„Mama geht tanzen“ in KölnDrei Stunden Ekstase – Von 20 bis 23 Uhr mit Müttern auf der Tanzfläche

Lesezeit 6 Minuten
Eindrücke von der erfolgreichen Partyreihe "Mama geht tanzen" im Clubbahnhof Ehrenfeld.

Eindruck von der erfolgreichen Partyreihe „mamagehttanzen“ in Köln.

Die Partyreihe „Mama geht tanzen“ zieht durchs Land. Braucht es die? Reporterin und Dreifach-Mutter Lisa Harmann hat in Köln mitgetanzt.

Es ist noch hell, als sich die ersten Mütter an diesem Freitagabend im August vor dem Club Bahnhof Ehrenfeld versammeln. Man erkennt sie. Es sind rein weibliche Gruppen. Etwas unsicher einige, ob sie sich schon in der Gästelistenschlange anstellen sollen oder noch einen Vorclubbing-Dosen-Prosecco mit den Freundinnen nehmen.

Ab 19.30 Uhr beginnt der Einlass dieser speziellen Partyreihe namens #mamagehttanzen. „Seid pünktlich“, hatte es in der Instagramstory der Veranstalterinnen vorab geheißen, „damit wir um 20 Uhr direkt loslegen können“. Jede Minute zählt, denn die Zeit ist knapp: Die Party ist auf exakt drei Stunden Feiern angelegt – zu mütterfreundlichen Uhrzeiten von 20 bis 23 Uhr.

Die stillenden Mütter fühlten sich ausgeschlossen

Anna Schumacher, 27, und Andrea Rücker, 36, die Erfinderinnen der Reihe, hatten irgendwann mit ihren vier Kindern zusammengesessen und gemeinsam festgestellt, wie sehr sie es vermissten, mal wieder tanzen zu gehen, um mal wenigstens kurz aus dem Familienkosmos auszubrechen. „Aber es gab einfach nichts, was für uns als zum Teil noch stillende Mütter gepasst hätte“. Sie fühlten sich ausgeschlossen vom kulturellen Leben. Und wollten das ändern. „Wir haben diese Partyreihe also quasi aus der Not heraus erfunden“, erzählen sie – und trafen damit einen Nerv. Ihre Veranstaltungen sind fast gänzlich ausverkauft. An diesem Abend auch in Köln.

Hier geht es nach dem Einlass durch den Garten mit Bar und „Welcome-Shot“ – alkoholisch für die Ausrast-Mamas, anti-alkoholisch für die Noch-Stillenden – hinein durch die schweren Clubtüren. Eine Mama trägt den Aufdruck „Ok, but first coffee“ auf der Brust, die andere hat sich den roten Shot über das weiße Shirt gekippt und sieht so direkt aus, als hätte sie schon bis morgens um 5 Uhr durchgetanzt.

Auf einem Tablet stehen kleine Shot-Gläser mit und ohne Alkohol. Eindrücke von der erfolgreichen Partyreihe "Mama geht tanzen" im Clubbahnhof Ehrenfeld.

Drinks gibt es hier natürlich mit – und ohne Alkohol.

Neben ihr strömen die Frauen zur Bar, bestellen „Aperölchen“ und „Wildberry Lillet“ für knapp 10 Euro, kichern: „Wow, gehen wir jetzt echt mal wieder richtig feiern?!“ Die, die noch nie hier waren, fragen sich, ob die Tanzfläche wohl reicht – bis die erfahrenen Clubberinnen ihnen erklären, dass das hier nur der Vorraum ist und sich Punkt 20 Uhr die Türen zur eigentlichen Partylocation öffnen werden.

Mit scharrenden Hufen steht die dürstende Feiergemeinde an ebenjenen Türen zum Dancefloor, ein bisschen wie die Stiere, die rauswollen in die Kampfarena – Türen auf, rein in die Manege. Punkt acht Uhr geht es dann wirklich los: „Come on, come on, turn the radio on, it's Friday night, and it won't be long“ dröhnt es aus den Boxen. „Gotta do my hair, put my make-up on, it's Friday night, and it won't be long“. Es wird nicht lange gehen, jawohl. Als wäre dieser Song für den Abend geschrieben worden…

