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Von Rechten unterwandertWer wirklich hinter den „Querdenker“-Demos steckt

Lesezeit 3 Minuten
Querdenker Demo in Leipzig

Teilnehmer der Demonstration der Initiative "Querdenken" in Leipzig

Düsseldorf – Mit zunehmender Sorge beobachtet der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz die coronabedingte Verbindung aus Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten. „Hier besteht die Gefahr, dass durch die krude Ideologie eine Radikalisierung Einzelner ausgelöst wird, die dann auch zu schwersten und auch zu terroristischen Gewalttaten führen kann“, sagte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums. „Verschwörungsnarrative und extremistische Einstellungen bilden eine unheilige Allianz“, betonte sie.

Extremisten unter den Gruppenmitglieder zu finden

Zu sehen sind diese Verbindungen unter anderem bei den Demonstrationen der sogenannten Corona-Rebellen und Querdenker. Insbesondere bei Versammlungen mit mehr als 100 Teilnehmern beteiligten sich auch regelmäßig Rechtsextremisten, heißt es beim Verfassungsschutz. Allein zwischen dem 17. März bis Anfang September wurden demnach in NRW rund 350 Versammlungen mit Corona-Bezug angemeldet. „Wir haben mit dem Zählen der Demos im September aufgehört, weil die Proteste abflauten“, so die Sprecherin. Nun aber häufen sich die Demonstrationen wieder – wie zuletzt in Leipzig. Dort hatten sich am Samstag mindestens 20 000 „Querdenker“ versammelt. Obwohl Aufzüge derzeit gemäß Corona-Schutzverordnung gar nicht erlaubt sind, ließ die Polizei die Menge gewähren – von Abstand und Masken war nichts zu sehen.

Zu Beginn der Corona-Proteste wurden drei Versammlungen von Rechtsextremisten organisiert. „Dabei waren auch zwei führende Reichsbürger, die unter anderem als Redner bei Versammlungen in Düsseldorf und Duisburg auftraten und zum Teil auch symbolisch die Reichsflagge präsentierten“, so die Beobachtungen des Verfassungsschutzes. „Bei den Demonstrationen finden sich demnach auch immer wieder Personen aus der rechtsextremistischen Szene sowie aus dem Reichsbürgerspektrum, die die Gelegenheit nutzen, Ängste und Zweifel der Teilnehmer aufzugreifen“, heißt es in den Ausführungen des Verfassungsschutzes.

Der Inlandsnachrichtendienst ordnet die Corona-Rebellen bundesweit einer Vielzahl virtueller Gruppen zu; diese Gruppen finden sich vor allem auf dem sozialen Messenger-Dienst Telegram. Einer der Administratoren der zentralen Gruppe von Corona-Rebellen in Nordrhein-Westfalen ist den Sicherheitsbehörden zufolge vermutlich ein Reichsbürger aus Jüchen. „Diese Gruppe hat zurzeit rund 2900 Mitglieder und zudem eine Vielzahl von Untergruppen, zum Beispiel in Bochum, Essen, oder im Kreis Düren. Die Gruppen dienen im Wesentlichen der Planung von Aktionen in der Öffentlichkeit und der Verbreitung von Verschwörungsmythen“, heißt es beim Verfassungsschutz.

Die Mitglieder der verschiedenen Gruppen setzten sich unter anderem aus Verschwörungstheoretikern und Extremisten zusammen. Demnach teilten beispielsweise einzelne rechtsextremistische Organisationen die Aktion der Corona-Rebellen in den sozialen Netzen und riefen zum Mitmachen auf. Dabei ruft der Bundesvorstand der rechtsextremistischen Partei „Die Rechte“ laut Verfassungsschutz seine Mitglieder auf, keine eigenen Veranstaltungen anzumelden, sondern sich an anderen Protestversammlungen zu beteiligen. „Diese Aufrufe der rechtsextremistischen Parteien machen deutlich, dass die Kritik an den Schutzmaßnahmen instrumentalisiert werden soll, um die freiheitliche demokratische Grundordnung zu delegitimieren. Rechtsextremisten wollen die Proteste gegen die Regierungspolitik zu einem Widerstand gegen das System überführen“, so die Beurteilung des Verfassungsschutzes.