EU befürchtet Blackouts in EuropaSo sorgt man für einen längeren Stromausfall vor

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stromausfall symbol

Wenn nichts mehr fließt: So können sie sich auf einen Stromausfall vorbereiten (Symbolbild).

Köln – Aufgrund der von Russland ausgelösten Energiekrise ist vermehrt von einem möglichen Blackout in den Wintermonaten die Rede, also einem länger anhaltenden, großflächigen Stromausfall. Auch die EU-Kommission treibt die Sorge um, dass es zu Stromausfällen und anderen Notlagen kommen wird, wie Janez Lenarcic, EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Katastropgenschutz im Interview mit dem RND sagte: „Es ist gut möglich, dass Katastrophenhilfe auch innerhalb der EU nötig wird“ Zuvor warnte auch die Kölner Stadtdirektorin, Andrea Blome, vor möglichen, bis zu 72 Stunden andauernden Stromausfällen in der Stadt, sollte die Energiekrise eskalieren.

Die EU arbeitet laut Lenarcic aktuell an zwei Notfallplänen, sollten einzelne oder mehrere Mitgleidstaaten von einem Blackout betroffen sein. Diese könnten im Ernstafall mithilfe von Stromgeneratoren von anderen EU-Mitgliedern oder aus Reserven der Kommission bedient werden. Zu solchen Blackout-Szenarien beitragen könnte auch der Einsatz vieler elektrischer Heizlüfter im Falle von Gasknappheit. Deshalb richtete Blome wie viele Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen einen Appell an die Bevölkerung, wo es nur gehe, Strom und Gas zu sparen.

Das Szenario wirkt beunruhigend. Man sollte ihm dennoch am besten mit Besonnenheit statt Panik begegnen: „Je besser man vorbereitet ist, desto ruhiger kann man einem eventuellen Blackout entgegensehen", sagt Thomas Zwingmann, Energieberater bei der Verbraucherzentrale Köln. Gemeinsam mit Marianne Suntrup vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gibt er Tipps für die persönliche Notfallplanung. 

Warum ist es gut, jederzeit auf einen Ernstfall vorbereitet zu sein?

„Sicher, Anlass ist derzeit der Krieg in der Ukraine, doch auch Wasserknappheit, Stromausfälle durch Unwetter oder ein Cyberangriff können Gründe sein, rechtzeitig darüber nachzudenken, für den Ernstfall vorzusorgen", sagt Marianne Suntrup. Schließlich seien viele kritische Infrastrukturen hierzulande voneinander abhängig. Ausfälle in einem Sektor könnten zu Ausfällen in anderen Sektoren und Branchen führen.

Suntrup sagt: „Die Energie ist hier von besonderer Bedeutung, ein Starkregen oder schwerer Sturm, in der Folge ein Stromausfall oder ein Hausbrand können zudem persönliche Katastrophen auslösen, weshalb ich jedem und jeder zu einem privaten Notfallplan rate.“ Ist der Ernstfall eingetreten, ist es für die Vorsorge zu spät. 

Wieso ist bei einem Blackout die Wasserversorgung betroffen?

„Ein Wasserversorger ist immer auch auf den Energieversorger angewiesen, denn er benötigt Strom, um das Wasser zu verteilen“, sagt Suntrup. Ganz besonders in Städten, aber nicht nur dort, wird zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Strom benötigt. Etwa bei der UV-Entkeimung des Trinkwassers, einem Verfahren, das auf die keimabtötende Wirkung von UV-Licht setzt. Oder über Pumpen, die dafür sorgen, dass auch in der obersten Etage eines Mehrfamilienhauses Wasser aus der Leitung kommt.

Bei der Abwasserentsorgung transportieren Hebeanlagen Abwässer und Fäkalien weiter, um Höhenunterschiede zu überwinden und einen Rückstau in die Häuser zu verhindern. Fallen die Hebeanlagen aus, staut sich alles in den Rohren und verstopft sie. Schon nach wenigen Stunden eines Blackouts kann also das Wasser zum Trinken, Kochen, Waschen und für die WC-Spülung fehlen, denn ohne Wasserversorgung funktioniert keine WC-Spülung.

Ganz abgesehen davon, dass zum Betrieb einer Kläranlage sehr viel Strom nötig ist, bei einem längeren, großräumigen Stromausfall kommen die Abwässer aus unseren Häusern womöglich gar nicht dort an.

Welche wichtigen Dinge fallen noch aus?

An Tankstellen gibt es keinen Sprit, der öffentliche Nahverkehr, Ampeln und Beleuchtungen fallen aus und die Kommunikationsnetzwerke: das Telefonnetz, das Internet und der Fernseher streiken, auch Supermarktkassen, Eingangstüren, Aufzüge, Rolltreppen, Schließanlagen und Geldautomaten, die Zahlung per EC-Karte ist nicht mehr möglich.

Apotheken können nicht mehr beliefert werden und die Ausgabe von Medikamenten auf Rezept ist ohne Computer nicht mehr möglich. Zuhause springt die Heizung nicht an, warmes Wasser und Licht fehlen. Hier erfahren Sie, wie sich das Land NRW auf einen möglichen Stromausfall vorbereitet.

