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Schauspiel KölnRollentausch und Eskapade im Stück „Die Rechnung“

2 min
Szene mit Frank Genser, Christoph Schüchner im Stück „Die Rechnung“ im Depot, Schauspiel Köln.

Szene mit Frank Genser, Christoph Schüchner im Stück "Die Rechnung" im Depot, Schauspiel Köln.

Frank Genser und Christoph Schüchner spielten am Samstagabend in dem Zweier-Stück „Die Rechnung“ für das Schauspiel Köln im Depot 3.

Der Ober setzt beim Einschenken einfach nicht ab. Der Wein läuft über, auf den Tisch, den Gast, den Boden, alles ist voller Wein, eine Katastrophe. „Sch...“, schreit der Gast, „Sch...“, schreit der Ober. Sie springen auf, räumen ab, tauschen die Rollen, ein nächstes Glas wird bestellt, alles von vorne.

Frank Genser und Christoph Schüchner sind im Stück „Die Rechnung“ verdammt, immer dieselbe Szene zu spielen, in purer Wiederholung, in Variation, schneller oder langsamer, gehampelt, gerannt, chargiert, still. Das ist von beiden große darstellerische Kunst auf ganz kleinem Raum, denn obwohl sie identisch gekleidet sind und identische Rollen haben, zeigen sie sich als unterschiedliche Typen. Allein die Feinheiten der Mimik und Körpersprache sind ein Genuss. Christoph Schüchner kann das Publikum mit einem einzigen wohldosierten Blick zum Lachen bringen.

Bei den Wiener Festwochen 2024 erstmalig gespielt

Das Stück ist die deutsche Fassung von „L'addition“, das der britische Theatermacher Tim Etchells mit den französischen Performern Bertrand Lesca und Nasi Voutsas erarbeitet hat. Bei den Wiener Festwochen 2024 spielten Genser und Schüchner es erstmals, nun ist Genser wieder Ensemblemitglied in Köln und hat Stück und Mitspieler mit an den Rhein gebracht.

Im kleinen Rahmen des Depot 3 geht es also zu Tisch. Auf der ersten Ebene ist „Die Rechnung“ ein Slapstick-Abend über den Unsinn von Ritualen und gegenseitiges Unverständnis, ein absurdes „Dinner For One“, bei dem man auch die Bestellung einer „Flasche Pommes frites“ erwartet. Auf der nächsten Ebene ist da natürlich ganz viel Theorie mit eingeschrieben, vom dadaistischen Manifest über Gedanken zur Sinnentleerung durch Wiederholung bis zu den postmodernen Fragen nach Identität. Das ist sehr subtil und sehr smart gemacht, da völlig unaufdringlich und nur für Connaisseure. Auf der dritten Ebene bleibt eine Frage: Wer zahlt denn, wenn alles untergeht und absäuft, die Zeche? Wenn wir, ohne dazuzulernen, verschwenden und überkonsumieren, auch in 50 Jahren, dann bereits tattrig? „Schönen Abend noch – und viel Glück“, wünscht Frank Genser im letzten, bitteren Satz.

„Die Rechnung“, 75 Min, keine Pause. Aufführung wieder am 30.10., 19 Uhr, 14.11., 19.30 Uhr, 22.11., 20 Uhr.