„Einer der surrealsten Momente“Kadyrow empfängt „US-Pädophilen“ mit Parade – und bekommt Ärger aus Moskau

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Ramsan Kadyrow lässt in Grosny seine Truppen aufmarschieren – und empfängt dann den verurteilten amerikanischen Sexualstraftäter Scott Ritter. Der ehemalige US-Geheimdienstoffizier verbreitet bereits seit Jahren russische Propaganda.

Ramsan Kadyrow lässt in Grosny seine Truppen aufmarschieren – und empfängt dann den verurteilten amerikanischen Sexualstraftäter Scott Ritter. Der ehemalige US-Geheimdienstoffizier verbreitet bereits seit Jahren russische Propaganda.

Ramsan Kadyrow, auch als „Putins Bluthund“ bekannt, hat der Ukraine ein dubioses Angebot unterbreitet – und ist dann sofort zurückgerudert.

Der tschetschenische Machthaber sorgt mal wieder für Irritationen: Ramsan Kadyrow hat der Ukraine und ihren westlichen Unterstützern einen dubiosen Tauschhandel vorgeschlagen und einen ehemaligen US-Geheimdienstoffizier, der wegen Kinderpornografie zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, bei einer Militärparade feierlich empfangen. Kurz darauf behauptete Kadyrow dann, sein Angebot sei nur „grobes Trolling“ gewesen.

Zudem bekräftigte Kadyrow am Montag seine vorherige Forderung, dass unschuldige Angehörige von mutmaßlichen Extremisten bestraft werden sollen. „Nächste Verwandte sollten wissen, was ein Vertreter ihrer Familie tut, und die Verantwortung dafür tragen“, hatte der auch als „Putins Bluthund“ bekannte Tschetschene bereits rund um den Jahreswechsel gefordert und dabei auch die Tötung von Angehörigen nicht ausgeschlossen.

Kadyrows „seltsames“ Angebot: „Putins Bluthund“ will Menschen gegen Pferde tauschen

Gegen die Freilassung von 20 ukrainischen Kriegsgefangenen forderte er nun die Aufhebung der Sanktionen gegen seine Familie. Wenig später stellte er seinen Vorschlag, der über das Wochenende hinweg Wellen schlug, dann jedoch als provokanten Scherz dar. Tschetschenische Soldaten hätten die Ukrainer bei Kämpfen in den Gebieten Donezk und Luhansk gefangen genommen, sagte Kadyrow russischen Medienberichten zufolge bereits in der letzten Woche. Er führte in Grosny ein Video vor, in dem diese Ukrainer angeblich ebenfalls für einen Austausch unter den von ihm genannten Bedingungen plädierten.

Der Tschetschenen-Anführer sprach davon, dass die Strafmaßnahmen gegen seine Mutter, seine Töchter wie auch gegen seine Pferde aufgehoben werden sollten. „Selbst wenn es noch etwas mehr Sanktionen gegen mich gibt, aber diese Leute werden wir freilassen“, sagte er. Noch am selben Tag nahm Kadyrow den Vorschlag aber zurück, wie die Agentur Tass meldete. Er habe sich vor allem über die USA lustig machen und deren Ausflüchte hören wollen. „Natürlich werden die Vereinigten Staaten nicht darauf eingehen“, sagte er.

Kadyrow empfängt wegen Kinderpornografie verurteilten Ex-US-Geheimdienstoffizier mit Parade

Zuvor hatte Kadyrow die Liste mit den Namen der Gefangenen jedoch bei einem Treffen mit dem ehemaligen US-Geheimdienstoffizier Scott Ritter angesprochen. „Es gibt einen interessanten Vorschlag für unseren Gast“, hatte Kadyrow Berichten zufolge erklärt. „Wir haben Gefangene aus Donezk und Luhansk. Ich werde die Liste an unseren Gast weitergeben.“ Verärgerte Reaktionen aus Russland führten dann offenbar aber zu einem Umdenken in Grosny.

Ukrainische Kriegsgefangene sollten gegen russische Soldaten in Gefangenschaft ausgetauscht werden, nicht gegen Kadyrows Pferde, hieß es in russischen Medien. Die kremlnahe Zeitung „Komsomolskaja Prawda“ bezeichnete das Angebot von „Putins Bluthund“ als „zweifelhaften Handel“. Auch Alexander Kots, Mitglied des russischen „Menschenrechtsrats“, kritisierte, dass Kadyrow „Kriegsgefangene als Waren für persönliche Zwecke“ benutzen wolle. Das berichtete der US-Thinktank „Institute for Study of War“ in seinem täglichen Lagebericht.

