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„Das ist alles Lüge“Zwischenruferin stört Putins Besuch in Mariupol – Gerüchte über Doppelgänger

Lesezeit 3 Minuten
Auf diesem von einem russischen Fernsehsender veröffentlichten Screenshot spricht Wladimir Putin in Mariupol mit Anwohnern.

Auf diesem von einem russischen Fernsehsender veröffentlichten Screenshot spricht Wladimir Putin in Mariupol mit Anwohnern.

Während seines Besuchs in Mariupol hat sich Wladimir Putin auch mit Bewohnern der Stadt unterhalten – nicht ohne Konflikt. Gleichzeitig entbrennt eine Debatte über mögliche Doppelgänger des Kremlchefs. 

Die Propagandawirkung des ersten Besuchs von Kremlchef Wladimir Putin im besetzten ukrainischen Donbassgebiet ist von einem kritischen Zwischenruf gestört worden. „Das ist alles Lüge, das ist für die Show“ ist kaum vernehmbar aus dem Hintergrund auf einem vom Kreml verbreiteten Video über ein angebliches Treffen Putins mit den Bewohnern der schwer zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol zu hören.

Ukrainische und unabhängige russische Medien berichteten verstärkt über den Ausschnitt. Staatsnahe russische Medien verbreiten mittlerweile nur noch eine geschnittene Version des Videos – der Zwischenruf wurde entfernt. 

Kremlchef in Mariupol: Putin-Entourage gibt Handzeichen nach Zwischenruf

Der Stimme nach handelt es sich um eine Zwischenruferin. In dem Videoausschnitt ist die Frau nicht zu sehen. Allerdings ist zu erkennen, wie nach dem Ruf Leute aus der Umgebung Putins sich umdrehen und Handzeichen geben.

Eigentlich sollte das Video ein „spontanes“ Treffen Putins mit den Bewohnern des nach den Zerstörungen wieder errichteten Mariupoler Wohnviertels Newski zeigen. Die vor Putin versammelten Bürger danken dem Kremlchef für den Wiederaufbau. Auch an der Authentizität dieser „Bürger“ gibt es Berichten ukrainischer Medien zufolge mittlerweile Zweifel.

Besuch in Mariupol: Hat Wladimir Putin einen Doppelgänger eingesetzt?

Auch um die Frage, ob es sich bei der Person im Video tatsächlich um Putin handelt, ist eine rege Debatte entbrannt. „Putin hat viele Doppelgänger“, merkte der Dozent für postsowjetische Politik der Universität Bath, Stephan Hall, auf Twitter an. Ein Urteil behalte er sich daher vor, erklärte Hall. „Die ‚dankbaren‘ Bewohner“, die im Video mit Putin sprechen, seien jedoch „wahrscheinlich Sicherheitspersonal in Zivil“.

Auch der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Geraschtschenko zeigt sich angesichts der Bilder aus Mariupol skeptisch. Gleich in mehreren Beiträgen im Kurznachrichtendienst Twitter hat er sich zu möglichen Putin-Doppelgängern geäußert. „Hat er vor seinem Kabinett mehr Angst als vor den ‚Bewohnern‘ Mariupols?“, fragte Geraschtschenko und verweis auf den großen Abstand, den Putin normalerweise zwischen sich und seinen Gästen im Kreml lässt. Dies sei nur schwierig mit der Volksnähe in Mariupol in Einklang zu bringen, so Geraschtschenko.  

Doppelgänger von Wladimir Putin in Mariupol? „Saddam Hussein hat es genauso gemacht“

Der schwedische Osteuropa-Experte Anders Aslund äußerte ebenfalls erhebliche Zweifel an der Echtheit der Aufnahmen aus Mariupol. „Putins ‚Besuch‘ in Sewastopol und Mariupol bekräftigt eher bisherige Indizien, dass Putin mit einem Double arbeitet“, schrieb Aslund bei Twitter. „Saddam Hussein hat es genauso gemacht“, fügte er an. 

Für Aufsehen in der Diskussion um mögliche Putin-Doppelgänger sorgt unterdessen auch eine Wortmeldung von Igor Girkin, der in der Vergangenheit als einer der großen Unterstützer des Kremlchefs galt, mittlerweile jedoch häufig mit Kritik am Kurs Putins in Erscheinung tritt. „Der echte Wladimir Putin lässt niemand näher als 20 Meter an sich heran“, erklärte Girkin. „Wenn ich einen Putin in einer Menschenmenge sehe oder wie er andere Menschen umarmt, dann weiß ich sofort, dass es sich um ein Double handelt“, heißt es weiter in einem Video von Girkins Statement. 

Ehemaliger Putin-Vertrauer: „Dann weiß ich sofort, dass es sich um ein Double handelt“

Girkin ist im Zusammenhang mit dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Fluges MH17 von einem Gericht in den Niederlanden zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden und international zur Verhaftung ausgeschrieben. Er ist ein scharfer Kritiker der russischen Regierung und Putins, denen er eine zu schwache Haltung im Krieg mit der Ukraine vorwirft.

Viele Experten und Beobachter werten Putins vermeintlichen Besuch in Mariupol als hastige Reaktion auf den am Freitag bekannt gewordenen Haftbefehl gegen den Kremlchef, den der Internationale Gerichtshof in Den Haag erlassen hat. Putin werden Kriegsverbrechen in der Form der Verschleppung ukrainischer Kinder vorgeworfen – unter anderen aus der Stadt Mariupol, die der Kremlchef – oder sein Doppelgänger – nun spontan besucht hat. (mit dpa)

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