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Nach breiter KritikStreeck präzisiert „tot operiert“-Aussage und fordert Reform der Versorgung Älterer

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Hendrik Streeck stellt klar: Ihm geht es in der Debatte nicht ums Sparen. (Archivbild)

Hendrik Streeck stellt klar: Ihm geht es in der Debatte nicht ums Sparen. (Archivbild)

Nach Wirbel um Aussagen zu teuren Medikamenten für Ältere und Distanz der Regierung legt Streeck nun nach.

In der Diskussion über die medizinische Versorgung älterer Menschen hat CDU-Gesundheitspolitiker Hendrik Streeck seinen umstrittenen Vorstoß erneut erläutert. In einem Gastbeitrag für die „Rheinische Post“ betonte er: „Es geht nicht ums Sparen, sondern darum, Menschen etwas zu ersparen.“ Ziel sei es, Menschen in ihren letzten Lebensphasen verantwortungsvoll zu begleiten, anstatt sie aufgrund falscher Anreize überzuversorgen.

Streeck, zugleich Drogenbeauftragter der Bundesregierung, hatte Anfang der Woche Kritik ausgelöst, als er die Frage aufwarf, ob sehr alten Menschen weiterhin besonders teure Medikamente verschrieben werden sollten. In der Talksendung „Meinungsfreiheit“ von Welt TV erklärte er, in der medizinischen Selbstverwaltung brauche es „klarere und verbindliche Leitlinien, dass bestimmte Medikamente auch nicht immer ausprobiert werden sollten – es gibt einfach Phasen im Leben, wo man bestimmte Medikamente auch nicht mehr einfach so benutzen sollte“.

Gesundheitsministerin Nina Warken stellte in der „Bild“-Zeitung klar: „Im Ministerium wird diese Zielrichtung nicht verfolgt.“ Auch der stellvertretende Regierungssprecher Steffen Meyer sagte, es sei klar, „dass das nicht die Haltung der Bundesregierung ist“. Gerade bei sehr emotionalen Themen und im Bereich Gesundheit sei es sicherlich ratsam, „die Dinge zunächst vernünftig vorzubereiten, anstatt dazu eine öffentliche Diskussion - die wir hier jetzt beenden konnten - zu führen“.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hält Streecks Äußerungen für gesundheitspolitisch nicht stichhaltig. In einer Mitteilung erklärte er: „Hendrik Streeck und die Union versuchen gerade, ein politisches Eigentor schönzureden.“ Wer erst in einer Talkshow über „Vollkasko-Mentalität“ und „All-You-Can-Eat-Gesundheitsversorgung“ spreche und danach behaupte, es sei ihm in Wahrheit um Patientenschutz gegangen, habe vor allem ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Streeck: Menschen werden „tot operiert“

Streeck führte nun aus, Reflex sei oft, dass die Lebensverlängerung immer das höchste Ziel sei. Dabei sei nicht alles, was medizinisch möglich sei, auch menschlich vertretbar. „In Deutschland aber werden ältere, hochfragile Menschen nicht selten „tot operiert“ – nicht aus Böswilligkeit, sondern weil unser System falsche Anreize setzt.“ Ein minimalinvasiver Herzklappenersatz oder eine fünfte Hüftprothese würden allzu oft durchgeführt, ohne dass die entscheidende Frage gestellt werde: Verbessert das das Leben? Oder verlängert es nur Leiden? „Manchmal ist die größere Fürsorge, nicht alles zu tun, was man kann.“

Streeck zufolge steigen die Gesundheitskosten im letzten Lebensquartal exponentiell. „Nur steigt nicht immer die Lebensqualität“, schrieb der CDU-Politiker. „Wenn die Wahrscheinlichkeit zu sterben größer ist, als die zu genesen, dürfen weder Kosten noch theoretische Möglichkeiten entscheiden. Sondern der Wunsch des Menschen. Seine Würde. Sein Frieden.“

Patientenschützer: Voraussetzungen für würdige Alternative nötig

Von der Deutschen Stiftung Patientenschutz hieß es, Streeck fordere zu Recht, dass sterbenskranken Menschen nicht mehr alle möglichen Therapien zugemutet würden.

Dann müsse die Koalition aber auch die Voraussetzungen schaffen, dass das Gesundheitssystem den schwerstkranken und sterbenden Patienten eine würdige Alternative biete, sagte Vorstand Eugen Brysch. (dpa)