Schau im MAKKNashorn Clara machte eine Europa-Tournee

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Raritäten aus der Historischen Sammlung zeigt das Museum für Angewandte Kunst (MAKK) in einer neuen Reihe unter dem Titel "Ausgewählt". Kunsthistoriker des Teams stellen dabei ihre Lieblinge vor. 

Der Bajazzo begrüßt mit tänzerischer Geste. Rautenförmig ist die Musterung des Clowns. Das Mehlgesicht leuchtet in einer Frische, wie sie nach bald 110 Jahren, die das Figürchen zählt, nur durch Porzellan erzeugt werden kann. Der Künstler Paul Scheurich fertigte es 1913 für die Meißener Manufaktur.

Angeregt wurde er durch das lebendige Vorbild, das er in den Balletts Russes gesehen hatte – dem Ensemble, das der russische Impresario Sergei Djagilew Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet hatte, um russische Kunst in Europa bekannter zu machen.

Provisorium während der Sanierung

Der Bajazzo würde in Folie verpackt mit einem Nummernzettel versehen wahrscheinlich weiter im Fundus des Museums für Angewandte Kunst (MAKK) schlummern, hätte er nicht seinen Auftritt in der neuen Ausstellung „Ausgewählt“, die Einblick gibt in die Historischen Sammlungen aus der Freien und Angewandten Kunst vom Mittelalter bis zum Frühen 20. Jahrhundert.

Entstanden ist die Idee zur neuen Reihe durch das Provisorium, da dieser Komplex wegen der Sanierung des Museums längerfristig geschlossen ist. Nun haben die Mitglieder des Museumsteams quasi unter dem Motto „Das Ensemble schreibt das Stück“ persönliche Favoriten ausgewählt, um zu zeigen, wie die eigenen Sammlungen derzeit erforscht und womöglich auch neu bewertet werden.

Was einst als Sensation galt, wird heute mitunter kritisch gesehen. So erinnert das Panzernashorn „Clara“, das gleich in einer Vitrine am Eingang der Schau steht, an eine 17-jährige „Tournee“, welche das arme Tier quer durch Europa führte. Nashörner waren den Menschen dort im 18. Jahrhundert noch völlig unbekannt. Die meisten Exoten überlebten den Transport allerdings nicht – Clara war eine Ausnahme.

Schöpfungsgeschichte unvollständig

Als sie 1747 in Dresden Station machte, hat sie dort vermutlich der Bildhauer Joachim Kaendler gesehen. In einem putzigen Porzellan-Modell verewigte er sie. Zu den 17 Zielen zur nachhaltigen Entwicklung, denen sich das MAKK im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation verschrieben hat, sollen solche Figuren wie „Clara“ auch unter heutigen Fragestellungen erlebbar werden. 

Tiere zur Schau zu stellen, ist mittlerweile umstritten, ihre Stoßzähne für Möbel zu verwenden, erst recht. Unter der Depotnummer „B 000 22/01-02“ zum Beispiel gibt es einen Elfenbeinkasten aus dem 11. oder 12. Jahrhundert zu bestaunen, auf dem Teile der Schöpfungsgeschichte erzählt werden.

Wichtiges wie die „Erschaffung Evas“, „Sündenfall“ und die „Vertreibung aus dem Paradies“ fehlt allerdings. Vermutlich stammte die Elfenbeinplatte ursprünglich aus einem Reliquiar einer Kölner Kirche und wurde für das Behältnismöbel „recycelt“, daher gab es nur fragmentarische Ausschnitte von der Entstehung der Welt.

Immerhin können solche Schatullen, Schreine oder Schmuckkassetten etwas über das soziale Leben ihrer Zeit erzählen. „Sie geben Auskunft über Bedeutung und Stellenwert von persönlichem und gemeinschaftlichen Besitz“, so MAKK-Direktorin Petra Hesse.

Problematisch bei manchem Stück, das das Museum erwarb oder als Schenkung erhielt, ist, dass die damaligen Wissenschaftler die Angaben zu den Werken oft nicht hinterfragten. 1923 wurde zum Beispiel ein auf 1557 datiertes „Bildnis eines jungen Mannes“ Frans Pourbus dem Älteren zugeordnet. Der Haken: Der Künstler war damals erst zwölf Jahre alt.

Schau bis 12. März

Ausgewählt. Aspekte der Historischen Sammlungen, bis 12. 3., Di bis So 10 – 18 Uhr, An der Rechtsschule.

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