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Smartphone als Teil der BeziehungMein Mann ist nur noch am Handy – Was kann ich tun?

4 min
Eine junge Frau ist traurig und beleidigt von ihrem Partner. Der sitzt neben ihr auf der Couch und schaut auf sein Handy.

Aus dem Alltag fast nicht mehr wegzudenken: Das Handy als Dritter im Bunde.

Das Handy als selbstverständlicher Mitbewohner und Teil der Beziehung: Elisabeth Raffauf erklärt, wie man den Dritten im Bunde einschränkt.

Mein Mann hat sich seit einiger Zeit verändert. Er ist nur noch am Handy, und ich habe das Gefühl, dass er sich immer weiter von mir entfernt. Wenn ich ihm sage, er soll es mal weglegen, komme ich mir vor, als wäre ich seine Mutter. Das will ich auch nicht. Aber was kann ich sonst tun?
(Erika, 48 Jahre)

Was Sie schildern, erleben nicht wenige Paare: das Handy als selbstverständlicher Mitbewohner, Teil der Beziehung, Dritter im Bunde, der immer da ist. Durch das Handy ist man nie mehr wirklich zu zweit. Das Gefühl, das sich dann einstellt: Da schiebt sich etwas zwischen uns und schafft Distanz.

Klar, letztendlich schieben wir selbst es zwischen uns und andere Menschen. Die Wirkung auf das Gegenüber, in Ihrem Fall auf Sie, kann umso verletzender sein: Es gibt offenbar etwas Wichtigeres für meinen Partner, als mit mir zu sprechen, sich mir zuzuwenden, mit mir in Kontakt zu sein. Ihr Partner scheint das in dem Moment gar nicht richtig zu bemerken.

Das ist Alltag geworden, egal, wo wir hinschauen: in der Bahn, im Freundeskreis, im Restaurant, wenn Eltern mit ihren Kindern zusammen sind, morgens beim Aufwachen, abends beim Abendessen und nachts im Schlafzimmer. Der direkte Kontakt wird dadurch massiv behindert.

Die „Quengelrolle“ möchte man in der Beziehung nicht haben

Was tun, wenn man in der Beziehung, im Raum zu zweit nicht mehr die ungeteilte Aufmerksamkeit hat? Ihr Gedanke, ihren Partner nicht zu ermahnen, weil Sie sich dann vorkämen „wie seine Mutter“, ist total verständlich. Und genau das würde auch passieren: Sie gerieten in die „Quengelrolle“, würden von Ihrem Mann als lästig und nervig wahrgenommen, weil er ja gerade gut beschäftigt ist. Er wiederum käme in die Rolle des Kindes, dem gerade sein Spielzeug nicht gegönnt wird. Diesen „Vibe“ möchte man in der Beziehung nicht haben, und das ist auch gut so.

Aber was dann? Natürlich ist es notwendig, darüber zu sprechen, sonst verfestigen sich Ihr Frust, Ihr Gefühl der Entfremdung und des Unwichtigseins. Suchen Sie sich also einen Moment, in dem Ihr Mann gerade nicht aufs Handy schaut und Sie entspannt zusammen sind. Manchmal ist es hilfreich, spazieren zu gehen. Und dann sprechen Sie erstmal von sich: wie es Ihnen geht. Erzählen Sie, dass Sie sich außen vor und unbeachtet fühlen und dass Sie sich mehr persönlichen, direkten Kontakt ohne diese „dritte Person“ im Raum wünschen. Fragen Sie Ihren Mann, wie es ihm geht, wenn er mit dem Handy neben Ihnen sitzt. Vielleicht erzählt er, dass das so ein Automatismus sei oder dass er beruflichen Druck hat und immer gucken müsse, ob irgendetwas los ist. Oder er sagt, dass er sich so gut entspannen könne.

Das wären dann für Sie schon mal Hinweise, dass er sich nicht so verhält, um Ihnen aus dem Weg zu gehen und gezielt keinen Kontakt mit Ihnen aufkommen zu lassen.

Die richtig hohe „Beziehungsgesprächs-Kunst“

Wenn Sie das geklärt haben, öffnet sich vielleicht ein Fenster, um über Ihre Beziehung zu sprechen. Darüber, wie Sie beide darauf gucken und wie Sie sie gestalten möchten, was Sie sich vielleicht wünschen. Das wäre schon die richtig hohe „Beziehungsgesprächs-Kunst“.

In jedem Fall würde durch so ein Gespräch erstmal das Bewusstsein Ihres Mannes für das Ausmaß und die Wirkung der Handy-Nutzung geschärft. Vielleicht gelingt es Ihnen sogar, gemeinsam zu überlegen, wie Sie in Zukunft beide damit umgehen können. Können Sie, wenn Sie ein Störgefühl haben, ihrem Mann direkt ein Zeichen geben? Dann könnte er, wenn er trotz Ihrer Anwesenheit länger am Handy ist, kurz etwas dazu sagen, was er gerade macht – und warum.

Gehen Sie davon aus: Es wird nicht gelingen, dass Ihr Mann sein Handy immer weglegt, wenn Sie mit im Raum sind. Aber das ist vielleicht auch nicht nötig. Wenn Ihnen beiden die Wirkung einer längeren Handy-Nutzung in Anwesenheit des anderen bewusst ist, dann können Sie anders damit umgehen. Und sich vielleicht auch einen Spaß daraus machen, sich dann öfter mal ganz bewusst anzuschauen – nur Sie beide, Auge in Auge.


Zur Kolumne

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung: die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner, die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sowie Sexualberaterin Gitta Arntzen. Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.