Der Urlaub beginnt im Gehirn weit vor der eigenen Reise – und endet lange danach. Dr. Magnus Heier erklärt Vor- und „Nachfreude“.
Urlaubsplanung und Co.Warum Vorfreude manchmal wirklich die schönste Freude ist

Zwei enge Freunde unseres Kolumnisten hatten auf ihrer siebenwöchigen Radreise nicht nur währenddessen, sondern auch davor und danach Spaß.
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Zwei sehr gute Freunde kommen am Wochenende aus einem siebenwöchigen Urlaub zurück: Sie hatten sich in Castrop-Rauxel auf ihre Fahrräder gesetzt und sind jetzt in Tarifa, Südspanien, abgestiegen. Knapp 2800 Kilometer, auf nicht elektrischen Fahrrädern! Fast 50 Tage, fast ohne Pause. Mit Regen, Gegenwind, Sandpisten und schließlich mörderischer Hitze. Sie sind keine Profisportler und haben doch durchgehalten.
Die Idee ist schon Jahre älter: Es war der ultimative Traum, seit Jahren geplant. Und an dieser Stelle kommt die Urlaubsforschung ins Spiel. Und ein neurologisches Phänomen, das man mit „Vorfreude ist die beste Freude“ zusammenfassen kann: Warum? Das Gehirn empfindet Freude, natürlich. Viele Zentren im Gehirn werden aktiviert. Bei der Vorfreude aber ist die Aktivität anders, intensiver. Vor einem erwünschten Ereignis wird etwa Dopamin (das „Glückshormon“) vermehrt ausgeschüttet. Wenn die Situation eintritt, fährt das dopaminerge System zurück. Das erreichte Ziel erfordert keine weitere Aktivität. So entsteht Lernen, Verhalten – und Urlaubsplanung.
Positive und negative Überraschungen im Urlaub
Die Planung ist ein ebenso intensives Erlebnis wie der Urlaub selbst – für Teile des Gehirns. Natürlich besteht das Risiko, dass der Urlaub selbst weit hinter der Erwartung in der Planung zurückbleibt, psychologisch: der „reward prediction error“. Ein Reiseleiter erzählte von einsamen älteren Gruppenreisenden, die am ersten Tag des Urlaubs damit zu kämpfen hatten, dass Hotelzimmer, Bus und Mitreisende nicht genauso waren, wie in den letzten Monaten im Detail erträumt. Ab Tag zwei wurde es erträglich. Umgekehrt kann der Urlaub überraschend fantastisch werden: ein positiver Vorhersagefehler. Genau das war bei den Freunden der Fall.
Was sie auch genau richtig gemacht haben: Der Erholungseffekt eines Urlaubs ist tatsächlich sehr viel größer, wenn man aktiv ist – sportlich, kommunikativ, kulturell. Der Urlaub wirkt länger nach als ein Strandurlaub mit gepflegtem Nichtstun. Und mehr Aktivität als täglich 80 bis 100 Kilometer Rad zu fahren, das geht kaum.
Lieber viele kleine Auszeiten statt eines langen Urlaubs
Einen „neurologischen“ Fehler haben die Freunde allerdings gemacht: die lange Dauer. Interessanterweise hängt der nachwirkende Erholungseffekt nicht von der Länge des Urlaubs ab. Sieben Wochen wirken hier wie zwei. Wirksamer wären viele kleine statt ein großer Urlaub. Für „Castrop-Tarifa“ und andere Träume kann das natürlich nicht gelten. Grundsätzlich sind aber viele kurze Auszeiten neuropsychologisch am besten. Regelmäßige konsequente Auszeiten am Wochenende – mit Sport, mit Freunden, ohne Handy.
Für die Freunde beginnt jetzt Teil drei des Urlaubs: die „Nachfreude“: Gemeinsame Erinnerungen holen die Erholung in den Alltag. Uns stehen Abende mit Fotos, spanischer Küche und Erzählungen ins Haus. Lustig wird dabei der psychologische Effekt der „Verstärkung“. Emotionale Erinnerungen, positive wie negative, bleiben intensiver in Erinnerung: Die Berge werden höher, die Sonne sengender, das Bier kälter. Wir sind gespannt.