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Viel Lob für Historiker SchlögelKritik an Anne Will: „Wagenknecht einzuladen, ergibt nur für Wagenknecht Sinn“

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Talkshow-Auftritt in der ARD: Sahra Wagenknecht (r.) im Gespräch mit Moderatorin Anne Will (l.) und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter.

Talkshow-Auftritt in der ARD: Sahra Wagenknecht (r.) im Gespräch mit Moderatorin Anne Will (l.) und CDU-Politiker Roderich Kiesewetter.

Nach Wagenknechts Auftritt bei „Anne Will“ übt eine ukrainische Organisation scharfe Kritik, auch Politikwissenschaftler kritisieren die Einladung. 

Nach dem Auftritt von Sahra Wagenknecht bei „Anne Will“ am Sonntagabend (17. September) gibt es scharfe Kritik an der ARD und der Talkshow-Einladung für die Linken-Politikerin. „Warum wird Wagenknecht weiter eingeladen?“, fragte Krista-Marija Läbe, Sprecherin der ukrainischen Organisation „Vitsche“, in Richtung des TV-Senders in einem Beitrag im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Wagenknecht habe bereits „etliche Male gezeigte, dass sie nichts als Unwissen und Angstmacherei beisteuert“, erklärte Läbe. „So jemand eine Plattform zu geben, verschiebt den Diskurs weg von Fakten und Tatsachen.“

Ukraine-Talk bei „Anne Will“: Kritik an ARD für Einladung und an Wagenknecht für Inhalte

Auch der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger kritisierte die Einladung Wagenknechts am Montag im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ als „absolut unverständlich“. Seit einem Jahr sei bereits bekannt, dass man mit Wagenknecht keine „sinnvolle Diskussion“ führen könne, da sie ihre Auftritte nutze, um Politik zu machen. „Es ergibt sehr viel Sinn, Frau Wagenknecht ins Fernsehen einzuladen, aber nur für Frau Wagenknecht“, erklärte Jäger.

Wagenknecht war am Sonntagabend in der ARD-Talkshow zu Gast. Thema der Sendung war der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wagenknecht, um die es seit Monaten Gerüchte wegen einer möglichen Parteineugründung gibt, hatte sich im ZDF erneut gegen weitere Waffenlieferungen und für Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit Russland ausgesprochen.

Viel Zuspruch für Historiker Schlögel: „Putins deutsche Sprecherin Wagenknecht“

In der Talkrunde stand sie mit dieser Meinung allein da – insbesondere Karl Schlögel kritisierte Wagenknecht vehement. „Sie sind die Putinsche Stimme in Deutschland, zusammen mit der AfD“, hatte der Historiker der Politikerin vorgeworfen und sie als „Bewirtschafterin der Angst“ bezeichnet.

Der Einschätzung schlossen sich am Montag auch der Sicherheitsexperte Christian Mölling und der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk an. Die Bezeichnung für Wagenknecht sei „passend“, schrieb Mölling bei X. Schlögel habe „klare, treffende Worte in Richtung Putins deutscher Sprecherin Wagenknecht“ gefunden, kommentierte Kowalczuk. Auch der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, lobte Schlögel für die „erfolgreiche Entlarvung der schlecht bedeckten russischen Propaganda“. 

Für Wagenknecht seien derartige Auftritte an sich wichtiger, als sich dabei argumentativ durchzusetzen, schrieb unterdessen der Politikwissenschaftler Carlo Masala. „Sie benutzt diese Bühne, um ihre Leute bei der Stange zu halten. Und man gibt ihr diese Bühne“, erklärte Masala, ebenfalls bei X. 

Unterstützung aus der Linken für Sahra Wagenknecht

SPD-Politiker Michael Roth, der am Sonntagabend als Gast bei „Anne Will“ dabei gewesen war, schrieb am Montag auf X zum Auftritt Wagenknechts, die Linken-Politikerin werde nun trotz großer Redezeit „wieder zum Opfer stilisiert“. Roth bezeichnete Wagenknecht dabei als „Zarin“, die „argumentativ nackt“ dastehe. 

Unterstützung erhielt Wagenknecht für ihren Auftritt von Amira Mohamed Ali. Roth habe offenbar ein Problem damit, „wenn man seiner politischen Linie nicht folgt“, schrieb die Linken-Politikerin bei X. Wagenknecht als „Zarin“ zu bezeichnen, vergifte das „politische Klima“, führte sie aus. Es sei traurig, was aus der SPD geworden sei, „wenn solche Leute die Wortführer sind“.

Auch die Linken-Politikerin Ina Leukefeld unterstützte Wagenknecht. „Ich bin froh, dass die Stimme von Sahra Wagenknecht gehört wurde“, schrieb die ehemalige Landtagsabgeordnete in Thüringen bei X. Die Diskussionskultur sei „unterirdisch“ gewesen.

Sahra Wagenknecht kokettiert mit Gründung von eigener Partei

Die Linken-Politikerin Wagenknecht ist seit Kriegsbeginn immer wieder Gast in politischen Talkshows. Ihre Auftritte sorgten bereits mehrfach für scharfe Kritik von Regierungs- und Oppositionspolitikern, sowie von Russland-Experten. Gemeinsam mit der Publizistin Alice Schwarzer hatte Wagenknecht einen offenen Brief veröffentlicht und sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen.

Mit ihrer eigenen Partei liegt Wagenknecht nicht nur deshalb im Clinch. Die Politikerin hat seit Jahresbeginn vermehrt mit der Gründung einer eigenen Partei kokettiert – und sich dafür Kritik von der Parteiführung der Linken eingehandelt. Zuletzt hatte Wagenknecht erklärt, bis zum Jahresende wolle sie eine Entscheidung in dieser Frage treffen.

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