem verschwundenen Mann begibt und aus der Not heraus ihren Hausrat und das Spielzeug der Kinder verkauft.

Bei den Geschichten, deren Texte jetzt im Rahmen des Ausstellungsformats „Artist meets Archive“ in der Photographischen Sammlung der SK Stiftung Kultur ausgestellt sind, blieb es aber nicht. Efeoglou wollte sie auch illustrieren und begann mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz Sanders Protagonisten in anderen Lebenssituationen zu zeigen.

Ein ebenso faszinierendes wie unheimlich anmutendes Experiment. Zwar versagt die KI dort, wo Hände mit ins Spiel kommen, aber ansonsten wirken die nun entstandenen Porträts täuschend realistisch. Elena Efeoglou bringt Bewegung in Sanders Welt und sie schließt diese Welt zugleich, indem sie sie zu einem Fundus aus Menschen, Kulissen und Kostümen macht. Wir befinden uns plötzlich im Sander-County, mit Männern, Frauen und Kindern, die nun nicht mehr Repräsentanten ihres Standes sind, sondern zu handelnden Protagonisten werden.

Köln wie Brooklyn

Der Schritt zum Film beziehungsweise dem Personal einer Fernsehserie ist nicht weit. Die Charaktere vom Offizier bis zum Patienten der Psychiatrie sind ja schon vorhanden. Zumal Efeoglou etwa der jungen Bettlerin Marta gleich das Ambiente der erfundenen Straßenansichten von Köln liefert. Das Material, mit dem Elena Efeoglou gearbeitet hat, bleibt mysteriös, wie immer beim Einsatz von KI.

Denn der Algorithmus bediente sich für diese zehn Porträtgeschichten nicht alleine aus der Sanderschen Bildgalerie, sondern enthält auch Fremdmaterial. Daher erklärt sich vielleicht auch, dass Köln auf manchen Bildern erstaunliche Ähnlichkeiten mit Brooklyn besitzt. Mit dem Materialmix unterschiedlicher Epochen schleichen sich dann auch Haltungen und Gesten ein, die Aufschluss über die von der KI übernommenen gesellschaftlichen Klischees geben.

Das „Mädchen“ bleibt brav und der „Corpsstudent“ wird zum glühend begeisterten Soldaten. In ihren Texten verleiht Elena Efeoglou ihren Protagonisten jedoch oftmals ein rebellisches Temperament, das ihnen hilft, sich aus dem Zwang der Konvention von Milieu und Tradition zu befreien. Ihr Experiment eröffnet eine neue Sicht auf Sanders Werk, fördert die Diskussion über die Möglichkeiten der KI.