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Rundschau-DebatteWerden Kassenpatienten tatsächlich entlastet?

3 min
15.10.2025, Berlin: Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, spricht bei einer Pressekonferenz zum geplanten Sparpaket gegen höhere Kassenbeiträge.

Nina Warken (CDU), Bundesministerin für Gesundheit, geht davon aus, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag sein Niveau hält. 

Die Beitragszahler sollen davon verschont werden, dass die Krankenversicherung zum kommenden 1. Januar wieder teurer wird. Um das zu erreichen, legt die Regierung nun ein Sparpaket vor – doch Experten sehen die Pläne kritisch.

Die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen sollen im kommenden Jahr nicht mehr Geld für den Zusatzbeitrag ausgeben müssen als bislang. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf, der die Ausgaben der gesetzlichen Kassen 2026 um zwei Milliarden Euro senken soll. Dies soll die erwartete Finanzlücke schließen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag „dürfte damit auf dem heutigen Niveau von etwa 2,9 Prozent“ bleiben, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Die Stabilisierung der Zusatzbeiträge entlaste Bürger und Unternehmen, sagte Warken nach dem Kabinettsbeschluss. Das Gesetz durchbreche die „zur Gewohnheit gewordene Routine der Erhöhung der Zusatzbeiträge zum Jahresende“. Eine Stabilisierung der Sozialbeiträge sei „ein Beitrag zum notwendigen wirtschaftlichen Aufschwung“, sagte sie. In den vergangenen vier Jahren hätten Versicherte und Unternehmen mehr als 30 Milliarden Euro für die Zusatzbeiträge ausgegeben.

Die von den einzelnen Krankenkassen erhobenen Zusatzbeiträge sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Der durchschnittliche Satz liegt laut Warken bei rund 2,9 Prozent – und damit deutlich über dem für 2025 prognostizierten Durchschnittswert von 2,5 Prozent.

Änderung der Berechnungsmethode soll Großteil der Einsparungen ausmachen

Direkt stabile Beiträge für alle Versicherte bei jeder einzelnen Krankenkasse festlegen, kann die Politik nicht. Das Gesundheitsministerium macht jeweils zum 1. November einen „durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitrag“ für das Folgejahr bekannt, der eine Orientierungsmarke darstellt. Warken sagte, dieser Wert dürfte mit dem Kabinettsbeschluss „auf dem heutigen Niveau“ von 2,9 Prozent stabilisiert werden. Die Krankenkassen entscheiden dann aber noch je nach ihrer Finanzlage selbst, wie hoch sie ihre Zusatzbeiträge ansetzen, die zum allgemeinen Beitragssatz von einheitlich 14,6 Prozent hinzukommen. Das Sparpaket kam kurz vor der Bekanntgabe der jährlichen Finanzprognose eines zuständigen Schätzerkreises am Nachmittag. Sie ist eine wichtige Orientierung dafür, ob Bedarf für Beitragsanhebungen besteht. Warken sagte, die jetzt beschlossenen Maßnahmen sollten noch eingepreist werden können.

90 Prozent der nun im Bundeskabinett beschlossenen Einsparungen – also 1,8 Milliarden Euro – sollen durch eine Änderung der Berechnungsmethode erzielt werden, mit der die gesetzlichen Kassen den Krankenhäusern jedes Jahr zusätzliches Geld für erwartete Kostensteigerungen überweisen.

100 Millionen bei Verwaltungskosten und Innovationsfonds eingeplant

Dafür wird die sogenannte Meistbegünstigungsklausel ausgesetzt, die für die Krankenhäuser besonders vorteilhaft war. Künftig würden „die Vergütungsanstiege auf die reale Kostenentwicklung begrenzt, tatsächliche Kostensteigerungen werden auch weiterhin refinanziert“, betonte Warken.

Weitere 100 Millionen Euro sollen bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen eingespart werden, deren Anstieg im kommenden Jahr auf acht Prozent im Vergleich zu 2024 begrenzt werden soll. Bei den Sachkosten liegt der Deckel bei zwei Prozent. Dazu zählen zum Beispiel Kosten für Mobiliar, Post- und Fernmeldegebühren sowie Werbemaßnahmen.

Ebenfalls 100 Millionen Euro sollen beim Innovationsfonds der Kassen eingespart werden, indem die Fördersumme im kommenden Jahr einmalig von 200 Millionen auf 100 Millionen Euro gesenkt wird. Die bisherigen Mittel aus dem Fonds seien ohnehin noch nicht in vollem Umfang abgeflossen, erklärte Warken.

In der GKV-Branche wurden am Mittwoch aber Zweifel laut, ob die beschlossenen Maßnahmen das Defizit wirklich decken können. „Ich halte es für fraglich, ob der durchschnittliche Zusatzbeitrag im kommenden Jahr stabil bei 2,9 Prozent bleibt“, sagte die Vorsitzende des BKK-Dachverbands, Anne-Kathrin Klemm, dem „Politico Newsletter Industrie & Handel“. „Zahlreiche Kassen werden auch 2026 wieder ihre Beiträge erhöhen müssen, um ihre Rücklagen aufzufüllen.“

„Kliniken und Patienten dürfen keinesfalls die Leidtragenden sein“

Der Deutsche Landkreistag (DLT) kritisierte, dass vor allem die Krankenhäuser die Last der Einsparungen zu tragen hätten. „Darunter leiden insbesondere die ländlichen Räume“, warnte DLT-Präsident Achim Brötel. „Die Kliniken und ihre Patienten dürfen am Ende keinesfalls die Leidtragenden einer Politik sein, die die Krankenkassen ins Defizit zwingt.“ Die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung sind vor allem darauf zurückzuführen, dass ihre Ausgaben viel schneller steigen als ihre Einnahmen.

Im ersten Halbjahr 2025 gaben die 94 gesetzlichen Kassen laut Gesundheitsministerium 7,8 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum. Die Beitragseinnahmen – ohne Zusatzbeiträge – stiegen derweil nur um 5,5 Prozent. (afp/dpa)