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JudentumZentralratspräsident: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

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Der Davidstern ist in einem Fenster der neuen Synagoge von Schwerin zu sehen.

Der Davidstern ist in einem Fenster der neuen Synagoge von Schwerin zu sehen.  

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden Sorgen. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte.

Eine Regierungsbeteiligung der AfD würde nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Zukunft des deutschen Judentums ernstlich bedrohen. „Dann müssten der Zentralrat und ich als sein Präsident uns die Frage stellen, ob wir nicht jüdische Menschen in Deutschland zur Auswanderung auffordern müssen“, sagte Schuster der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag).

„Klar, ich hoffe, dass das nicht eintritt, aber wenn, welches glaubhafte Signal sollte es dann noch geben, dass jüdisches Leben in Deutschland weiter als gesichert angesehen werden kann?“, so Schuster weiter. In den 1930er Jahren hätten sich Juden in Deutschland sicher und integriert gefühlt. „Und wir wissen, wohin es geführt hat.“ Es dürfe nicht dazu kommen, dass Juden aus falschem Vertrauen wieder in eine unvorhersehbare Situation gerieten.

Gegen „Schlussstrich-Mentalität“

In Deutschland gebe es eine lebendige Erinnerungskultur, auch wenn nicht überall einheitlich gut verankert. „Für die Schlussstrich-Mentalität habe ich kein Verständnis“, betonte Schuster auch mit Blick auf zunehmende Wissenslücken über die Schoah. Wenn 15 Prozent der jungen Menschen in Deutschland heute glaubten, im Holocaust seien nicht sechs, sondern zwei Millionen Jüdinnen und Juden ermordet worden, seien die Schulen gefordert. „Aber auch die Gesellschaft insgesamt.“

Beim Antisemitismus habe sich in Deutschland nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Gaza-Krieg eine Querfront gebildet, beklagte Schuster. „Linksextremer, muslimisch-islamistischer und rechtsextremer Judenhass, und das Ganze geht bis in die Mitte der Gesellschaft.“ Hier habe eine Entwicklung, die offensichtlich unterschiedlich verlaufen sei, jetzt ein Ventil gefunden. (kna)