Die Partys sind sehr schnell ausverkauft

Schumacher und Rücker haben lange in der Gastronomie gearbeitet, aber die Vorstellung, erst nachts um eins losziehen zu können, um mal wieder unter einer Diskokugel zu stehen, entsprach nicht ihrem neuen Lebensrhythmus. Zu dieser Zeit wollten sie längst im Bett liegen. „So haben wir dann beschlossen, wir machen es einfach selbst und veranstalten nun Partys, die 180 Minuten dauern“, sagt Andrea Rücker. „Ausgiebig tanzen mit den Freundinnen, feiern, was Leckeres trinken und sich frei fühlen. So wie früher halt. Nur komprimierter.“ Und ohne das Gefühl, mal wieder die Erste zu sein, die den Abend verlässt, während alle anderen weitertanzen und sie das Beste verpassen. Schnell wurde die Reihe so erfolgreich, dass sie weitere Städte mit ins Programm nahmen. „Wir sind immer wieder überrascht, wie schnell die Partys ausverkauft sind“, sagt Anna Schumacher.

Das Schöne an so einer Mamaparty sei, sagt Zweifachmutter Anke, die den erfolgreichen Mama-Blog „lächelnundwinken“ betreibt, dass sie sich früher für so einen Abend in viel zu knappe Jeans und viel zu knappe Oberteile gepresst hätte, um dann den ganzen Abend an sich rumzuzuppeln. „Heute ziehe ich einfach ein Outfit an, das nicht drückt und in dem ich atmen kann!“, sagt sie. Eigentlich hatten sie und ihre Freundin Wiebke es an diesem Abend ruhig angehen lassen wollen, aber schon um 20.10 Uhr nehmen sie das erste Video mit Flashlights und hüpfender Partymenge auf – die beiden natürlich mittendrin.

DJ Jay-Nevis und der Blick auf die feiernde Menge in Köln. Eindrücke von der erfolgreichen Partyreihe "Mama geht tanzen" im Clubbahnhof Ehrenfeld.

DJ Jay-Nevis ist einer von sehr wenigen Männern auf der „mamagehttanzen“-Party in Köln.

Anke findet das am Älterwerden echt schön – und auch am Muttersein, dass es sie relaxter macht. Sie trägt heute Klamotten, in denen sie einfach sie selbst ist, so dass sie sich auf den Spaß konzentrieren kann, das „Hübschgefühl“ stellt sich für sie mittlerweile ein, wenn sie sich wohlfühlt. Und das tut sie hier mit diesen auch musikalischen Erinnerungen an die guten alten Zeiten: Es laufen Hits wie „Coco Jambo“ von Mr. President, „Backstreet's Back“ von den Backstreet Boys und „Gimme! Gimme! Gimme! A Man After Midnight“ von ABBA.

Nur vier Männer haben sich in die Location verlaufen

Auf der Empore am Kopf der Tanzfläche wippt DJ Jörn aka Jay-Nevis – übrigens nur einer von insgesamt vier Männern, die sich hier in die Location verlaufen zu haben scheinen – im Takt mit, er bläst Rauch durch die Maschinen, lässt ihn durch die Lightshow halbieren und bekommt immer wieder Damenbesuch mit Musikwünschen am Pult. Die drei Stunden hier wollen schließlich genutzt werden! Und das werden sie auch, die Emporen links und rechts von der Tanzfläche vibrieren nicht nur vom Bass, sondern auch von den Sprüngen der Mütter, die hier endlich mal wieder drei Stunden abrocken und an nichts denken als an sich selbst.

Na gut, nicht alle zücken ihr Handy nur für Videos von der Ekstase hier, einige schreiben auch kurz mal in den Chat mit dem Babybild im Hintergrund, ob zu Hause alles okay sei. Die Zeit läuft rückwärts, gleich ist die Party auch schon wieder vorbei und Anke, Wiebke, Andrea und die anderen Mütter gehen aufgeladen und erfüllt zurück nach Hause. Nicht aber, ohne noch ein Schwätzchen vor der Clubtür zu halten. Auch, als um 23.30 die nächste Feiermeute mit schwarzer Nietenkleidung und weißer Haut vor dem Club ansteht, sieht man vereinzelt noch die Mamagrüppchen zusammenstehen zur Nachbesprechung.

Wie früher eben. Nur zu familienfreundlicheren Zeiten. Und ohne Nach-Party-Pommes, weil doch die süßen Kleinen zu Hause warten. Und auf die scheinen sich nach den paar Stunden Freiheit dann doch hier auch alle wieder zu freuen. 

Die kommenden Partys finden hier statt: 02.09. Essen |  16.09. Düsseldorf | 29.09. Wuppertal | 30.09. Duisburg | 20.10. Köln | Tickets und mehr Infos: mamagehttanzen.de

Rundschau abonnieren