Smartphone, Apps und soziale Netzwerke sammeln unentwegt Daten über uns. Zusammengefügt ergeben diese Informationen ein beunruhigend vollständiges Bild unserer Persönlichkeit. Wer sammelt diese Daten und was geschieht damit?
Jeder Klick wird verfolgtWie digitale Schattenprofile von uns entstehen

Eine Frau hält ein Smartphone, auf dessen Display verschiedene Social Media Apps angezeigt werden.
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Jeder Schritt, jeder Klick und jede Transaktion hinterlässt digitale Spuren. Während wir uns der Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen bewusst sind, weil wir sie sehen, bleiben die meisten Datenspuren unsichtbar. Sie entstehen im Hintergrund, oft ohne aktives eigenes Zutun, während wir unser normales Leben führen. Fügt man alle diese Infoschnipsel zusammen, ergibt sich nicht nur ein beunruhigend vollständiges Abbild Ihres Lebens, sondern auch Ihrer Psyche.
Diese Transparenz ist aber nur einseitig: Die Datensammler und -händler wissen alles, geben über sich aber kaum etwas preis. An welchen Stellen entstehen digitale Spuren? Wer sammelt sie?
Was geschieht mit den Informationen? Und welche Firmen spielen dabei eine Rolle? Außerdem geht es darum, welche Konsequenzen die Schattenprofile für Sie haben.
Smartphones: Die unerbittlichen Datensammler in Ihrer Tasche
Beginnen wir mit dem Naheliegendsten: dem Smartphone. Dieser ständige Begleiter ist zugleich der größte Datensammler. Jede App darauf ist ein potenzieller Spion. Das liegt manchmal in der Natur der Anwendung. Google Maps etwa kann Ihnen keine Live-Wegbeschreibungen geben, ohne zu wissen, wo Sie sich befinden. Die Landkarten-App funkt daher permanent Ihre Position auf wenige Meter genau zu Googles Servern, wo die Routenberechnungen ablaufen.
In vielen Fällen übertragen Apps aber Daten ins Netz, die sie für ihre Aufgabe nicht benötigen. Dabei geht es oft um ihre Refinanzierung mit Werbung. Die Apps enthalten dafür Werbe- und Analytik-Bibliotheken von Drittanbietern, die das Nutzerverhalten aufzeichnen und ins Netz übertragen. Damit wollen die Werbepartner möglichst genaue Interessensprofile der Benutzer gewinnen, um ihnen zielgenaue Werbung einblenden zu können.
Soziale Netzwerke: Datenschätze der digitalen Welt
Soziale Netzwerke spielen eine besondere Rolle. Sie sind wahre Datenschätze. Facebook, Instagram, TikTok und LinkedIn erfassen nicht nur die Posts und Kommentare der Nutzer, sondern auch das Scroll-Verhalten, die Verweildauer bei bestimmten Inhalten, die Likes – mitunter sogar das, was sie in ein Textfeld tippen und dann doch nicht abschicken. Die Plattformen wissen, mit wem die Nutzer interagieren, welche Themen sie emotional bewegen und zu welchen Tageszeiten sie besonders aktiv sind. Für die Datensammler ist nicht nur interessant, was Sie schreiben, sondern auch, wie Sie es formulieren, mit wie vielen Personen Sie interagieren und zu welchen Zeiten das geschieht.
Sowohl auf dem Smartphone als auch per Desktop-Browser sickern massenhaft Daten unbemerkt in verschiedene Kanäle. In vielen Fällen hat Onlinewerbung Tracker im Schlepptau. Werbeunternehmen erkennen Surfer Website-übergreifend wieder und zeichnen jede Mausbewegung, jeden Klick, jeden Tastaturanschlag auf – außer der Nutzer wehrt sich aktiv dagegen.
Schattenprofile: Die Macht der verknüpften Daten
Einzelne Datenspuren an sich haben vielleicht noch keine hohe Aussagekraft. Aber wenn sie nicht komplett anonymisiert, sondern nur pseudonymisiert werden, lassen sie sich miteinander verknüpfen und ergeben so ein detailliertes Gesamtbild der Persönlichkeit. Insbesondere der Einsatz von KI ermöglicht hier Mustererkennungen, die weitere Rückschlüsse erlauben, weil sich einzelne Daten nicht nur statistisch, sondern kontextbezogen auswerten lassen.
Angesichts dieser Datenfülle mag es wenig beruhigend wirken, dass es der Werbeindustrie nicht darum geht, jedes einzelne Individuum zu durchleuchten. Vielmehr wollen die Werbetreibenden Personen in Gruppen einordnen, damit sie diese mit gezielten Botschaften ansprechen und die Reaktionsrate steigern können.
Dieser Text erschien zuerst bei „Heise Online“ in Hannover.
