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Koalitionsstreit um Pistorius’ Modell„Meine Meinung ist schon, dass wir den Wehrdienst wieder brauchen“

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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht bei der ARD Polit-Talkshow „Caren Miosga“. (Archivbild)

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht bei der ARD Polit-Talkshow „Caren Miosga“. (Archivbild)

Der Kanzler ist skeptisch, sagt im Grundsatz aber seine Unterstützung für das Modell von Boris Pistorius (SPD) zu. Die gibt es aber nicht von jedem.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat Zweifel am Erfolg des auf Freiwilligkeit beruhenden Wehrdienstmodells aus dem SPD-geführten Bundesverteidigungsministerium geäußert. „Ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben“, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Er zweifle daran, dass das Freiwilligenmodell der Bundeswehr genügend neues Personal bringe. „Meine Meinung ist schon, dass wir den Wehrdienst wieder brauchen.“

Der Kanzler sagte aber im Grundsatz seine Unterstützung für das Modell von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu. „Wir wollen das jetzt mit der SPD zunächst freiwillig versuchen hinzubekommen“, sagte Merz – und fügte hinzu: „Ich bin skeptisch. Wenn es uns gelingt – umso besser.“

Friedrich Merz skeptisch angesichts Wehrdienstmodell der SPD

Merz bekräftigte in dem Interview die CDU-Forderung nach Einführung eines allgemeinen verpflichtenden Dienstjahrs für Männer und Frauen in Deutschland. „Ich bin dafür, dass wir ein allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr in Deutschland etablieren“, sagte er. Dazu brauche es allerdings eine Grundgesetzänderung – ebenso wie für die Einführung einer Wehrpflicht für Frauen.

Die Forderung nach einem verpflichtendem Gesellschaftsjahr hatte die Union bereits im Bundestagswahlkampf erhoben. Es soll nach ihren Vorstellungen bei der Bundeswehr, aber auch bei zivilgesellschaftlichen Verbänden abgeleistet werden.

Verärgert zeigte sich Merz über die Kritik von Minister Pistorius an der Unionsfraktion. Die Verschiebung der Bundestagsdebatte über Pistorius’ Gesetzentwurf zum neuen Wehrdienst sei „schon vor einigen Tagen“ gemeinsam von den Fraktionen von Union und SPD vereinbart worden – dafür sei nicht, wie von Pistorius behauptet, allein die CDU/CSU verantwortlich. Mit Blick auf Pistorius sagte der Kanzler: „Es kann sein, dass er die internen Vorgänge im Parlament nicht so mitbekommen hat.“

Boris Pistorius attackiert Unionsfraktion

Die Fraktionen von Union und SPD wollten weiter über den Entwurf aus dem Ministerium von Pistorius beraten, um vor der Bundestagsdebatte eine „gemeinsamen Zielsetzung“ zu erreichen in der Frage, wie zu verfahren sei, wenn der auf Freiwilligkeit beruhende Wehrdienst nicht genügend Personal für die Bundeswehr anwirbt, sagte Merz.

Pistorius hatte der Unionsfraktion am Samstag in scharfen Worten eine Blockade seines Wehrdienstgesetzes vorgeworfen. „Das Verhalten der Unionsfraktion ist fahrlässig, weil es möglicherweise die Einführung des Neuen Wehrdienstes und damit auch die Wiedereinführung der Wehrerfassung verzögert“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Im parlamentarischen Verfahren gebe es verschiedene Möglichkeiten, vom Gesetzentwurf abweichende Haltungen einzubringen – etwa durch Änderungsanträge.

Caren Miosga und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sitzen im Studio bei der ARD Polit-Talkshow „Caren Miosga“.

Caren Miosga und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sitzen im Studio bei der ARD Polit-Talkshow „Caren Miosga“.

Die Pläne von Pistorius sollen pro Jahr Zehntausende neue Rekruten zur Bundeswehr bringen, bis auf Weiteres allerdings auf freiwilliger Basis. Ein verpflichtender Wehrdienst ist zwar vorgesehen für den Fall, dass Rekrutierungsziele nicht erreicht werden oder die Sicherheitslage höhere Zahlen nötig macht. Es gibt aber keinen Automatismus, keine festgelegte Zahl und keinen festgelegten Zeitpunkt für eine Aktivierung der Wehrpflicht. CDU und CSU fordern aber konkrete Vorgaben zur Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, wenn die Ziele nicht erreicht werden.

Ärger bei der SPD: „Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt“

Bei der SPD sorgte die Kritik der Union unterdessen auch am Sonntag für Ärger. „Wir haben uns in der Koalition gemeinsam auf einen klaren Weg verständigt: Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt“, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf dem Magazin „Stern“ laut Vorabmeldung vom Montag. „Daran werden sich alle halten – auch Markus Söder“, fügte der SPD-Politiker mit Blick auf den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten hinzu.

Söder hatte am Wochenende seine Kritik am Gesetzentwurf des SPD-Verteidigungsministers zum Wehrdienst erneuert und von einer „Wischiwaschi-Wehrpflicht“ gesprochen. „An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei“, sagte der CSU-Chef der „Bild am Sonntag“ und mahnte, dass Deutschland in Zeiten großer Bedrohung „mehr als eine Fragebogen-Armee“ brauche. Auch andere Unionspolitiker sprachen sich deutlich für eine Wehrpflicht aus, darunter Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU). (red/afp)