Kommentar zum LehrermangelPolitik, die nur auf Seiteneinsteiger setzt, scheitert

Lesezeit 2 Minuten
symbolbild grundschule

Symbolbild

  • Deutschland hat zu wenige Lehrer. Seiteneinsteigern ist zu danken, dass sie sich häufig mit einem hohen Maß an Motivation in den Unterricht begeben.
  • Aber eine Bildungspolitik, die sich darauf verlässt, ist zum Scheitern verurteilt.
  • Das liegt nicht nur an weniger ausgeprägten pädagogischen Kenntnissen, sondern auch an fehlender Akzeptanz bei den Eltern.

Eins vorweg gestellt: Natürlich können Seiten- und Quereinsteiger den Unterricht bereichern. Jedenfalls dann, wenn sie für den neuen Beruf brennen, Lust auf das Vermitteln von Wissen haben, pädagogisch geschult sind und mit Stress umgehen können. Das gilt für alle Lehrkräfte. Viele Seiten- und Quereinsteiger müssen aber zusätzlich damit umgehen können, dass sie mitunter vom Kollegium und von den Eltern der Schüler als Lehrkräfte zweiter Klasse angesehen werden. Denn die Vorurteile sind noch immer groß, obwohl es in fast allen Bundesländern bereits seit vielen Jahren hinreichend Erfahrung mit diesen Lehrkräften im Unterricht gibt. Oder halten sich die Vorurteile etwa deswegen so hartnäckig?

Es ist nahezu bundesweit Konsens, dass insbesondere Berufsschulen vom Einsatz der Quereinsteiger profitieren können. Sie bringen als Profis bestimmter Fachgebiete wertvolle Impulse in den Unterricht ein und haben den meisten Lehrern in der praktischen Anwendung des Wissens etwas voraus. Es braucht diese Mischung, um die duale Ausbildung, um die Deutschland weltweit beneidet wird, weiter mit Leben füllen zu können. Gerade angesichts der fortwährenden digitalen Transformation dürfen auch Unterrichtskonzepte nicht stehenbleiben, darf der Wandel vor dem Klassenzimmer nicht Halt machen. Quereinsteiger bringen im besten Fall Erfahrungen mit, die auch das Ausbildungskonzept weiterentwickeln, modern halten.

Weniger Akzeptanz für Seiteneinsteiger

Doch Seiteneinsteiger stoßen oftmals auf weit weniger Akzeptanz. Insbesondere in Ländern, in denen sie kaum pädagogische Vorkenntnisse vorweisen müssen. Sie dürfen nach einem – verglichen mit dem Studium – sehr kurzen Vorbereitungsdienst unterrichten. Und weil sich Lehrkräfte mit abgeschlossenem Studium gerade in Städten wie Berlin die Schulen de facto fast aussuchen können, bleiben häufig Lücken an Brennpunktschulen oder Grundschulen, die mit Seiteneinsteigern gefüllt werden.

Das wird über kurz oder lang schwerwiegende Folgen haben: Gerade an Schulen mit tendenziell lernschwachen Schülern braucht es besonders ausgeprägte pädagogische Kenntnisse für guten Unterricht. Die Bildungsziele müssen überall eingehalten werden, sonst drohen soziale Verwerfungen. Seiteneinsteigern kann ein Mangel pädagogischer Kenntnisse nicht vorgeworfen werden. Ihnen ist zu danken, dass sie sich häufig mit einem hohen Maß an Motivation in den Unterricht begeben. Aber eine Bildungspolitik, die sich darauf verlässt, ist zum Scheitern verurteilt. 

In vielen Ländern sind bereits die Folgen schwerer Versäumnisse erkennbar, es wurden zuletzt zu wenig Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet. Die Länder müssen noch viel stärker als bisher junge Menschen zu einem Lehramtsstudium bewegen und sie mit Anreizen in der Region halten. 

Rundschau abonnieren