Kerstin Herrenbrück ist Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Höhenhaus. Sie spricht über ihre Sehnsucht nach umfassender Unversehrtheit der Schöpfung.
Das Wort zum Sonntag„Gottes Schöpfung, die ich sehe, ist nicht sehr gut“

Bamberg: Eine Figur des Jesus Christus mit dem Kreuz ist an einer Fassade in der Altstadt zu sehen.
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Gott sah alles an, was Gott gemacht hatte. Sieh hin: Es ist sehr gut!“ (1. Mose 1,31). Hinsehen, wahrnehmen, was und wie es ist – dazu ruft Gott uns auf. In mir weckt dieser Vers eine große Sehnsucht nach der Unversehrtheit von Gottes Schöpfung. So würde ich Gottes Welt gerne sehen können, das würde ich auch gerne sagen und empfinden können: Es ist sehr gut.
Es gelingt nicht. Gottes Schöpfung, die ich sehe, ist nicht sehr gut, und bis auf diese sieben Momente, in denen Gott sie sich in der Schaffenswoche immer wieder angesehen hat, war sie das nie. Von Anfang haben Menschen sie zerstört, mit ihrem Machtwahn, ihrem Neid, ihrer Gewaltbereitschaft, ihrer Gier nach Reichtum.
Immer wieder zerstören Menschen sie bis heute. Aber immer gab und gibt es auch diejenigen, die diese große Sehnsucht nach einer intakten Schöpfung, einem friedvollen Lebensraum gespürt haben und spüren.
Manche nehmen Gott ins Gebet, andere waren ohne jede Gewaltabsicht im Hambacher Forst oder sind jetzt in Lützerath, wieder andere machen sich stark gegen Rassismus, für Diversität, leben Gemeinschaft und Toleranz, klären Missbrauchsfälle sorgfältig auf, versorgen die Geflüchteten … Viele haben ihre Lebensweise oder -haltung sehr bewusst verändert. Und inmitten aller Sehnsucht wird mir plötzlich klar: da ist es, das sehr gut; in all diesen Menschen steckt es; sie leben es in und für Gottes Schöpfung.
Mit einem weiteren Blick sehe ich dann so viel Faszinierendes und Wunderschönes, das Gott uns mit allen Lebewesen und unserem Lebensraum geschenkt hat und das (noch) da ist.
Ich möchte ermutigen hinzusehen, das sehr Gute bewusst wahrzunehmen und gleichzeitig unsere Sehnsucht nach umfassender Unversehrtheit der Schöpfung nicht zu verlieren. Das kann ein guter Motor sein, um uns unserer Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung stellen zu können.