Tina Turner zum 80. GeburtstagBesser und anders als alle anderen

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Eine echte Powerfrau.

  • Tina Turner wird am 26. November 80 Jahre alt. Zeit, einen Rückblick auf ihre Karriere zu werfen.
  • Turners Wurzeln liegen im schwarzen Soul. Doch mittlerweile sind Farben bei ihr kein Thema mehr.
  • Unser Autor huldigt der Powerfrau.

Der erste Ehemann prügelte ihr fast die Seele aus dem Leib, der zweite spendete ihr eine seiner Nieren. Dazwischen wurde sie ein Weltstar. Eine leinwand- und seit Neuestem auch musicalbühnentaugliche Geschichte. Und letztlich die wahre Geschichte von Anna Mae Bullock alias Tina Turner, die am 26. November ihren 80. Geburtstag feiert.

Weil sie es selber immer wieder erzählte, aufschrieb, veröffentlichte, weiß man, wie sie in den 60er Jahren unter Ike Turner litt, sich in den 70ern von ihm befreite, hart kämpfte, um dann in den 80ern eines der furiosesten Comebacks der Popmusik zu feiern.

Tina Turner: Rockig und stadiontauglich

„Let me say that since, baby, since we’ve been together“ raunt sie 1983 auf ihrer ersten Single der neuen Ära über einen Synthesizerteppich, den ihr Martyn Ware und Greg Walsh von Heaven 17 gewebt haben – und legt so viel Gefühl und Nachdruck in diese ersten Zeilen des alten Al-Green-Hits, das man sich ihnen und den weiteren fünf Minuten nicht entziehen kann. Das folgende Album „Private Dancer“ wirkt zwar auf den ersten Blick eklektisch, aber es zeigt einfach nur die große Bandbreite, die Tina Turner musikalisch mit links bewältigt. Das ist oft tanzbar, ohne sich zu sehr an den damaligen Zeitgeist anzubiedern (weshalb man die Platte heute noch gut hören kann). Es ist oft rockig und auch stadiontauglich.

Auch wenn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wohl noch niemand gedacht haben mag, dass dies einmal Songs sein werden, die Menschen in rappelvollen Arenen auf allen Kontinenten mit ihr singen – während sie mit riesigen Perücken und engsten Miniröcken ausstaffiert in Stilettos mit dem so typischen seitwärts Trippeln über die Bühnen wirbelt. Was bei vielen andern albern oder vielleicht sogar nuttig gewirkt hätte. Bei Tina Turner stellt man sich diese Frage keinen Moment. Hier wird die Geste der Verführung begleitet von diesem umwerfenden Lächeln und von einer Herzenswärme, die, falls sie wirklich nur gespielt sein sollte, zumindest von umwerfender Schauspielkunst zeugt.

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Tina Turner freut sich auf ihren 80. Geburtstag.

Natürlich baut die Songauswahl auf dieser und den folgenden Platten auf die public persona, die Tina Turner über die Jahre kreiert hat: eine Frau, die erst tiefe Täler durchwandern musste, jetzt aber stark und selbstbewusst ist, um sich zu nehmen, was sie haben möchte. In „What’s love got to do with it“ stellt sie fest, dass man kein Herz brauche, da es ja doch brechen könnte. Sie nimmt „Typical male“ auf die Schippe, bricht jede Regel – „Break every rule“, ist „simply the best“.

Aber sie ist nicht nur „better than all the rest“, sie ist auch anders.

Radikaler Bruch

Ihre Wurzeln liegen im treibenden, sehr schwarzen Soul der 60er, der ihre Stimme für immer prägt. Doch musikalisch hat sie in den 80ern den reinen R’n’B hinter sich gelassen. Es gibt sicher Puristen, die das bemängeln und die Musik auf „Private Dancer“ und den folgenden vier Alben (1999 erscheint ihr letztes Studioalbum „Twentyfourseven“) als zu „weiß“ empfinden. Und wenn man der herkömmlichen Kategorisierung folgt, ist das wirklich  eher „weiße“ Musik – oder zumindest sind es ihre Stammsongschreiber wie Mike Chapman, Terry Britten, Mark Knopfler oder Albert Hammond.

Doch bei Tina Turner selber denkt man nicht weiter über Farben nach. Auch für sie selber scheint das kein wichtiges Thema (mehr) zu sein, anders als etwa Aretha Franklin oder Beyoncé. Das hat möglicherweise zu tun mit ihrem radikalen Bruch mit der von Ike Turner verkörperten Musik und dem entsprechenden Lebensstil.

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Tina Turners aufblasbarer Kopf bei einer britischen Kunstausstellung.

So macht man sich bei auch keine weiteren Gedanken darüber, dass ihr zweiter Ehemann Erwin Bach jünger, weiß und Deutscher ist. Ist halt so bei Tina, möchte man sagen. Und wenn man ihr während der Kölner Zeit zufällig begegnete, während sie auf dem Weg zu ihrem Lieblingsblumenladen in der Richmodstraße war, zuckte man, guckte man, wie da ein Superstar durch die Stadt lief, ohne dass dieser selbst größeres Aufhebens darum machte. Man hatte sie auf der Konzertbühne gesehen und nun eben im Alltag.

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Selbst heutzutage, wo sich jeder mit seinem Smartphone als Paparazzi gerieren kann, hat sie es geschafft, ihre schwere Erkrankung – sie erlitt 2013 einen Schlaganfall, hatte anschließend Darmkrebs und und brauchte schließlich eine neue Niere – und die anschließende Behandlung an ihrem neuen Lebensmittelpunkt in der Schweiz, geheim zu halten. In ihrer im letzten Jahr erschienenen zweiten Autobiografie „My Love Story“ erzählt sie davon, sehr offen, aber eben zu 100 Prozent selbstbestimmt. Eine Frau, die nur noch tut, was sie will. Und auch dafür geliebt wird.

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