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Buhrufe und Schelte für J. D. Vance„Ist er ein Idiot oder tut er nur erfolgreich so, als wäre er einer?“

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US-Vizepräsident J. D. Vance spricht mit Mitgliedern der Nationalgarde in der Union Station. Der Auftritt wurde von hörbaren Protesten begleitet. (Archivbild)

US-Vizepräsident J. D. Vance spricht mit Mitgliedern der Nationalgarde in der Union Station. Der Auftritt wurde von hörbaren Protesten begleitet. (Archivbild)

Der US-Vize bekommt bei einem Truppenbesuch Gegenwind. Auch Aussagen über Russland und Selenskyj sorgen für harte Reaktionen.

US-Vizepräsident J. D. Vance steht in der Kritik: Zum einen muss sich der Republikaner nach Aussagen über Kremlchef Wladimir Putin, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Russlands Motive für den Krieg gegen die Ukraine deutlichen Gegenwind gefallen lassen. Zum anderen wurde der Vizepräsident bei einem Besuch des von Präsident Donald Trump in der US-Hauptstadt Washington D.C. eingesetzten US-Militärs am Mittwoch ausgebuht.

Bei dem Fototermin am Mittwochnachmittag hatte Vance zusammen mit Verteidigungsminister Pete Hegseth und dem stellvertretenden Stabschef des Weißen Hauses, Stephen Miller, Hamburger an die Truppen verteilt.

J. D. Vance bei Truppenbesuch in Washington ausgebuht

Während Vance gegenüber den Soldaten in der Union Station, einem Bahnhof in Washington, erklärte: „Wir wissen alles zu schätzen, was Sie tun“ und versicherte: „Wir haben ein Stück Recht und Ordnung zurückgebracht“, kam es zu hörbaren Protesten gegen den Vizepräsidenten und die Maßnahme von US-Präsident Trump, der zuvor die US-Nationalgarde entsandt hatte, um die angeblich hohe Kriminalität in der Hauptstadt zu bekämpfen.

Kriminalitätsstatistiken stützen die Behauptungen der US-Regierung jedoch nicht – entsprechend wütend fallen die Reaktionen mitunter aus. „Freiheit für DC“ und „Besatzung ist ein Verbrechen“, skandierten die Protestierenden nun beim Truppenbesuch von Vance. Der US-Vizepräsident sorgte derweil mit seinen Worten zum Einsatz der Nationalgarde für weitere Irritationen.

US-Regierung setzt Nationalgarde gegen „Landstreicher“ ein

Auf die Frage, warum US-Soldaten nötig seien, um den Bahnhof zu sichern, während sie in Stadtteilen mit höherer Kriminalitätsrate nicht aufzufinden seien, erklärte Vance, die Union Station sei von „Landstreichern“ überlaufen. Damit lieferte der US-Vize eine mindestens ungewöhnliche Begründung für den Einsatz von Soldaten im eigenen Land.

Auch zu den Protesten äußerte sich Vance: „Es ist schon bizarr, dass so viele alte, überwiegend weiße Menschen da draußen gegen die Sicherheitsmaßnahmen protestieren, obwohl sie in ihrem ganzen Leben noch nie Gefahr gespürt haben“, zitierte der „Guardian“ den US-Vizepräsidenten. Vize-Stabschef Stephen Miller bezeichnete die Demonstrierenden unterdessen als „verrückte Kommunisten“ und „dumme weiße Hippies“.

Proteste gegen Trump und Vance: „Dumme weiße Hippies“

US-Präsident Trump hatte in der Vorwoche die Polizei in der Hauptstadt unter die Kontrolle des Bundes gestellt und die Mobilisierung der Nationalgarde angeordnet – trotz seit Jahren rückläufigen Kriminalitätszahlen in Washington.

US-Vizepräsident J. D. Vance beim Treffen mit US-Präsident Donald Trump (vorne rechts), Selenskyj, Präsident der Ukraine, und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus. (Archivbild)

US-Vizepräsident J. D. Vance beim Treffen mit US-Präsident Donald Trump (vorne rechts), Selenskyj, Präsident der Ukraine, und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus. (Archivbild)

Vance musste sich unterdessen auch für seine jüngsten Aussagen in einem Interview mit US-Sender Fox News mitunter harsche Kritik gefallen lassen. So prahlte der US-Vizepräsident in dem Gespräch damit, wie er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim Gipfeltreffen im Weißen Haus am Montag empfangen habe.

