Türkei greift in Libyen einRebellen erklären Ankara zur Feind

Chalifa Haftar
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Istanbul – Das NATO-Mitglied Türkei engagiert sich immer stärker in dem Konflikt im nordafrikanischen Bürgerkriegsland Libyen. Mit der Androhung von Militärschlägen gegen die Truppen des Rebellenkommandeurs Chalifa Haftar erreichte Ankara am Montag die Freilassung von sechs türkischen Staatsbürgern in Libyen. Haftar hatte die Türkei zum Feind erklärt. Er macht Ankara für eine schwere Niederlage seiner Libyschen Nationalen Armee (LNA) im Kampf mit der international anerkannten Regierung um die Hauptstadt Tripolis verantwortlich.
Haftars Truppen hatten im April mit einem Angriff auf Tripolis begonnen. Der LNA-Chef wollte mit der Hauptstadt die Macht im ganzen Land übernehmen, das zwischen der UN-gestützten Regierung in Tripolis und einer Gegenregierung im Osten Libyens gespalten ist. Haftars Vormarsch blieb in den Vororten von Tripolis stecken, weil sich Milizen den LNA-Truppen entgegen stellten.
Zum Stellvertreterkrieg geworden
Der Konflikt ist zu einem Stellvertreterkrieg rivalisierender Regionalmächte in dem ölreichen Land geworden. Während Haftar von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Ägypten und Saudi-Arabien unterstützt wird, stärken die Türkei und Katar verschiedenen Milizen den Rücken, die für die Tripolis-Regierung und gegen Haftar kämpfen.
Beide Seiten ignorieren das UN-Waffenembargo für Libyen, wie sich vor wenigen Tagen besonders deutlich zeigte. Bei einem Gegenangriff rund 90 Kilometer südlich von Tripolis nahmen Haftars Gegner die Stadt Gharyan ein, die der LNA als Hauptquartier diente. Bei der Flucht aus Gharyan mussten die LNA-Einheiten viele Waffen zurücklassen – was eindeutige Beweise für die militärische Unterstützung aus dem Ausland ans Tageslicht brachte.
In Gharyan wurden unter anderem moderne amerikanische Panzerabwehr-Raketen aus VAE-Beständen entdeckt. Chinesische Waffen sowie Drohnen seien ebenfalls sichergestellt worden, teilten die regierungstreuen Kampfverbände der „New York Times“ mit. Politisch heikel sind besonders die US-Raketen. Sie waren unter der Bedingung an die VAE geliefert worden, dass sie nicht an Dritte weitergegeben werden.
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Auch die militärische Verwicklung der Türkei könnte Folgen haben. Nach der Niederlage in Gharyan drohte Haftar mit Angriffen auf türkische Flugzeuge und Schiffe. Erst vor zwei Wochen hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigt, dass sein Land die Regierungsseite in Libyen mit Rüstungsgütern unterstützt. Haftars LNA zufolge greift die Türkei mit Soldaten, Flugzeugen und Schiffen zudem auch direkt in den Konflikt ein. Die Türken hätten den LNA-Feinden beim Gegenangriff auf Gharyan mit Artilleriefeuer und Luftunterstützung geholfen, erklärte Haftars Truppe. Deshalb seien türkische Schiffe und Flugzeuge ab sofort „legitime Ziele“. Medienberichten zufolge umfliegen Maschinen der türkischen Fluggesellschaft Turkish Airlines den libyschen Luftraum.
Erdogan betonte mit Blick auf Haftars Drohungen gegen türkische Interessen, sein Land werde notfalls „noch ganz anders“ reagieren. Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte, die Antwort der Türkei auf mögliche Angriffe werde „wirksam und heftig“ ausfallen.