Radsport im WohnzimmerFahrrad fahren auf der Rolle – für wen eignet sich welches Gerät?

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Rollentrainer für zu Hause ermöglichen den Radsport im Winter.

Rollentrainer für zu Hause ermöglichen den Radsport im Winter.

Für Radsportler sind die Wintermonate, die schlimmste Zeit des Jahres. Zum Glück gibt's Rollentrainer. Doch worauf sollte man beim Kauf achten?

Es wird spät hell und früh wieder dunkel. Hinzu kommen niedrige Temperaturen, Regen und glatte Straßen. Der Winter ist für viele Radsportler die unangenehmste Zeit des Jahres. Wer trotz alledem nicht darauf verzichten will, auf dem Fahrrad Sport zu treiben, wird sich vielleicht schon mit einem Rollentrainer beschäftigt haben. Solche Geräte ermöglichen das Radsporttraining in den eigenen vier Wänden. Doch der Markt für solche Indoor-Trainingsgeräte ist groß: Von freien Trainingsrollen über feste Rollen, auch Wheel-On-Trainer genannt, bis hin zu smarten und interaktiven Lösungen gibt es sie in unzähligen Ausführungen. Welches Gerät sich für wen eignet, haben wir Carsten Heinrichs und Sebastian Hespers von der Kölner Roaar-Cycling-Community gefragt. Die beiden Rennrad-Experten verbringen als Tour-Guides für den Radsportclub viel Zeit im Sattel – draußen und auf der Rolle. Sie wissen, worauf es ankommt und wo die Unterschiede liegen. 

Für Ambitionierte: Smart Trainer / Direktantrieb

Die Lösung für ambitionierte Trainingseinheiten zu Hause sind die smarten Trainer. Hier wird das Hinterrad ausgebaut und durch eine Kassette und Schwungscheibe des Trainers ersetzt. Das sorgt für Stabilität. Durch den Ausbau des Hinterrades bleibt ein Reifenverschleiß dementsprechend aus und der Geräuschpegel niedrig. „Wichtig ist, dass die Kassette am Gerät zu der des Fahrrads passt, dass du auch auf der Straße fährst“, erklärt Carsten Heinrichs von Roaar. Mitunter werden die Geräte jedoch nicht mit der passenden Kassette ausgeliefert. Dann sei es angebracht, diese zu tauschen. „Kann man selber machen, aber im Zweifelsfall geht man lieber zum Fachhändler“, empfiehlt Radexperte Sebastian Hespers. Dadurch ergeben sich aber auch Wartungsintervalle. Die Installation an sich sei aber einsteigerfreundlich.

Tablet oder Handy können bei diesen Geräten via Bluetooth mit passender Software (zum Beispiel Zwift oder Rouvy) verbunden werden. So kann digital mit Freunden gefahren oder an Rennen teilgenommen werden. Die App- und Software-Kompatibilität sorgt für Trainingsdaten, wie zum Beispiel Herz- und Trittfrequenz, in Echtzeit und somit für professionelles Training. Wer berühmte Anstiege der Tour de France, wie zum Beispiel Alpe D'Huez, mit dem Rad bezwingen will, kann dies mit einem interaktiven Trainer von zu Hause aus machen. Durchschnittlich 8,5 Prozent Steigung, 21 Kurven und 12,2 Kilometer Anstieg: alles maßstabsgetreu. Hartes Training erhält dadurch einen Videospiel-Charakter.

Dazu gibt es jede Menge Ausstattungsmöglichkeiten. Rad und Trainer sollten aus Gründen der Standfestigkeit auf eine Gummimatte gestellt, das Tablet kann auf dafür konzipierte Tische platziert werden. Und wer im Wohnzimmer nicht auf Fahrtwind verzichten will, kann sich diesen aus Simulatoren ins Gesicht wehen lassen.

Rollentrainer: Zusatz-Equipment hat seinen Preis

Diese Specials haben allerdings ihren Preis und sind nicht zwingend notwendig. „Ich habe zum Beispiel keine Gummimatte unter dem Rad, sondern ein Handtuch. Das Tablet steht bei mir auf einem Fotostativ und der Wind kommt vom Ventilator, wenn es sein muss. So geht es auch“, sagt Sebastian Hespers. Die smarten Geräte eignen sich vor allem für Radsportler, die gezielt Trainings abhalten und dabei interaktiv und digital unterwegs sein wollen. 

Zu den bekanntesten Herstellern der interaktiven Trainer zählen Tacx vom amerikanischen Hersteller Garmin, der italienische Anbieter Elite und die amerikanischen Hersteller Wahoo und Saris. Auch der Softwareanbieter Zwift hat ein eigenes Gerät auf den Markt gebracht. Preislich liegen solche Geräte, aufgrund der Technik, die dahinter steckt, bei grob zwischen 500 und 1000 Euro. Neben Rennrädern auch für andere Radtypen geeignet.

