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„Lady mit dem Millionen-Dollar-Gehör“Jazz-Ikone Sheila Jordan stirbt im Alter von 96 Jahren

2 min
13.10.2021 Köln. Altes Pfanndhaus
Sheila Jordan & Lines for Ladies
Fotos: Hyou Viellz

Sheila Jordan beim Auftritt im Oktober 2021 im Kölner Alten Pfandhaus.

Vom Babysitter-Budget zum Weltstar: Die Sängerin verzichtete jahrzehntelang auf eine große Karriere, um ihre Tochter großzuziehen. Erst mit 60 wurde sie Vollzeit-Musikerin - und prägte den Jazz mit ihrem einzigartigen Stil.

Das nennt man ein Leben für die Musik: Ihren letzten Live-Auftritt hatte Sheila Jordan am Valentinstag dieses Jahres, am selben Tag erschien ihr Album „Portrait Now“. Nun ist die US-amerikanische Jazz-Sängerin im Alter von 96 Jahren in New York City gestorben.

Lichtblick in einer düsteren, von Alkohol geprägten Kindheit war die Entdeckung der Musik von Charlie Parker und die Entdeckung der eigenen Stimme, die ihr Leben bestimmen sollten: im Dienst des Jazz und vor allem des Bebop. Parker wurde dabei nicht nur ihre Ikone, für den seinerseits weltberühmten Musiker war sie die „Lady mit dem Millionen-Dollar-Gehör“.

Sie heiratete Parkers Pianist Duke Jordan, wurde schnell zur alleinerziehenden Mutter - und musste, um die Tochter großzuziehen, auf eine große Karriere verzichten: Bis sie 58 Jahre alt war, arbeitete sie als Sekretärin, trat bis dahin, nur wenn sie sich einen Babysitter leisten konnte, in Clubs auf.

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Kurz bevor sie 60 wurde, wagte sie den Schritt zu „Vollzeit-Sängerin“. Sie nahm eine ganze Reihe von hochgelobten CDs auf, spielte mit der Jazz-Elite, tourte durch die Welt, dabei machte sie häufiger Station in Köln.

Ihre Auftritte vereinten auf bemerkenswerte Weise eine Leichtigkeit und ihre eine ungeheure Intensität. Ihren Gesang schraubte sie in höchste Höhen und relativ tief. Irgendwo zwischen dem Scat einer Ella Fitzgerald und den Improvisationen einer Meredith Monk schuf sie einen sehr eigenen Stil, der ihre Stimme wahrhaftig zu einem Instrument werden ließ - und sie als Sparringspartnerin mit Musikern auf Augenhöhe agieren lassen konnte. Den Songs aus dem American Songbook drückte sie dabei ihren ganz persönlichen Stempel auf.

Die letzten Monate waren nicht leicht: Nach dem Auftritt im Februar wurde sie krank, musste versorgt werden. Allein, ihre Krankenversicherung deckte nur 100 Tage in einer Pflegeklinik ab, danach wurden nur zehn Wochenstunden für häusliche Pflege bewilligt.

Doch auch hier zeigte die Jazz-Community ihre tiefe Verehrung für eine große Künstlerin: In einer Fundraising-Kampagne kamen innerhalb weniger Tag mehr als 130.000 US-Dollar zusammen, unter den Spendern bekannte Namen wie Dee Dee Bridgewater, Don Was, Dianne Reeves oder Bugge Wesseltoft.

„Wenn wir uns nicht wieder sehen, sehen wir uns im Himmel“ verabschiedete sie sich gern bei ihren Konzerten in den letzten Jahren. Jene Gefilde sind nun um eine Jazzikone reichen. Hier unten wird eine beeindruckende Frau fehlen.