«Mama, Papa, ich will ausziehen!» Manche Eltern müssen da erst einmal schlucken, andere atmen erleichtert auf. So oder so: Diesen wichtigen Schritt können Eltern und Kind gemeinsam angehen.
Flügge werdenWie der Auszug des Kindes gelingt

Ein gelungener Abschied stärkt die Bindung: Wer gut gehen kann, weiß auch, wo er willkommen ist.
Copyright: Zacharie Scheurer/dpa-tmn
Wenn Kinder flügge werden, suchen sie ihren eigenen Weg. Und das geht meist besser, wenn sie nicht mehr daheim leben. Auch wenn es schwerfällt, sollten sich Eltern bewusst werden: „Erziehung hat von Beginn an die Selbstständigkeit im Blick, heute mehr denn je“, sagt Orientierungs-Coachin Katja von Glinowiecki.
In der Regel zögen Kinder von zu Hause aus, wenn die erste Ausbildung, oft sei das die Schulzeit, abgeschlossen ist, erklärt die Coachin. Von selbst ergibt es sich zum Beispiel, wenn junge Leute die Zusage für einen Studienplatz aus einer anderen Stadt bekommen.
Finanzielle Aspekte im Vorfeld besprechen
„Der Haken ist oft der finanzielle Aspekt“, sagt Katja von Glinowiecki. „Kann ich es mir leisten, auszuziehen? Wo kommt die Miete her? Gut ist, wenn über solche Dinge immer schon offen in der Familie gesprochen wurde.“
Das heißt, dass das Bewusstsein, was Dinge kosten und was man sich leisten kann und will, nach und nach im Alltag wächst. Dann fällt es leichter, alle Möglichkeiten miteinander durchzugehen.
Eltern, die blind alles zahlen, helfen ihren Kindern nicht
Denn egal, ob es in eine WG oder eine eigene Wohnung gehen soll, die Eltern hängen bei der Finanzierung oft mit drin. „Es sollte um zwei Fragen gehen: Was brauchst du? Was können wir?“, sagt Elisabeth Raffauf, Diplom-Psychologin und Autorin. Haben die Eltern viel Geld, kann man die zweite Frage abwandeln in: Was halten wir für richtig? „Wenn die Eltern blind alles zahlen, lernen die Kinder nicht wirklich, selbstständig zu werden.“
Eltern, denen das möglich ist und die gerne vorausschauend planen, haben vielleicht mit Blick auf einen Auszug schon Geld beiseitegelegt. Oder der Nachwuchs selbst hat mit Jobs etwas angespart. Nicht nur bezüglich der Finanzen ist eines tröstlich: Auszug ist ein Prozess. Vom ersten Plan bis zur Umsetzung vergeht Zeit, in der Dinge ausgelotet, geklärt und entschieden werden können.
Nachwuchs mitdenken lassen
Offen und ehrlich reden ist auch das A und O, wenn es an die Einrichtung des eigenen WG-Zimmers oder der kleinen Wohnung geht. Eltern müssen akzeptieren, wenn das Kind nicht den ausrangierten Tisch von Tante Trude in der Küche stehen haben will.
Die jungen Erwachsenen wiederum sollten Angebote aus dem Familien- und Bekanntenkreis durchaus wertschätzen, sich aber auch auf ihren eigenen Geschmack verlassen. „Man kann zweierlei tun: Sich einerseits für das Angebot bedanken und gleichzeitig für sich selbst wissen: Will ich das oder gefällt mir das gar nicht?“, sagt Psychologin Raffauf.
Fällt Kinder der Auszug leicht, ist die Bindung meist gut
Wenn Kindern ein Auszug leichtfällt, dürfen Eltern ihrer Ansicht nach eines wissen: „Das ist eine Bestätigung dafür, dass sie ganz viel richtig gemacht haben. Denn Kinder können gut gehen, wenn die Bindung gut ist und sie wissen: Ich kann jederzeit nach Hause kommen, aber meine Eltern freuen sich auch, wenn es mir ohne sie gut geht“, erklärt Elisabeth Raffauf. (dpa)