Es geht um Verdachtsfälle - aber die Missbrauchsvorwürfe gegen den verstorbenen Ruhrbischof Franz Hengsbach hätten schon vor mehr als zehn Jahren untersucht werden müssen.

Kardinal Hengsbach unter MissbrauchsverdachtDer Skandal im Skandal um den Ruhrbischof

Ein Denkmal könnte stürzten: Skulptur von Franz Kardinal Hengsbach vor dem Essener Dom.
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Zeuge für Christus wollte der 1991 verstorbene Ruhrbischof Franz Hengsbach laut Wahlspruch sein. Der Anspruch droht sich ins Gegenteil zu verkehren: Die Bistümer Essen und Paderborn suchen mögliche Belastungszeugen gegen Hengsbach. Sollten die Vorwürfe zutreffen, dann hätte Hengsbach Missbrauchsverbrechen an Minderjährigen begangen und so die christliche Lehre verhöhnt, statt sie zu bezeugen.
Es geht um Verdachtsfälle. Aber dass ernsthafte Untersuchungen erst jetzt beginnen, ist der Skandal im Skandal. In Hengsbachs Heimat-Erzbistum Paderborn und bei der Glaubenskongregation hätte man seit 2011 tätig werden können. Damals wurden die Vorwürfe gegen den kurz vor dem Ruch der Heiligkeit stehenden Essener Kardinal schnell erledigt. Heute nennt das Erzbistum Paderborn das Anliegen der betroffenen Frauen berechtigt. Das wiegt schwer.
Nicht nur das Bildnis eines vermeintlich Großen könnte stürzen – der deutsche Katholizismus befindet sich im freien Fall.
Hengsbach, der erste deutsche Kardinal, dem Missbrauch zur Last gelegt wird, galt als Inbegriff einer sozialen Kümmerer- Kirche. Er leitete das Hilfswerk Adveniat, dessen langjähriger Geschäftsführer Emil Stehle bereits als Missbrauchstäter überführt wurde.
Wenn auch Hengsbach ein falscher Zeuge gewesen sein sollte, wem in dieser Kirche sollen die Leute noch trauen? Nicht nur das Bildnis eines vermeintlich Großen könnte stürzen – der deutsche Katholizismus befindet sich im freien Fall.