Helge Schneider stellte als "Singende Herrentorte" sein neues Programm in der Kölner Philharmonie vor.
„Ein Mann und seine Musik“Schlitzohr Helge Schneider in der Kölner Philharmonie

Helge Schneider in der Philharmonie
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Wie jedes Jahr zu Karneval schleicht sich das Senioren-Team mit seinem „jugendlichen“ 69-jährigen Bandleader zum Auftakt seines dreitägigen Kölner Gastspiels gemächlich auf die Bühne der Philharmonie: Aber als „singende Herrentorte“ liefern Helge Schneider, der Gitarrist Sandro Giampietro, der Schlagzeuger Willy Ketzer und der E-Bassist Reinhard Glöder keine gemütliche Kaffee-Runde ab, sondern feinen Jazz, garniert mit musikalischen und verbalen Ungereimtheiten, die gerade in ihrem überbordenden Unsinn ihren Sinn finden.
Besuch mit Elektroroller
„Helge – Ein Mann und seine Musik“ heißt das neue Programm des Ruhrpott-Barden, der gleich mit seinem ersten Song die Stimmung vorgibt: „Heute hab ich gute Laune, denn du hast mich heute schon besucht – mit deinem Elektroroller!“ Süffisant fragt er bei seinem, die Noten wie teilnahmslos herunterspielenden, Ensemble nach: „Sind die Hörgeräte eingeschaltet?“
Was im ersten Moment wie eine kleine Unverschämtheit klingt, ist aber nur jener surreale Wort-Wahnsinn, den seine Fans so an ihm lieben. So fühlt sich sein Premierenpublikum auch geschmeichelt, wenn er es als sein liebstes begrüßt, während ihm bei dem Gedanken an den nächsten Tag schon graut: „Da kommen all die Blödmänner und -frauen!“
Man merkt schon: wenn man bei Helge Schneider Schmeicheleinheiten erwartet, ist man in der falschen Veranstaltung. Selbst vor seinen Instrumenten macht er nicht halt. Das musikalischen Allroundtalent hat wieder eine Menge davon mitgebracht: Er sitzt am Flügel, spielt Klarinette, Xylofon, Gitarre, Akkordeon („Das habe ich schon als Zweijähriger getan, als das Akkordeon größer als ich war“), Saxophon, Hammondorgel, Mandoline – und malträtiert mittels einer Affenhandpuppe die Trompete .
Helge Schneider: Sozialkitik nebst „Mer losse d'r Dom in Kölle“
Dabei lässt er das Publikum immer wieder für irritierende Momente in dem Glauben, dass er die Instrumente gar nicht beherrscht, gerät beim Saxofonblasen buchstäblich außer Atem – um dann zu virtuosem Spiel überzuleiten. Helge Schneider ist eben nach Karl Valentin der größte Musikclown, den der deutschsprachige Raum je hervorgebracht hat. Hinzu kommt seine fast schon kindliche Freude, sich hemmungslos der Improvisation hinzugeben.
Und Geschichten zu erzählen, bei denen man nie weiß, ob sie wahr oder nur gut erfunden sind. Wie die seiner Begegnung mit Frank Sinatra bei dessen Konzert 1996 auf dem Roncalliplatz: „Ich stand gerade am Beginn meiner Bühnenkarriere und wollte unbedingt mein Idol kennenlernen und mit ihm essen gehen. Genauer gesagt, seine Frau Barbara, die den Ruf einer guten Köchin hatte, sollte für uns beide kochen. Aber sie hat einfach nur eine Fertig-Currywurst in die Mikrowelle geschoben!“ Sein Nonsens-Song „Hast du eine Mutter, hast du immer Butter“ passt da wunderbar ins schräge Programm, das aber auch astreinen Jazz – mit fulminanten Soli seiner Bandmitglieder – zu bieten hat.
Auch Lieder mit sozialkritischem Hintergrund kommen zu Gehör. Oder wie Helge Schneider es schlitzohrig formuliert: „Überhaupt mit Hintergrund!“ In diesem verschwand er erst einmal nach dem frenetischen Schlussapplaus – um in der Orgel wieder aufzutauchen und als Zugabe „Mer losse d'r Dom in Kölle“ anzustimmen. Stimmgewaltig begleitet vom feierfreudigen Publikum, das Helge Schneider offensichtlich gerne in Köln behalten hätte. Aber der nächste Fastelovend kommt ja bestimmt.