MeinungsumfrageNRW-Check zeichnet das Bild einer unzufriedenen Gesellschaft

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Impfpflicht

Impfgegner und Kritiker der Corona-Maßnahmen sind in der Minderheit – und sorgen doch für Spaltung

  • Wie ist die Stimmung in Nordrhein-Westfalen drei Monate vor der Landtagswahl?
  • Die zweite Auswertung der Forsa-Umfrage zeichnet ein düsteres Bild für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Schulpolitik.

So allgegenwärtig wie die Maske im Gesicht zeigt sich die Corona-Pandemie erneut als das Problem, das die Menschen in Nordrhein-Westfalen (NRW) am meisten beschäftigt. Das zeigt die zweite vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführte repräsentative Befragung für 38 Zeitungen in NRW erneut. Als eines der „größten Probleme in NRW“ sahen 69 Prozent der Befragten das Thema in verschiedenen Ausprägungen (Mehrfachnennungen waren möglich) - darunter die Corona-Beschränkungen, die Impfungen oder der Einfluss der Maßnahmen-Gegner. Ein großer Teil glaubt, dass das gesellschaftliche Miteinander auch nach der Pandemie beschädigt sein wird.

Und trotzdem: Im Vergleich zur ersten Befragung im Dezember haben andere Themen bei der Frage nach den größten Problemen in NRW aufgeholt. 23 Prozent sahen demnach Probleme im Bereich Bildung, 21 Prozent gaben an, dass Verkehr und Mobilität besonders problematisch seien. Mehr Bedeutung gewannen den Auswertungen zufolge auch Themen wie der Klima- und Umweltschutz, der Strukturwandel und die Wirtschaft . Erstmals mit in die Liste der Probleme aufgenommen wurde der Aspekt „Öffentliche Finanzen und Verschuldung“.

Spaltung der Gesellschaft

Sie sind in der Minderheit, das glauben die meisten der Befragten (71 Prozent), und haben dennoch folgenschwere Wirkung für das gesellschaftliche Miteinander: Querdenker, Impfgegner und Maßnahmen-Skeptiker. Wie aus den Forsa-Auswertungen hervorgeht, glauben 55 Prozent der Befragten, dass das Zusammenleben in der Gesellschaft auch nach der Pandemie durch das Handeln dieser Gruppen beschädigt bleibt. Bilder vom Sturm auf den Reichstag, Angriffe auf Polizei und Presse und Aufmärsche vor den Häusern von Politikern haben Eindruck hinterlassen.

Dabei sind sich die Befragten insgesamt uneins, ob die Politik im Land NRW angemessen mit den Anliegen der Gegner der Corona-Maßnahmen auseinandersetzt. 43 Prozent sind der Auffassung ihnen werde zu viel Aufmerksamkeit gegeben, 21 Prozent finden den Umgang genau richtig und 23 Prozent sind der Meinung, die Politik beschäftige sich zu wenig mit den Anliegen der Maßnahmen-Gegner. Diese Meinung wird vor allem von Anhängern der AfD geteilt. Auf die Frage, wie sich der Zusammenhalt der Menschen in NRW in den vergangen zwei Jahren verändert hat, gaben 51 Prozent der Befragten an, dass er schwächer geworden sei, nur zehn Prozent nahmen einen stärkeren Zusammenhalt wahr.

Insgesamt zeigt hingegen eine große Mehrheit von 74 Prozent kein Verständnis für Menschen, die eine Impfung gegen das Coronavirus ablehnen. Nur 23 Prozent verstehen, wenn andere die Impfung verweigern.

Corona-Beschränkungen

Waren 63 Prozent der Befragten in NRW bei der letzten Umfrage noch der Meinung, dass die Corona-Maßnahmen nicht weit genug gingen, hat sich diese Einstellung nun deutlich verändert. Mittlerweile halten 39 Prozent die Regeln für angemessen, nur noch 30 Prozent sind der Meinung sie gingen nicht weit genug. Mittlerweile sagt ein Viertel der Befragten (25 Prozent), dass die Maßnahmen zu weit gehen - ein Plus von 15 Prozentpunkten.

Auch bei der Frage, ob es bei steigenden Fallzahlen einen Lockdown geben sollte, hat sich die Meinung der Befragten etwas verschoben. 51 Prozent sprechen sich dafür aus, 13 Prozent weniger als bei der letzten Befragung. Dagegen sind mittlerweile 43 Prozent (vormals 32 Prozent). Recht einig sind sich die Teilnehmenden der Umfrage, was die Einheitlichkeit der Maßnahmen betrifft. Hier sagt eine Mehrheit von zwei Dritteln (66 Prozent), dass die Regeln bundesweit gelten sollten, nur 29 Prozent sind der Ansicht, dass Corona-Maßnahmen Ländersache sein sollten. Weniger eindeutig war die Meinung der Befragten zu Schulschließungen: 50 Prozent spricht sich in jedem Fall dagegen aus, 41 Prozent dafür.

Schulpolitik

Wie sehr das Thema allerdings einen Nerv trifft, zeigt der Anstieg bei den Befragten, die angaben, dass die Bildung zu den größten Problemen zählt. Hierfür sprachen sich 23 Prozent der Befragten aus, im Dezember waren es 14.

Deutlich sind auch die Antworten auf die Frage zur Schulpolitik in NRW. 73 Prozent der Befragten aus sämtlichen Regionen-, Bevölkerungs- und Wählergruppen gaben an, mit der Schulpolitik nicht zufrieden zu sein. Nur 13 Prozent waren zufrieden. Diese Meinung zeigt sich noch einmal deutlich bei der Frage nach der Zufriedenheit mit dem Corona-Management der Landesregierung im Hinblick auf die Situation an den Schulen: 74 Prozent gaben an unzufrieden zu sein. Dieses Phänomen ist allerdings weder NRW-spezifisch, noch allein der Corona-Pandemie geschuldet.

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Dennoch hat die Unzufriedenheit mit der Schulpolitik Konsequenzen auf die Bewertung der Kompetenz der Politiker aus: Nur 29 Prozent der Befragten sahen das Land NRW bei Schulministerin Gebauer „in guten Händen“. Zum Vergleich: Ministerpräsident Wüst kam auf einen Mittelwert von 52,1 Prozent, Thomas Kutschaty auf 45,4 Prozent und, allen voran, Herbert Reul auf 60 Prozent.

Verkehr und Mobilität

Einen deutlichen Zuwachs bei der Bewertung der größten Probleme in NRW im Vergleich zur Dezember-Umfrage zeigen die Antworten der Befragten bei den Themen Verkehr und Mobilität. Hier sahen 21 Prozent eines der größten Probleme, im Dezember waren 14. Hier drin sahen vor allem Menschen ein Problem, die 60 Jahre und älter sind(27 Prozent).

Klima- und Umweltschutz

Einen leichten Anstieg gab es bei der Bewertung von Klima- und Umweltschutz als Problem in NRW. Hierfür stimmten 15 Prozent der Befragten, zwei Prozent mehr als im Dezember. Ein Viertel (25 Prozent) der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren sahen hier das größte Problem. Diese Altersgruppe bewertet auch die Folgen der Flut mit 12 Prozent problematischer als andere . Insgesamt hat sich die Einschätzung der Flutfolgen im Vergleich zum Februar allerdings nicht verändert - sechs Prozent sehen dort weiterhin ein großes Problem für NRW.

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