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Lob für SchulstreiksWehrdienstreform beschlossen – Pistorius attackiert AfD-Politiker

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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht am Freitag (5. Dezember) im Bundestag.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht am Freitag (5. Dezember) im Bundestag.

Der Bundestag hat über das neue Wehrdienstgesetz abgestimmt. Boris Pistorius äußerte sich in der Debatte zu Schulstreiks und AfD.

Der Bundestag hat am Freitag (5. Dezember) die Wehrdienstreform beschlossen. Bei 596 abgegeben Stimmen gab es 323 Ja-Stimmen, 272 Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Bereits zuvor hatte das Gesetz eine Handzeichen-Mehrheit bekommen, dann folgte die von der AfD beantragte namentliche Abstimmung. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuvor im Bundestag um Zustimmung für den neuen Wehrdienst geworben.

Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit, Religionsfreiheit und der Staat „schützen sich nicht von alleine“, sagte der SPD-Politiker vor der geplanten namentlichen Abstimmung über das Gesetz. „Das müssen Menschen tun, die bereit sind, für ihn einzutreten und nicht die, die hinter dem Gartenzahn stehen und darauf warten, dass andere das machen.“

Boris Pistorius: „Schrittmacher der Verteidigung in Europa“

Der Bundestag debattierte Pläne der Bundesregierung, die eine verpflichtende Musterung junger Männer sowie die Wiedereinführung der Wehrerfassung vorsehen.

„Wir, Deutschland, sind längst zum Schrittmacher der Verteidigung in Europa geworden“, sagte Pistorius. Mit unserer Einigung zum Wehrdienstgesetz gehe Deutschland einen weiteren entscheidenden Schritt für die Verteidigungsfähigkeit.

Verteidigungsminister lobt Proteste von Schülern und jungen Leuten

Zugleich sei klar, dass es Diskussionen geben müsse. Es sei „großartig“, dass Schüler und junge Leute streiken und demonstrieren und sich damit einbringen, erklärte Pistorius. „Und gleichzeitig weiß ich aus unzähligen Gesprächen im Land, mit jungen Leuten, mit Besuchergruppen und Schulklassen. Es sind viel mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen, als uns Teile des Parlaments oder Teile der Öffentlichkeit glauben machen wollen“, fügte der Verteidigungsminister hinzu. „Es gibt das Gefühl für Verantwortung.“

Tatsächlich findet eine Mehrheit der Deutschen das neue Musterungsmodell gut, das ergab eine YouGov-Befragung im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa. 62 Prozent der rund 2400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklärte demnach, dass sie den Plänen der Bundesregierung zur zunächst freiwilligen Musterung „eher“ oder „voll und ganz“ zustimmen. 31 Prozent lehnten die Pläne derweil „eher“ oder „voll und ganz“ ab. Sieben Prozent machten keine Angaben. 

Umfrage: Mehrheit der Deutschen für neues Musterungsmodell

Einschränkungen gibt es jedoch bei der geplanten „Bedarfswehrpflicht“ für den Fall, dass sich nicht genug Freiwillige finden. Nur noch 53 Prozent der Befragten sprachen sich „voll und ganz“ oder „eher“ dafür aus. 37 Prozent halten das Vorhaben derweil für „voll und ganz“ oder „eher“ unangemessen.

Norbert Röttgen (CDU) spricht in der Sitzung des Bundestags zur Modernisierung des Wehrdienstes.

Norbert Röttgen (CDU) spricht in der Sitzung des Bundestags zur Modernisierung des Wehrdienstes.

Vor Pistorius hatte auch CDU-Politiker Norbert Röttgen für das neue Wehrdienstgesetz geworben. Der Krieg sei „eine Realität, die Tod, Zerstörung, Leid seit nahezu vier Jahren schafft. Und wir haben die US-Regierung in dieser Lage nicht mehr an unserer Seite“, warnte Röttgen. Die Bundesregierung habe „anders als die AfD keinen Zweifel“ daran, dass mit diesem Krieg „die Freiheit und der Frieden in ganz Europa bedroht ist“, hieß es von dem CDU-Politiker. 

Kritik von AfD und Linken: „Junge Menschen haben anderes vor“

Von AfD und Linken gab es unterdessen Kritik am Wehrdienstgesetz. „Junge Menschen haben anderes vor, als für die Reichen ihren Kopf hinzuhalten“, erklärte etwa Linken-Politikerin Desiree Becker und appellierte an die Jugend: „Geht auf die Straße, streikt gegen den Wehrdienst!“

Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen kritisiert das Wehrdienstgesetz als zu kleinen Wurf und plädierte für nationalistischen Anstrich. „Der deutsche Soldat muss wissen, wofür er kämpft“, erklärte Lucassen und sprach von einer 200-jährigen Tradition in Deutschland, dass Soldatinnen und Soldaten für ihr Land und nicht für eine Regierung kämpfen würden. Wofür deutsche Soldaten in diesem Zeitraum auch gekämpft haben, ließ Lucassen derweil unerwähnt. 

Von Pistorius gab es derweil scharfen Widerspruch für den AfD-Politiker. „Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, in welche Richtung diese Fraktion unser Land führen will, dann ist völlig klar geworden: Es geht nur rückwärts“, sagte der Verteidigungsminister mit Blick auf Lucassens Ausführungen. (mit dpa)