Eine Radlerin fährt im Dunkeln falsch – und kollidiert mit einem Auto. Wer dafür zu welchen Anteilen haftet, musste ein Gericht klären.
Unfall mit AutoFalsch auf Gehweg geradelt: Bekommt Frau Schmerzensgeld?

Wie konnte das passieren? Im Nachgang eines Unfalls muss der Hergang rekonstruiert werden - oft entsteht Streit über die Schuldfrage und den Haftungsanteil.
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Wer als Erwachsener verkehrswidrig auf dem Gehweg – und dazu noch in falscher Richtung – radelt, kann nicht damit rechnen, nach einem Unfall mit einem Auto Schadenersatz zu bekommen. Das gilt selbst dann, wenn das Auto aus einer eigentlich untergeordneten Straße einfahren wollte. Das zumindest zeigt eine Entscheidung (Az.: 12 O 23/23) des Landgerichts Frankfurt/Oder, auf welche die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hinweist.
Im konkreten Fall ging es um einen Streit, den eine verunfallte Radlerin mit der Versicherung einer Autofahrerin führte. Die Radlerin war auf dem linken Gehweg einer Straße gefahren – entgegen der Fahrtrichtung und bei Dunkelheit. Die Straße, deren Gehweg sie verbotenerweise entlang radelte, war vorfahrtsberechtigt. An einer Einmündung kollidierte sie mit dem Auto einer Frau, die an einem Stoppschild in die Hauptstraße einfahren wollte.
Schadenersatz und Schmerzensgeld - und künftige Ansprüche
Die verunfallte Frau verklagte die Versicherung der Autofahrerin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sie wollte zudem aufgrund der Verletzungen auch für künftige materielle und immaterielle Schäden Ansprüche geltend machen. Sie war überzeugt, dass der Unfall für sie unvermeidbar gewesen wäre, wollte sich aber aufgrund ihrer verbotenen Fahrt auf dem Gehweg eine Mithaftung von 50 Prozent anrechnen lassen.
Doch das hatte vor Gericht am Ende keinen Erfolg. Die Klage wurde vollständig abgewiesen. Bei der Anhörung gab die Radlerin an, dass sie das Auto hatte stehen sehen. Sie wartete aber nicht, bis dieses am Stoppschild abgefahren war. Sondern sie fuhr einfach weiter – ungebremst, wie Zeugen im Nachgang aussagten. Vermutlich hatte sie verkehrswidrig angenommen, Vorfahrt zu haben.
Der Umstand der verbotswidrigen Fahrt auf dem Gehweg und das ungebremste Einfahren wertete das Gericht als rücksichtslose Fahrweise – und stellte die Alleinschuld der Radlerin fest. Diese hätte so massiv gegen geltende Verkehrsregeln verstoßen, dass selbst die Betriebsgefahr des Autos dahinter zurücktrat.
Die vorfahrtsberechtigte Straße spielte keine Rolle
Zwar war die Straße des Gehwegs vorfahrtsberechtigt. Aber keinesfalls könne deshalb ein Radfahrer, der verbotswidrig und in falscher Richtung auf den Gehweg der Straße fahre, Vorfahrt für sich beanspruchen, hieß es in der Gerichtsmitteilung.
Zwar gab es auch Streit zwischen den Parteien, ob die Radlerin Licht angeschaltet hatte oder nicht. Doch aufgrund der unstrittig festgestellten Verkehrswidrigkeiten spielte das keine Rolle bei der Entscheidung.
Zum Hintergrund: Für Erwachsene ist das Befahren eines Gehwegs mit dem Fahrrad grundsätzlich verboten. Ab einem Alter von zehn Jahren darf man nicht mehr auf dem Gehweg radeln. Ein Elternteil oder eine andere Aufsichtsperson ab 16 Jahren darf allerdings ein radelndes Kind unter acht Jahren auf dem Gehweg begleiten. (dpa)