NRW-Innenminister Herbert Reul (73) hat sein erstes Buch veröffentlicht - eine Mischung aus Krimi und politischer Agenda. Der CDU-Politiker beschreibt Clan-Kriminalität, Kindesmissbrauch und Jugendgewalt, übt aber auch Selbstkritik.
Herbert Reul-Buch„Ohne Sicherheit ist alles nichts“ – Verkaufsstart am 14. Okktober

Düsseldorf: Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, steht vor der Vorstellung mit seinem Buch „Sicherheit. Was sich ändern muss“ im Heine Haus.
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Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) ist unter die Buchautoren gegangen. Der 73-Jährige, der durchaus für öffentlichkeitswirksame Auftritte bekannt ist, hatte bisher der Versuchung widerstanden, seine Gedanken zwischen zwei Buchdeckel zu pressen. Vorgelegt hat er nun eine Schrift, die zwischen persönlichen Einblicken und politischer Agenda changiert. Das liest sich zuweilen wie ein Kriminalroman auf der Grundlage realer Erfahrungen an der Spitze der NRW-Polizei. So erfährt man, dass nicht etwa die Justiz, sondern die Polizei beschlagnahmte Gegenstände wie illegale Spielautomaten lagern muss – was zu erheblichen Kosten führt. Oder wie Reul selbst durch Eindrücke bei Einsatzbesuchen oder bei einer spätabendlichen, ängstlichen Heimfahrt mit der Regionalbahn in seiner Arbeit beeinflusst wurde.
Auseinandersetzung mit Clan-Kriminalität
Der Unionspolitiker als Autor beschädigt sich intensiv mit der Clan-Kriminalität an Rhein und Ruhr und verteidigt die Auswertung von Familiennamen als „Arbeitshypothese“, die er nicht als „vorauseilende Schulzuweisung“ verstanden wissen will. Die Paralleljustiz, die in manchen Clans zutage trete, sei durch nichts legitimiert, betont Reul. Wie an anderen Stellen im Buch übt der erfahrene Innenpolitiker aber auch hier Selbstkritik: Bei vielen Großfamilien sei die gesellschaftliche Integration lange versäumt worden: „Wir haben dreißig Jahre lang nichts getan, und jetzt stehen wir vor einem Problem.“
Politisches Geschäft: Herausforderungen und Verzögerungen
Bei der Lektüre der Minister-Zeilen merkt man, wie mühselig und langwierig das politische Geschäft zuweilen ist. Trotz der Gründung einer „Talk Force“ mehrerer Behörden stockt die Bekämpfung von Finanzkriminalität, die angestoßene europäische Zusammenarbeit kommt kaum voran. Auch für die Einführung einer umfassenden Vorrats- und Verkehrsdatenspeicherung im Internet bezieht Herbert Reul klar Stellung und zeigt eine gewisse Ungeduld.
Kindesmissbrauch: Reuls eindringliches Plädoyer
Dass den NRW-Innenminister das Thema Kindesmissbrauch sichtlich bewegt hat, spürt man an seinen klaren Ausführungen dazu. Er hatte angewiesen, bei der Polizei mehr Personal für Ermittlungen in diesem Bereich einzusetzen. Heute bemängelt er, dass der Datenschutz ein zuweilen ärgerliches Hemmnis bei den polizeilichen Nachforschungen sei. Differenziert analysiert Reul die zunehmende Nutzung von Messern bei Gewaltdelikten: „Es ist wohl so, dass das Messer quasi zur natürlichen Körperausstattung bestimmter junger Männer gehört, die ihre Männlichkeit beweisen wollen.“ Dass sogar die Kriminalität von Kindern zunimmt, führt Reul unter anderem auf den Konsum von Gewaltdarstellungen in sozialen Netzwerken zurück. Obwohl er eine Herabsetzung des Strafmündigkeits-Alters bisher abgelehnt hatte, sei er deshalb ins Nachdenken gekommen: „Je mehr ich mit jugendlicher Gewalt konfrontiert werde, desto eher neige ich dazu.“
Ganz persönlich verrät der NRW-Innenminister auch, dass er selbst oft durch Zuschriften oder Social-Media-Kommentare bedroht wird. Manchmal erstatte er Anzeige, gebracht habe das bisher aber nie etwas, weil alle Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden seien: „Nicht gerade ein starkes Signal, dass sich der Rechtsstaat hier durchsetzen will.“ Reul widmet sich in seinem Buch auch dem Skandal um rechtsextreme Chatgruppen bei der Polizei und verweist auf eine Bundesratsinitiative, die strafrechtlichen Regeln hier zu verschärfen.
Auch betrachtet Herbert Reul facettenreich die Radikalisierung in Teilen der Gesellschaft. Leidenschaftlich plädiert er für eine verstärkte Digitalisierung der Polizeiarbeit und mehr politischen Einsatz für das Thema Sicherheit. Nur so könne das Vertrauen der Bürger zurückgewonnen werden: „Ohne Sicherheit ist alles nichts.“
