Kay Voges bringt aus Wien seine Inszenierung von Jon Fosses „Der Name“ mit ans Schauspiel Köln. Dabei wird das Publikum mit einiger Tristesse auf die Probe gestellt.
Schauspiel KölnKay Voges interpretiert Jon Fosses Klassiker mit drastischer Deutlichkeit

„Der Name“ mit Birgit Unterweger, Jonas Dumke, Rebekka Biener am Schauspiel Köln.
Copyright: Birgit Hupfeld
Sechs Menschen, die nicht miteinander kommunizieren wollen, das - klingt nicht unbedingt nach der besten Voraussetzung für einen Theaterabend. In seinem Stück „Der Name“ zelebrierte Literaturnobelpreisträger Job Fosse 1995 das Aneinander-vorbei-Reden und wurde damit 1996 mit dem norwegischen Ibsen-Preis und 2000 mit dem österreichischen Nestroy-Preis geehrt.
Kay Voges brachte das Stück vor einem Jahr auf die Bühne des Volkstheaters in Wien und zeigt es nun als Köln-Premiere im Depot 2 am zweiten Abend seines Eröffnungswochenendes.
Rückkehr nach vielen Jahren
Eine junge Frau (Rebekka Biener) kommt hochschwanger in ihr Elternhaus, sie ist sehr lange nicht dort gewesen. Mit Verspätung trifft auch der Kindsvater (Fabian Reichenbach) ein. Doch weder die auf gute Laune geeichte Schwester (Louisa Beck), noch die von Schmerzen geplagte und zu Verwirrtheit neigende Mutter (Birgit Unterweger) oder der unter Schlaflosigkeit leidende Vater (Thomas Dannemann) interessieren sich sonderlich für den jungen Mann - die Tochter stellt ihn nicht namentlich vor, und es wird nicht weiter nachgefragt. (Später fallen beider Namen: Beate und Kai.) Stattdessen schwärmen Mutter und Schwester von Bjarne (Jonas Dumke), seines Zeichens wohl mehr als nur Beates Sandkastenliebe.
Man wirft sich Behauptungen und Vorwürfe an den Kopf, aus denen keine Konsequenzen folgen. Phrasen und Versatzstücke werden wiederholt und wiederholt, Small Talk soll alte Wunden überdecken. Doch warum Beate so lange nicht daheim war, bleibt genauso im Dunkeln wie die Ursache dafür, dass eine dritte Tochter ebenfalls auf Abstand gegangen ist. Dass es sich um Fälle von sexuellem Missbrauch handeln könnte, liegt in der Luft, findet sich aber nicht explizit im Text des Stücks.
Eindeutige Interpretation
Voges treibt mit einer Szene, in der Mutter und Vater die werdenden Eltern körperlich bedrängen und gleichzeitig zwei Plüschtiere über die Bühne hüpfen, die Interpretation in diese Richtung, die mit der heutigen Kenntnis über sexuellen Missbrauch fast schon auf der Hand liegt, vor 30 Jahren jedoch, als Fosse das Stück schrieb, vielleicht nicht direkt in den Sinn kam.
Und mit selbstständig agierenden Haushaltsgeräten, einer dröhnenden Schiffssirene und einem Bühnenbild (von Michael Sieberock-Serafimowitsch), das an das Zuhause eines Serienmörders erinnert, kreiert Voges eine gruselige Grundstimmung.
Exzellentes Ensemble
Fosse bleibt da vager, genauso wie er das ganze Stück zwischen Drama und Komödie pendeln lässt, die Dialoge immer wieder mit Gags würzt.
Die greift das exzellente Ensemble beherzt auf, allen voran Birgit Unterweger, die für ihren Treppensturz sogar Szenenapplaus kassiert. Für einen kurzen Moment meint man sich im Boulevardtheater. Doch dann wird in diesem endlosen familiären Schlagabtausch das nächste Geschütz aufgefahren und das Publikum mit weiterer Tristesse auf die Probe gestellt. Da ohne Pause gespielt wird, bleibt offen, wie viele in selbiger gegangen wären.
105 Minuten, wieder am 3.10., 12.11. und 26.1. (alle Termine ausverkauft).