Kadyrow rudert zurück: Wut in Moskau über „Putins Bluthund“

Kadyrows Vorschlag untergrabe das „Kreml-Gehabe“, erklärten die US-Analysten zudem den Ärger in Russland. Demnach bemüht sich Moskau derzeit, Berichte über den Missbrauch von Ukrainern in russischer Kriegsgefangenschaft „auszugleichen“ und den Eindruck zu erwecken, „dass alle internationalen Normen“ befolgt würden, schrieben die Analysten. 

Schwer bewaffnet: Auch Ramsan Kadyrows 15-jähriger Sohn Adam nahm an der Parade in Grosny teil.

Schwer bewaffnet: Auch Ramsan Kadyrows 15-jähriger Sohn Adam nahm an der Parade in Grosny teil.

Kadyrow erklärte seinen Rückzieher unterdessen damit, dass er nur die Reaktion Washingtons habe herausfinden wollen. Zudem habe der Ex-US-Geheimdienstoffizier Ritter sein „grobes Trolling im Gegensatz zu anderen richtig verstanden“, behauptete Kadyrow. In der Ukraine sorgte Kadyrows „Angebot“ derweil für eine nüchterne Reaktion. Geheimdienstchef Kyrylo Budanow sagte der Zeitung „Expres“ zufolge, Kadyrow wisse, „an wen er sich wenden müsse“, wenn er einen Austausch organisieren wolle. Daher sei das Vorgehen des Tschetschenen „etwas seltsam“.

Kadyrows Parade in Grosny: „Sicher einer der surrealsten Momente“

Seltsam war unterdessen auch das Ausmaß der Militärparade, bei der der verurteilte Sexualstraftäter Ritter auf gebrochenem Russisch seine Begeisterung für Tschetschenien bekundete. Ritter ist bereits seit Jahren als Propagandasprachrohr Moskaus aktiv, schrieb zeitweise eine Kolumne für „RT“ und gibt regelmäßig Interviews in russischen Medien. Ritters Auftritt in Grosny sei „ganz sicher einer der surrealsten Momente“ seit Kriegsbeginn, ordnete BBC-Journalist Francis Scarr die Szenerie ein.

Der ehemalige US-Geheimdienstoffizier und verurteilte Sexualstraftäter Scott Ritter bei seiner Rede in Grosny. Im Hintergrund ist Ramsan Kadyrow zu sehen.

Der ehemalige US-Geheimdienstoffizier und verurteilte Sexualstraftäter Scott Ritter bei seiner Rede in Grosny. Im Hintergrund ist Ramsan Kadyrow zu sehen.

„Während ich Tschetschenien besucht habe, habe ich die besten Menschen getroffen. Menschen, die in Frieden leben und Freundschaft mit der ganzen Welt wollen“, erklärte Ritter und behauptete, die tschetschenischen Soldaten seien „die Helden von Mariupol“.

Ramsan Kadyrow trifft Scott Ritter: „Kreis des Bösen ist geschlossen“

In der von Russland eingenommen ukrainischen Stadt Mariupol war es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zu wochenlangen heftigen Gefechten gekommen. Im Kampf um die Stadt bombardierten die russischen Streitkräfte auch ein Theater, das deutlich als Aufenthaltsort für Kinder gekennzeichnet war. Eine Recherche der Associated Press schätzt die Zahl der Toten allein bei diesem Angriff auf 600 Menschen, darunter viele Kinder und Familien. Auch tschetschenische Einheiten sollen in Mariupol aktiv gewesen sein. 

„Der tschetschenische Diktator Ramsan Kadyrow, der stolz darauf ist, Schwule zu foltern und zu verfolgen, umarmt den US-Pädophilen Scott Ritter“, kommentierte der ukrainische Diplomat Olexander Scherba Ritters Besuch in Grosny im sozialen Netzwerk X. „Er umarmt ihn ganz herzlich und lobt ‚tschetschenische Kämpfer‘, die Ukrainer töten – der Kreis des Bösen ist geschlossen“, fügte Scherba an. (mit dpa)

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