Kommentar zum Münchner GutachtenRatzingers eigene Wahrheit

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Kardinal und Ratzinger

Papst Benedikt XVI. mit dem Kardinal und Erzbischof von München und Freising Friedrich Wetter.

Köln – Als „Mitarbeiter der Wahrheit“ hat sich Joseph Kardinal Ratzinger in seinem bischöflichen Wahlspruch bekannt, als Papst hat Benedikt XVI. eine Enzyklika über die „Liebe in der Wahrheit“ verfasst. Aber wie geht er mit der Wahrheit um? Nach der Vorstellung des neuen Münchner Missbrauchsgutachten könnte man zu Benedikts Gunsten nur  annehmen, dass ihn sein – wie er betont: gutes – Erinnerungsvermögen doch im Stich lässt.

Noch am Donnerstagmorgen wiederholt sein Biograph Peter Seewald die Behauptung Ratzingers, er habe an der Ordinariatssitzung nicht teilgenommen, in der es um die Übernahme eines einschlägig belasteten Priesters aus dem Bistum Essen nach München ging. Am Mittag zitiert Gutachter Ulrich Wastl das Protokoll der Sitzung, auf der sich „der Herr Kardinal“ – offensichtlich  Ratzinger – unter anderem über den Fall des Theologen Hans Küng äußerte. Wie lässt sich das vereinbaren?

Soweit die Ebene der konkreten Abläufe. Aber selbst wenn Ratzinger sich wirklich nicht mit den Fall dieses Priesters befasst hätte, müsste er sich dann nicht Fahrlässigkeit vorwerfen? Was soll – in einem anderen Fäll – das Herausreden auf angebliche vatikanische Geheimbestimmungen?  Oder auf angeblich nur außerdienstlichen Exhibitionismus eines Priesters?

Auch wenn Benedikt-Ratzinger im Fokus steht: Sein Verhalten ist typisch für viele. Auch sein Nachfolger Friedrich Kardinal Wetter versucht sich herauszureden. Selbst der heutige Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, der letztes Jahr spektakulär seinen Rücktritt angeboten hatte, „fühlt“ sich nur „mitverantwortlich“ und entschuldigt sich im Namen der Diözese, nicht im eigenen. Zumindest er hätte zeigen können, wie man angemessen mit eigenem Versagen umgeht – wenn Benedikt dazu schon nicht in der Lage ist.

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