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Staatenhaus der OperSo lief die Kölner Premiere vom „Barbier von Sevilla“

Lesezeit 3 Minuten
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Die Oper Köln zeigt „Der Barbier von Sevilla“

Köln – Der Barbier hat sich breitbeinig auf den Souffleurkasten vorne an der Rampe gestellt. Er singt die wohl bekannteste Arie des Stücks direkt ins Publikum: „Largo al factotum“ mit den berühmten „Figaro!“-Rufen. Bariton Wolfgang Stefan Schwaiger singt die Hochschwierigkeitsnummer mit begeisternder Leichtigkeit und ganz eigenem Schalk. Der Barbier ist der heimliche Star des Stücks, Schwaiger ist allein für diesen Vortrag der Star des Abends.

Ohne große Überraschungen

Mit der heiteren Sommerproduktion „Il Barbiere di Siviglia“ hat die Oper Köln auf gleich zwei sichere Bänke gesetzt: Sowohl Stück als auch Inszenierung sind Publikumslieblinge. „Der Barbier von Sevilla“, so der deutsche Titel, ist eine jener kanonischen Opern, die jeder schon kennt und immer wieder gerne hört. Es geht um die große Liebe mit kleinen Hindernissen, das zieht immer. Bereits der damals junge Komponist Gioacchino Rossini ging 1816 damit auf Nummer sicher, denn die Handlung ist zum einen die Vorgeschichte des Mozart-Erfolgs „Hochzeit des Figaro“, das Libretto andererseits basiert auf einem Stück des französischen Erfolgsautors Beaumarchais.

Die Inszenierung ist eine Übernahme aus der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Ruth Berghaus gestaltete sie 1968 in Ost-Berlin im Stil der italienischen Commedia dell’arte, in der Figuren wie der Harlekin (hier übertragen auf den Barbier) auftreten, jede versehen mit einem eigenen Repertoire an Gesten. Die auf wenige Elemente beschränkte Ausstattung von Achim Freyer griff historische Kostüme und die Kupferstiche des 16. und 17. Jahrhunderts auf und abstrahierte diese in Richtung Zweidimensionalität.

Übernahme aus Berlin klappt auch im Staatenhaus gut

Mehr als 350 Mal lief die Produktion in Berlin, jetzt ist sie als Übernahme erstmals außerhalb der Hauptstadt zu sehen. Sie funktioniert auch durch ihre reduzierten Mittel im Staatenhaus bestens. Durch ihre märchenfilmhafte Anmutung enthält sie keine aktuellen Zeitbezüge, sondern ist reines Spiel. Anders als in den frühen Tagen der Produktion wird wie im Original italienisch gesungen.

Auf einen Blick

Die Musik: Ein Klassiker der Opernliteratur, sensibel und filigran dirigiert von George Petrou.

Die Regie: Übernahme der beliebten Berliner Inszenierung von Ruth Berghaus aus 1968.

Das Ensemble: Spielfreudig und charmant besetzt, mit sehr schön harmonierenden Stimmen und einem großartigen Barbier. (fel)

Das Ensemble muss sich am Premierenabend ein wenig warm spielen, bis die Gags und Slapstick-Elemente richtig gut sitzen. Auch der australische Tenor Alasdair Kent als Graf Almaviva findet im Lauf der Vorstellung zu seiner besten Form und Spielfreude. Kent und der italienische Bariton Enrico Marabelli – solide singend und fröhlich grimassierend als sein amouröser Gegenspieler Doktor Bartolo – geben in dieser Produktion ihre Hausdebüts an der Oper Köln.

Dass der edle hübsche Jüngling und nicht der trottelige Alte die Dame für sich gewinnt, ist von Anfang an klar. Diese Dame ist mit Sopranistin Adriana Bastidas-Gamboa in ihrem fulminanten Rollendebüt niedlich, in den Koloraturen sinnlich und trotz rosa Briefchen im Strumpfband fast unschuldig, wären da nicht diese Geste der reinen Begierde, ein Markenzeichen der Produktion: flirrend zappelnde Finger an ausgestreckten Armen.

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Gastdirigent George Petrou gibt den Sängern und Sängerinnen bei seiner sensiblen Klanggestaltung viel Raum. Er wählt mit dem Gürzenich-Orchester einen kammermusikalischen Ansatz, lässt filigran und gerne mit kurzen Bögen spielen, und beschwört im zweiten Akt in den Celli und Bässen dennoch einen formidablen Gewittersturm herauf. Die Rezitative begleitet Petrou selbst am Hammerklavier.

Am Ende sind die Verliebten verheiratet, beim Alten hakt sich die Haushälterin ein, ja, und der Barbier, der Star des Abends? Geht leer aus. Aber Wolfgang Stefan Schwaiger bekommt mit Adriana Bastidas-Gamboa den meisten Applaus in dieser leichten, beschwingten Sommeroper. Es wäre aber auch wirklich eine Überraschung gewesen, wenn diese sichere Bank ins Wanken geraten wäre.

180 Minuten (mit Pause), wieder am 16., 20., 23., 27.6., und 2.7., jeweils 19.30 Uhr. Staatenhaus, Rheinparkweg 1, Karten-Tel. 0221/221 28 400.

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