Für Einsteiger: Feste Rolle / Wheel-On-Trainer

Klassische Rollentrainer, auch Wheel-On-Trainer genannt, zeichnen sich durch eine schnelle Montage des eigenen Fahrrads aus. Im Gegensatz zu interaktiven Geräten, muss das Hinterrad nicht ausgebaut, sondern kann einfach eingespannt werden. Dadurch entsteht auch ein realistisches Fahrgefühl. Solche Rollentrainer sind ideal für Einsteiger und Freizeitsportler, die drauflos radeln und nicht zwingend Daten erfassen und online Sport treiben wollen, was aber auch mit diesen Geräten über Geschwindigkeitssensoren ginge.

Ein Nachteil der Wheel-On-Trainer sei die Geräuschentwicklung. „Früher bin ich ein älteres Modell gefahren und wollte dabei fernsehen. Allerdings musste ich den Fernseher sehr laut drehen, um etwas zu verstehen. Irgendwann kam dann der Nachbar hoch und meinte: Was treibst du hier?“, berichtet Hespers. Dazu kommt der Reifenverschleiß, denn der Kontakt der Reifen zum Gerät sorgt für Gummiabrieb.

Wheel-On-Trainer: Von Wahoo, Garmin, Decathlon, Elite

Als Einstieg in die Rollenwelt seien aber auch die günstigeren Wheel-On-Trainer eine Option. „Für Radsportneulinge, die eine Möglichkeit suchen, in der Wohnung fahren zu können, eignen sich diese Trainer auf jeden Fall“, so der Radexperte. Es komme darauf an, ob gezielt trainiert oder lediglich Sport getrieben werden soll.

Nahezu alle großen Hersteller, die oben bereits genannt wurden, haben neben interaktiven auch klassische Rollentrainer im Angebot. Auch Decathlon, als oftmals günstigere Alternative für Sportartikel, hat mit „Van Rysel“ einen im Sortiment. Die Geräte gibt es bereits ab circa 50 Euro. Für Renn- und Freizeiträder geeignet.

Für Fortgeschrittene: Freie Rolle

Variante Nummer drei erfordert Skills und ist nur etwas für Fortgeschrittene und Profis. Die Reifen werden bei den freien Rollentrainern auf drei Walzen gestellt. Das Rad bewegt sich also tatsächlich vorwärts. Beim Abbremsen bewegen sich die Rollen des Trainers dagegen wieder nach hinten. Durch die Form der Rollen soll es zwar nahezu unmöglich sein von der Rolle zu fahren, dennoch erfordert das Training mit diesem Gerät Übung. In der Regel ohne Watt-Messung, also auch ohne exakte Erfassung der Trainingsdaten.

Das Konzept hat aber auch Vorteile: So werden neben der Ausdauer auch Koordination und Technik trainiert. Fahrerinnen und Fahrer können auch aus dem Sattel gehen und sich freier bewegen, weil das natürliche Fahrgefühl insgesamt gut nachgebildet wird. Ideal zum Transportieren: Zusammengeschoben sind sie keinen Meter lang und etwa 40 Zentimeter breit. „Dennoch ist es eine Nische im Bereich Indoor-Cycling“, so Carsten Heinrichs von Roaar.

Die freien Rollentrainer von allen bekannten Herstellern kosten in der Regel zwischen 100 und 250 Euro. Neben dem Rennrad können auch andere Radtypen verwendet werden.

Software

Es gibt zahlreiche Apps, um das Training auf dem Rad zu evaluieren und dem Sport einen Gaming-Charakter zu verleihen. Für das Indoortraining auf einer Rolle eignen sich vor allem Zwift und Rouvy besonders gut. Sie können im App-Store für iOS- und Android-Geräte heruntergeladen werden und kosten dann in der Regel 15 Euro monatlich. Bei Zwift und Rouvy können Sportlerinnen und Sportler auch an virtuellen Wettkämpfen teilnehmen. Mit mehr als zwei Millionen zahlenden Nutzern gilt Zwift als weltweit größte Plattform auf diesem Gebiet. Rouvy könne dagegen, nach Angaben der beiden Rennradfahrer, aber mit einer realistischeren Darstellung punkten.

Fazit

Rollentrainer gibt es in vielen Ausführungen: vom einfachen Auspowern über virtuelle Welten bis hin zum gezielten Intervalltraining. Hinzu kommt, dass man nicht im Straßenverkehr unterwegs ist und somit auch keine Stürze riskiert. Allerdings braucht man auch den entsprechenden Platz in der Wohnung. „Rollentrainer können insgesamt eine super Ergänzung zum draußen Fahren sein. Letztlich ist das Training auf der Rolle aber nicht mit einer Ausfahrt zu vergleichen. Da geht es darum raus zu kommen und neue Dinge und Landschaften zu sehen“, so die beiden Kölner Radexperten.

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