Vance will „Benehmen“ von Selenskyj gefordert haben

Wenn er sich „benehmen“ würde, werde er nicht das Wort ergreifen, will Vance demnach dem Ukrainer zur Begrüßung gesagt haben. Selenskyj habe das mit einem „Kichern“ quittiert, erklärte Vance weiter und sprach von einem gelungenen „Eisbrecher“.

Vor sechs Monaten war Vance bei Selenskyjs Besuch in Washington mitverantwortlich für einen weltweit beachteten Eklat im Oval Office gewesen – und hatte Selenskyj dabei wahrheitswidrig vorgeworfen, sich nicht für die US-Unterstützung im Krieg gegen Russland bedankt zu haben.

US-Vizepräsident berichtet über Wladimir Putin

Nun äußerte sich Vance auch zu Kremlchef Putin, der in der letzten Woche für ein Treffen mit Trump nach Alaska gereist war. „Er spricht leiser, als man erwarten würde“, beschrieb der US-Vizepräsident das Auftreten des Kremlchefs.

Die amerikanischen Medien hätten „ein bestimmtes Bild“ von Putin, der jedoch eigentlich „sehr bedächtig und vorsichtig“ sei, führte Vance aus. Putin sei „im Grunde jemand, der die Interessen Russlands im Auge hat“, hieß es weiter.

J. D. Vance sorgt für Wut bei Kremlkritiker Garri Kasparow

Russland gehe es vor allem um „bestimmte Gebiete, von denen sie die meisten, einige aber auch nicht besetzt haben“, erklärte Vance außerdem. Das sei der „Kern der Verhandlungen“, behauptete der US-Vizepräsident gegenüber Fox News.

„Die Ukrainer wollen Sicherheitsgarantien, die Russen wollen ein bestimmtes Gebiet“, fügte Vance an, der mit seinen Aussagen über Selenskyj für Empörung bei zahlreichen Ukrainern in den sozialen Netzwerken und mit seinen Ausführungen über die angeblichen Kriegsziele Russlands für Kopfschütteln auch bei Kremlkritikern sorgte.

„Russland will Ukrainer töten und die Ukraine zerstören“

„Ist er ein Idiot oder tut er nur erfolgreich so, als wäre er einer?“, fragte etwa der ehemalige russische Schachweltmeister und nunmehrige Kremlkritiker Garri Kasparow angesichts von Vance‘ Worten auf der Plattform X. Die Ziele Moskau seien offensichtlich, führte Kasparow aus. „Russland will Ukrainer töten und die Ukraine zerstören. Die Ukrainer wollen leben und in Ruhe gelassen werden.“

Auch der amerikanische Politikwissenschaftler Branislav Slantchev, Professor an der University of California in San Diego, fand harte Worte für den US-Vize. „Vance ist ein ahnungsloser Trottel, der nicht versteht, was die Russen wollen“, schrieb Slantchev bei X. „Die hier zur Schau gestellte Arroganz und Dummheit ist atemberaubend“, fügte der Politik-Professor an.

Tatsächlich deuten die jüngsten Reaktionen aus Moskau keineswegs daraufhin, dass Russland von seinem Kriegskurs gegen das Nachbarland abrücken konnte. So stelle Außenminister Sergej Lawrow in dieser Woche erneut die absurde Bedingung auf, dass Moskau ein Vetorecht gegenüber Sicherheitsgarantien anderer Länder für die Ukraine haben müsse.

Klare Signale aus Moskau: Kein Frieden in Sicht

Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew beleidigte unterdessen zunächst Selenskyj als „Clown“ und dann Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als „hirntoten gallischen Hahn“ und unterstrich damit den radikalen Kurs des Kremls.

Macron hatte zuvor die Entsendung von westlichen Truppen in die Ukraine zur Absicherung eines Friedensabkommens ins Spiel gebracht. Frieden ist derzeit jedoch nicht absehbar – in der Nacht auf Donnerstag startete Russland erneut massive Luftangriffe auf das Nachbarland.