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Kommentar zur SPDIst die Digitalisierung die letzte Chance für die Partei?

Lesezeit 2 Minuten
SPD Führungsduo

Das neue Führungsduo der SPD: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans

  1. Esken und Walter-Borjans könnten jetzt zu Garanten für die große Koalition bis 2021 werden.
  2. Doch der große Wurf ist der neuen Parteiführung noch nicht gelungen.
  3. Globalisierung, Klimawandel und Digitalisierung stehen der SPD als Herausforderung gegenüber.

Berlin

Das ganz große Votum des SPD-Bundesparteitags gegen die große Koalition ist ausgeblieben. Auch der Leitantrag für die Nachverhandlungen mit der Union ist so gemäßigt ausgefallen, dass klare Sollbruchstellen für die Groko nicht mehr zu erkennen sind.

Ironie der Geschichte: Ausgerechnet die beiden Kandidaten Esken und Walter-Borjans, die liebend gerne aus dem Regierungsbündnis sofort ausgestiegen wären, könnten jetzt sogar zu Garanten für die große Koalition bis 2021. Kanzlerin Angela Merkel dürfte erleichtert sein. Sie dürfte deshalb – auch zum Ärger vieler in ihrer eigenen Partei – der SPD an der einen oder anderen Stelle entgegenkommen.

Machtkämpfe nur aufgeschoben

Doch die Entwarnung für die Groko ist keine Entwarnung für die SPD. Denn der große Wurf ist der neuen Parteiführung noch nicht gelungen. Nur mit Mühe verkleistert der Kompromiss des abgemilderten Leitantrags die Spaltungen in der Partei. Die Regierungswilligen und diejenigen, die eine Erneuerung in der Opposition suchen, stehen sich weiterhin unversöhnlich gegenüber. Die Machtkämpfe sind nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Das spricht nicht für eine große Geschlossenheit und die Erkenntnis, dass die SPD beide Flügel braucht.

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Doch ohne diese Vielfalt haben die Sozialdemokraten keine Chance, die gewohnte starke politische Rolle zu spielen, die der SPD im Nachkriegsdeutschland so lange zugefallen ist. Es droht der Partei sogar der Fall in die Bedeutungslosigkeit, wenn sie wie bisher weiterhin ihr Führungspersonal bei Misserfolgen auswechselt und politische Forderungen erhebt, die bei den Wählern nicht verfangen.

SPD: Die Partei der Digitalisierung?

Der Parteitag unter der neuen Führung von Esken und Walter-Borjans hat es vermieden, der SPD eine klare linke Ausrichtung zu geben. Das ist vernünftig. Aber er hat es verpasst, ein Programm zu formulieren, dass wirtschaftliches Augenmaß mit sozialpolitischer und ökologischer Erneuerung verbindet. Gelegenheit dazu hätte es gegeben: die SPD könnte die Partei der Digitalisierung sein – mit einer Informatikerin an der Spitze. Und auch wirtschaftliche Expertise ist beim Führungsduo vorhanden. Walter-Borjans ist ausgewiesener Finanz- und Wirtschaftsexperte.

Da hätte man konkrete Vorschläge erwarten dürfen, wie sich die SPD auf die Herausforderung von Globalisierung, Klimawandel und Digitalisierung einstellt. Es genügt eben nicht, lediglich der Betriebsrat der digitalen Gesellschaft zu sein. Man muss der neuen Führung fairerweise Zeit geben. Sie muss aber schleunigst damit anfangen, die Herausforderungen anzunehmen, wollen die Sozialdemokraten in Deutschland nicht den abschüssigen Weg ihrer Parteifreunde in Frankreich oder den Niederlanden gehen.