In Sachen LiebeDie Eltern streiten, ich würde gerne eingreifen – aber ist das auch klug?

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Junge Frau streitet auf dem Sofa mit ihrer Mutter.

Unsere Kolumnistin beantwortet die Frage einer Leserin, ob sie sich in einen Konflikt ihrer Eltern einmischen darf. (Symbolbild)

Konflikte der Eltern belasten häufig erwachsene Kinder noch. Psychotherapeutin Carolina Gerstenberg gibt in unserer Kolumne deeskalierende Tipps.

Meine Mutter lässt sich von meinem Vater bevormunden und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden. Ich finde das sehr belastend und frage mich, ob ich mich als Tochter einmischen darf. (Jana, 28 Jahre)

Die elterliche Beziehung bildet das Fundament vieler Familien. Konflikte zwischen den Eltern können Kinder auch als Erwachsene beeinflussen und vor große emotionale Herausforderungen stellen. Wenn es darum geht, dass ein Elternteil das Gefühl hat, von dem anderen bevormundet zu werden, kann das als Kind beunruhigend sein, dies zu beobachten. Und führt häufig zu Ihrer Frage, ob es angemessen sei, sich in die elterlichen Angelegenheiten einzumischen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es Sie sehr belastet, mit anzusehen, wie Ihre Mutter unterdrückt wird, und dass Sie sich für sie einsetzen möchten. Gleichzeitig möchten Sie wahrscheinlich Ihrem Vater gegenüber loyal sein und für Neutralität und Frieden sorgen. Dadurch fühlen Sie sich hin- und hergerissen.

Psychotherapeutin rät, nur mit Mitgefühl und Respekt vorzugehen

Die Dynamik innerhalb einer Familie kann komplex und vielschichtig sein. Wichtig ist zu betonen, dass jedes Familienszenario einzigartig ist und dass es auf Ihre Frage keine allgemeingültige Antwort gibt. Jede Familie ist einzigartig, und die beste Vorgehensweise kann stark von den individuellen Umständen abhängen. Dazu gehört die Art der Beziehung zwischen den Eltern oder die Kultur der Familie. Hier sind jedoch einige Überlegungen, die Ihnen helfen können, eine fundierte Entscheidung zu treffen:

Beobachten und reflektieren: Bevor Sie handeln, nehmen Sie sich Zeit, die Situation Ihrer Eltern anzuschauen und zu verstehen. Fragen Sie sich, ob es sich um vorübergehende Spannungen oder um ein tiefergehendes Problem handelt. Versuchen Sie auch, Ihre eigenen Gefühle zu erkennen und zu akzeptieren. Es ist normal, besorgt oder verunsichert zu sein, wenn Spannungen in der elterlichen Beziehung auftreten.

Den Dialog suchen: Ein offenes und ehrliches Gespräch mit beiden Eltern kann oft Klarheit schaffen. Hierbei geht es nicht darum, die Eltern zu konfrontieren oder zu kritisieren, sondern vielmehr darum, Verständnis für ihre Perspektiven zu gewinnen und möglicherweise gemeinsame Lösungen zu finden. Oft hilft allein schon das Wissen, dass jemand zuhört und Verständnis zeigt.

Kommunikation fördern: Ermutigen Sie Ihre Eltern, miteinander zu sprechen. Eine offene Kommunikation kann helfen, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und gemeinsam nach Kompromissen zu suchen. Zeigen Sie Verständnis für beide Perspektiven, und betonen Sie den hohen Stellenwert eines respektvollen Dialogs. Es ist dabei wichtig, sich bewusst von der Rolle des Vermittlers oder Richters zu distanzieren und klare Grenzen zu setzen. Konzentrieren Sie sich darauf, die Kommunikation zu fördern, anstatt Partei zu ergreifen.

Professionelle Hilfe vorschlagen: Wenn die Konflikte zwischen Ihren Eltern anhalten und sich negativ auf die Familie auswirken, könnte es ratsam sein, professionelle Hilfe in Betracht zu ziehen. Ein Familientherapeut oder Mediator kann dazu beitragen, Konflikte konstruktiv anzugehen.

Auf Selbstfürsorge achten: Letztendlich ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass Sie nicht die Verantwortung für die Beziehung Ihrer Eltern tragen. Sorgen Sie dafür, dass Sie sich abgrenzen und sich nicht zu sehr in die Konflikte Ihrer Eltern hineinziehen lassen. Konzentrieren Sie sich auch auf Ihre eigene emotionale Gesundheit. Suchen Sie bei Bedarf Unterstützung bei Freunden, anderen Familienmitgliedern oder einem Vertrauten.

Häufig ist es hilfreich, eine unterstützende Rolle einzunehmen, die auf Verständnis, Empathie und der Förderung einer gesunden Familienkommunikation basiert. Das Wichtigste aber ist, mit Mitgefühl und Respekt vorzugehen, sowohl gegenüber den Eltern als auch gegenüber sich selbst.


Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.

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