Beim Sommerfestival verfangen Darstellung und Musik von "Cats" wie eh und je.
Sommerfestival„Cats“ schnurren in der Philharmonie

Szene aus "Cats" in der Philharmonie.
Copyright: Thomas Brill
Wie ein Kind nach seinem Lieblingsdinosaurier kann man Musical-Fans nach ihrer Lieblingskatze in „Cats“ fragen. Ist es der glamouröse schwarzfellige Zirkuskünstler Mister Mistoffelees? Der verspielte, kraftstrotzende Rum Tum Tugger? Oder vielleicht der alte Theaterkater Gus mit seinen dollen Geschichten?
Angesteckte Katzenohren
Andrew Lloyd Webbers „Cats“ ist immer ein Wiedersehen mit alten Lieblingen, so auch beim aktuellen Gastspiel in Rahmen des Sommerfestivals in der Philharmonie. Bis zum 17. August macht die Tourneeproduktion in Köln Station. Die Inszenierung zieht seit April 2025 durch Deutschland, Österreich und die Schweiz und wird überall begeistert aufgenommen, so auch in Köln.
Überdurchschnittlich viele Outfits mit Leoprint und die einen oder anderen angesteckten Katzenohren verraten – im Publikum sind echte Fans. Einige erinnern sich an frühere Gastspiele, an eine Zeltproduktion in Deutz oder an Musical-Reisen nach Wien und London. Das Katzenkörbchen der Erwartungen hängt also hoch, und die Show begeistert dennoch rundum, vor allem durch die Besetzung, die so frisch und lebendig aufspielt, als wäre es ein ganz junger Katzenwurf und nicht eine jahrzehntealte Revue.
Musik ist dem Publikum vertraut
Auf die Bühne kommt die aktuelle, 2015 aufgefrischte Originalproduktion aus dem Londoner West End, gespielt in englischer Sprache und mit charmantem britischem Akzent. 1981 wurde das Musical im Londoner Theaterviertel uraufgeführt, ein Gemeinschaftswerk des Komponisten Andrew Lloyd Webber, des Theatermachers Trevor Nunn (beide mittlerweile „Sir“), der Choreographin Gillian Lynne und des Ausstatters John Napier, basierend auf Texten des britischen Dichters T.S. Eliot.
Die Handlung ist legendär dünn, was oft bekrittelt wurde, aber nie jemanden ernsthaft gestört hat, weil jede einzelne Nummer ein kleiner Höhepunkt ist. Vom ersten Tag an schien „Cats“ durch die Projektion menschlicher Stereotype in die Katzenwelt aus der Zeit gefallen, wurde trotz sehr britischer kultureller Bezüge zum Welterfolg und erscheint weiterhin zeitlos – nur dass der Schrottplatz als Ort der Handlung heute Wertstoffhof heißt und aufgeräumter wäre.
Musik und Ausstattung sind dem Publikum so vertraut wie die Charaktere, denn Lizenzen für die Produktion sind an Vorgaben gekoppelt, daher wäre es gar nicht möglich etwa wie bei einer Opern-Inszenierung „Cats“ in Alienkostümen oder einem Club spielen zu lassen. Es bleibt dabei: Der Jellicle-Ball, das Schaulaufen der Katzencharaktere, so die Rahmenhandlung, findet wie eh und je auf der Tanzfläche zwischen groß skaliertem Ofen, Autowrack und allerlei Kram statt, sodass das Ensemble darin proportional wie Katzen aussieht. „Cats“ bleibt „Cats“, das ist Teil des Erfolgsgeheimnisses.
Erstklassige Besetzung
Auffrischungen und Varianten wie hier sind subtil, etwa bei den diabolischen Auftritten des Macavity, bei den Kostümen, einigen Choreographien, dem Verzicht auf die Piratenschiff-Nummer. Die Besetzung der Tourneeproduktion ist erstklassig, sowohl tänzerisch als auch gesanglich.
Spektakulär sind Alice Oberg und Olivia Barnett-Leigh als Demeter und Bombalurina bei der sinnlichen „Macavity“-Nummer, bezaubernd auch Marcus May und Lauren Bronwyn Wood im Pas-de-dex als Mungojerry und Rumpleteazer. Kraftvoll tanzt Samuel Bateson seinen Pantomimen Mistoffelees, Gavin Eden ist ein munterer Charakterdarsteller für Skimbleshanks, die Eisenbahnkatze. Die Show ist zum Schnurren schön.
Die Band spielt live hinter einem schwarzen Vorhang im unteren Foyer der Philharmonie, das sieht etwas improvisiert aus, funktioniert aber gut. Kapellmeister Daniel McLaughlin ist für das Ensemble über Bildschirm sichtbar, der satte Sound kommt ohnehin aus Lautsprechern. Den meisten Applaus bekommt Lucy May Barker für ihre Glamourkatze Grizabella, das liegt aber auch an der Nummer „Memories“, als größter Schmachtfetzen und Ohrwurm des Abends, und von der Regie auch extra laut gestellt zur Auffahrt Grizabellas in den Katzenhimmel oder ins zehnte Leben einer Katze, wie man's nimmt.
Besonders berührend ist allerdings die verletzliche Interpretation im ersten Akt. Die beste Katze ist natürlich der Rum Tum Tugger (Shem Omari James), weil es für die Rezensentin einfach immer schon so war und auch die nächsten 40 Jahre so bleiben wird, denn mindestens so lange wird es „Cats“ noch geben, diesen lebenden Dinosaurier unter den Musicals. „Cats“: ca. 150 Min, 1 Pause.
Bis 17. August. Di/Mi/Do/Fr 20 Uhr, Sa 15 und 20 Uhr, So 14 und 19 Uhr, 15.8. auch 15 Uhr, 17.8. nur 14 Uhr, Philharmonie. Restkarten unter: www.cats. de oder Tel 01806-101011