PrivatversicherteWie der Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung klappen kann

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Gesundheitskarten verschiedener Krankenkassen liegen auf einem Tisch.

Köln – Die private Krankenversicherung bietet einige Vorteile. Schnellere Termine und kürzere Wartezeiten bei Ärzten oder auch den Zugang zu vielen Spezialisten. Das lassen sich die Versicherer allerdings auch einiges kosten. Mit der Zeit steigen die Beiträge für die Krankenversicherung. Ist man privat versichert, orientieren sich diese jedoch nicht am Einkommen. Ein Mehraufwand an Altersvorsorge ist notwendig. Doch was ist, wenn man sich diesen nicht mehr leisten kann oder will? Kann man dann einfach in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln?

Oft heißt es, die Entscheidung für die private Krankenversicherung sei eine fürs Leben. Und tatsächlich sieht der Gesetzgeber einen Wechsel von der privaten zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht vor. So schreibt es auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen in ihrem Merkblatt zum Thema. Er ist grundsätzlich nicht möglich – bis auf einige Ausnahmen, für die Privatversicherte ihre Lebenssituation ändern müssen.

Um diese nutzen zu können, muss man in die Pflichtversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung rutschen. Dafür muss das Bruttojahreseinkommen unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegen. Die Versicherungspflichtgrenze ändert sich jährlich, 2021 steht sie bei 64.350 Euro. Für diejenigen, die schon im Jahr 2002 oder davor privat versichert waren, sinkt sie auf 58.050 Euro Bruttoverdienst im Jahr. „Als Privatversicherter kommen Sie üblicherweise nur dann in die gesetzliche Krankenversicherung rein, wenn Ihr Einkommen unter diese spezielle Grenze sinkt“, sagt Sabine Wolter von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Und: „Das muss dann auch eine gewisse Regelmäßigkeit haben, ein halbes bis ein Jahr muss das schon sein.“

Für Menschen ab 55 wird es schwieriger

Zudem darf man noch nicht zu alt sein. Ist das 55. Lebensjahr beendet und man war in den vergangenen fünf Jahren nicht gesetzlich versichert sowie in mindestens der Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbstständig, greift die Versicherungspflicht nicht mehr.

Eine Möglichkeit, um trotz höheren Alters in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen, ist der Beitritt in die Familienversicherung des Ehegatten oder der eingetragenen Lebenspartnerin. Dafür darf das eigene Gesamteinkommen allerdings 470 Euro im Monat nicht überschreiten, bei einem Minijob liegt die Grenze bei 450 Euro. Dafür gibt es bei dieser Art von Krankenversicherungswechsel keine Altersgrenze. Somit können auch Rentner in die Familienversicherung der Ehegattin oder des Ehegatten wechseln. Mit der Flexirente kann man bewirken, dass die Rente nicht voll ausgezahlt wird. Dies kann sich allerdings sehr kompliziert gestalten, vor einem solchen Schritt sollte man sich auf jeden Fall beraten lassen.

Das gilt jedoch grundsätzlich auch für Menschen, die jünger als 55 Jahre sind und von der privaten zur gesetzlichen Krankenversicherung wechseln wollen. Für sie ist ein Wechsel zwar etwas einfacher, trotzdem nur mit Umwegen und einigen Tricks möglich. Das Stichwort ist und bleibt die Versicherungspflicht – und damit das Drücken des Jahreseinkommens unter die Versicherungspflichtgrenze.

Auch Elternzeit eine Lösung

Für Angestellte gibt es noch ein paar andere Möglichkeiten. Die Gehaltsreduzierung ist möglich, indem Teile des Entgelts in eine betriebliche Altersversorgung eingezahlt werden. Dies bezeichnet man als Entgeltumwandlung. Allerdings gibt es hierbei eine Obergrenze. Bis zu 3408 Euro sind im Jahr 2021 steuer- und sozialversicherungsfrei, weitere 3408 Euro zumindest steuerfrei. „Das kommt aber natürlich nur für Menschen in Frage, die sich bereits nahe an der Versicherungspflichtgrenze bewegen“, sagt Sabine Wolter.

Wem dies nicht reicht oder wer sein Bruttojahresgehalt auf andere Weise drücken möchte, hat Alternativen. So kann man den Arbeitgeber nach dem Recht auf eine befristete Teilzeitvereinbarung fragen, um die Arbeitszeit soweit zu reduzieren, dass das Gehalt unter die Versicherungspflichtgrenze fällt. Einige Arbeitgeber bieten ein Arbeitszeitkonto an, auf dem geleistete Arbeit für die Zukunft gutgeschrieben wird.

Und auch mit einer Auszeit kann sich das Jahresgehalt ausreichend reduzieren lassen. Dies gilt übrigens auch für die Elternzeit. Unabhängig von der Dauer führt sie immer zur Versicherungspflicht – sofern das auf ein Jahr hochgerechnete Gehalt die Versicherungspflichtgrenze nicht übersteigt.

Selbstständigkeit aufgeben – zumindest zeitweise

Ist man hauptberuflich selbstständig, ist dies eine weitere Barrikade auf dem Weg von der privaten zur gesetzlichen Krankenversicherung. Denn hauptberuflich Selbstständige fallen nicht unter die Versicherungspflicht. Um zur GKV wechseln zu können, müssen sie ihre hauptberufliche Selbstständigkeit aufgeben und eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen. Die Selbstständigkeit muss zum Nebenberuf werden und darf nur noch einen geringen zeitlichen Rahmen in Anspruch nehmen, mindestens 20 Stunden in der Woche müssen dafür für den versicherungspflichtigen Job aufgewendet werden. Und zum Lebensunterhalt darf die Selbstständigkeit nur einen kleinen Teil beitragen. Sind diese Bedingungen erfüllt und der Wechsel in die GKV geglückt, kann die Selbstständigkeit auch wieder hauptberuflich ausgeführt werden.

Es gibt auch rabiate Lösungen, um einen Wechsel von PKV zu GKV zu ermöglichen. Wer sich arbeitslos meldet und Arbeitslosengeld I bezieht, landet automatisch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Arbeitslosengeld II, bekannter als Hartz IV, führt für bislang Privatversicherte hingegen nicht zur Versicherungspflicht.

Ausland als Türöffner

Auch ein Jobwechsel ins Ausland kann die Tür zum Krankenkassenwechsel aufstoßen. Wer in einem EU-Land mit Krankenversicherungspflicht, beispielsweise den Niederlanden, einen Job annimmt oder dorthin zieht, kann sich nach der Rückkehr nach Deutschland weiter gesetzlich krankenversichern. Die Altersgrenze greift dann nicht.

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Der erste Schritt sollte jedoch über den Versuch gehen, den Status der Pflichtversicherung zu erreichen. Hat man dies geschafft, besteht gegenüber der privaten Versicherung sogar ein Sonderkündigungsrecht, bei dem man nicht die üblichen Fristen einhalten muss. Allerdings sollte man sich diesen Schritt gut überlegen und Fachleute um Rat bitten. „Es ist ganz wichtig, dass man immer das Gesamtbild im Auge behält. Ob ein Wechsel Sinn ergibt, kann man pauschal nicht sagen“, betont Sabine Wolter. Alternativen zum Drücken des Beitrags für die private Krankenversicherung bestehen allemal. So kann man auch das Portfolio an Leistungen überprüfen, dieses ausdünnen und so seinen Beitrag für die private Krankenversicherung drücken.

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