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Plattenkritik zu „Smile“Warum Katy Perrys neues Album enttäuscht

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Katy Perry

  1. Zehn Jahre nach dem Werk, das Kate Perry weltberühmt machte, erscheint ihre neue Platte.
  2. Inzwischen kommt Perry in den Klatschspalten häufiger vor, als in den Charts.
  3. Warum das neue Album das nicht ändern wird, erzählt unser Autor Philipp Holstein.

Wahrscheinlich unterhalten sich derzeit mehr Menschen über den Namen von Katy Perrys Tochter als über ihr neues Album. Daisy Dove kam am vergangenen Donnerstag zur Welt. Der 35-jährigen Perry und ihrem Verlobten, dem Schauspieler Orlando Bloom, gratulieren seither sehr viele Prominente über die sozialen Netzwerke. Zu ihrer gerade veröffenlichten Platte gibt es hingegen nicht so viele Glückwünsche. Sie heißt „Smile“.

Das Album erscheint fast auf den Tag genau zehn Jahre nach jenem Werk, das Katy Perry zum Megastar machte. „Teenage Dream“ verkaufte sich 5,5 Millionen Mal. Fünf Titel daraus erreichten Platz eins der US-Charts – dieser Erfolg gelang nur einem weiteren Künstler, nämlich Michael Jackson mit seinem Album „Bad“ (1987).

Ihr letzter Top-10-Erfolg liegt drei Jahre zurück

Perry war also an der Spitze, Weltregentin des Pop, und wie weit sie sich inzwischen von diesem Status entfern hat, zeigt die Tatsache, dass in den USA von ihren letzten fünf Singles keine höher stieg als auf Platz 40. Drei erreichten nicht mal die Top 100. Ihr letzter Top-10-Erfolg liegt drei Jahre zurück, „Chained To The Rhythm“ hieß der Titel. Perry kommt in den Klatschspalten häufiger vor als in den Charts.

„Smile“ könnte nun also einen Hinweis geben, mit welchem Sound Katy Perry Anschluss finden, wie sie künftig klingen möchte. Aber die zwölf Stücke zeigen vor allem, dass Erfolg nicht mehr so leicht zu berechnen ist. Auf „Teenage Dream“ entstanden die meisten Hits unter Mitarbeit von Produzent Max Martin, der einige Jahre lang im Besitz der goldenen Formel war und unter anderem Taylor Swift belieferte. Seither hat sich die Gestalt eines Hits verändert. Erfolgreiche Titel sind oft introspektiv, düsterer als früher, sie brechen das klassische Schema Strophe-Bridge-Refrain auf.

Es fehlt ein roter Faden

Swift hat das erkannt, ihr aktuelles Album „Folklore“ feiert die Waldeinsamkeit und steht seit vier Wochen auf Platz eins der US-Charts. Perry versucht nun, sich mit Anleihen aus verschiedenen Genres, darunter Country („What Makes A Woman“), in die Nähe der Vorlieben der Gegenwart zu tasten. Manchmal klingt sie dabei sogar wie sie selbst („Never Really Over“).

Sie will das Neue, ohne das Alte abzulegen. Das Album wirkt dadurch disparat, ihm fehlt der rote Faden. Ihre Texte waren bislang im Zusammenspiel mit himmelstürmenden Refrains ihr größtes Talent. Sie feierten den Moment, sie waren schräg und ließen die Sängerin wie eine Freundin erscheinen, die einem am Freitagabend die Hand reicht.  Perry konnte die Welt bunt anmalen: „‚Cause baby you’re a firework / Come on show ´em what your worth / Make em go „Oh, oh, oh!“ / As you shoot across the sky-y-y.“ Auf „Smile“ wirkt sie nun aber eher wie die Patentante, die beim Sonntagskaffee etwas zu früh um ein Glas Likörchen bittet und dann ins Monologisieren kommt. „I need tissues for my issues“, singt sie. Und: „Champagne on ice only makes you stronger.“ Oder: „I am resilient, born to be brillant.“

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Das Album „Smile“ beweist aufs Neue, wie schwierig es ist, sich dauerhaft in der Champions League der Solo-Performerinnen neben Taylor Swift, Beyoncé, Rihanna, Ariana Grande und neuerdings Billie Eilish zu halten. Wer einmal herausfällt, hat immerhin die Chance zurückzukehren, wie das Comeback von Lady Gaga zeigt.Vielleicht sollte Katy Perry einen ihrer Verse von früher oft genug vor sich hinsingen: „Come on show ’em what your worth!“

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