Wodurch kann ein Stromausfall zustande kommen?

Zwar lag laut Bundesnetzagentur die durchschnittliche Unterbrechung der Stromversorgung je Verbraucherin und Verbraucher im Jahr 2020 hierzulande bei nur 10,73 Minuten und alle wichtigen Versorgungsbranchen sind so ausgestattet, dass sie mindestens 72 Stunden, also drei Tage, mit einer Notstromversorgung betrieben werden können.

„Dennoch ist ein großflächiger, langandauernder Stromausfall aufgrund der Energiekrise nicht unplausibel, denn es handelt sich um ein hochkomplexes System, das auch durch technisches oder menschliches Versagen, Cyberangriffe oder Extremwetter-Ereignisse gestört werden kann“, sagt Suntrup.

Wie kann ich Licht- und Wärmequellen dann ersetzen?

Zwingmann: „Es gibt verschiedene alternative Lichtquellen, wenn der Strom ausfällt, am besten ist, verschiedene Varianten vorrätig zu halten". Dazu gehören:

• Taschenlampe: batteriebetrieben (mit Ersatzbatterien), solarbetrieben, Kurbeltaschenlampe oder LED-Leuchten, Ersatz-Leuchtmittel dafür nicht vergessen  • Kerzen (in feuerfesten Behältern wie Windlichter), Streichhölzer und/oder Feuerzeuge • Feuerzeug oder Zündhölzer griffbereit halten • Camping- oder Outdoor-Lampen: batteriebetrieben (mit Ersatzbatterien), LED-Leuchten oder Petroleumlaternen (passenden Brennstoff vorhalten) • Stirnlampen für Arbeiten, bei denen man die Hände frei haben muss • Achtung Brandgefahr: Beim Einsatz immer die Herstellervorgaben beachten und offene Flammen nicht unbeobachtet lassen

„Nicht nur, wer mit Strom heizt, hat ein Problem bei einem Blackout oder kürzeren Stromausfall. Auch die Heizungspumpen, die das Warmwasser bei einer Holz- oder Ölheizung in die Heizkörper transportieren ebenso wie Wärmepumpen, funktionieren mit Strom. Wer einen Kamin oder Ofen hat, sollte einen Vorrat an Kohle, Briketts oder Holz haben. Und bei gasbetriebenen Heizquellen unbedingt darauf achten, dass Sicherheitsvorkehrungen wie eine Sauerstoffmangel- und Zündsicherung vorliegen", rät Suntrup.

Auch genügend warme Kleidung und vor allem warme Decken oder Schlafsäcke helfen, wenn die Heizung ausfällt. Außerdem sollte man sich nur in einem Raum aufhalten und die Türen schließen, damit Wärme nicht entweichen kann. Dennoch ist regelmäßiges Lüften angesagt, um den Sauerstoffgehalt in den Räumen zu erneuern. 

Wie kann ich die Kommunikation sicherstellen?

„Mit einer ausreichend leistungsstarken und geladenen Powerbank lässt sich das Handyleben verlängern, um sich via Warnapps der Behörden über alles Notwendige zu informieren", sagt Zwingmann. Noch besser: ein batteriebetriebenes Radio oder Kurbelradio (am besten mit Kurzwellenempfang) und einen Vorrat an Ersatzbatterien zur Hand zu haben.  

Was muss man als Erstes tun, wenn der Blackout einsetzt?

• Da es mit dem Blackout zum Ausfall der Kommunikationsnetze kommt, das Handy eventuell noch für einige Stunden Akku aber kein Netzempfang hat, ist es sinnvoll, ein batteriebetriebenes Radio parat zu haben, um die wichtigsten Innformationen der Behörden über den Lokalsender zu empfangen.

• Alle Elektrogeräte ausschalten, die eine Gefahr sein könnten, wenn der Strom wieder kommt, wie Herdplatten, Werkzeuge, Mixer, Bügeleisen, Fernseher, PC. Beim Wiederherstellen der Stromversorgung kann es zu Spannungsspitzen kommen, die diese Geräte beschädigen könnten.

• Kühlschrank und Gefriertruhe möglichst geschlossen halten und nach spätestens 24 Stunden den Inhalt verlagern, zum Beispiel auf den Balkon, und schnellstmöglich verwerten.

• Batterie- oder solarbetriebenes Radio (oder alternativ das Autoradio) nutzen, um wichtige Informationen zu erhalten – lokalen Sender einstellen.

Wie viele Getränke sollten vorrätig sein?

Die vom BBK empfohlene persönliche Checkliste geht von einem Lebensmittel- und Wasservorrat von etwa zehn Tagen aus. Berücksichtigt man, dass ein Mensch drei Wochen ohne Nahrung auskommt, aber nur vier Tage ohne Flüssigkeit, rät das BBK dazu, pro Person rund 20 Liter Flüssigkeit wie Mineralwasser oder Fruchtsäfte vorrätig zu halten.

Das entspricht dem Bedarf eines Erwachsenen von mindestens 1,5 Litern pro Tag plus 0,5 Liter, um unabhängig von der öffentlichen Trinkwasserversorgung auch Wasser fürs Kochen parat zu haben. „Ein paar Kisten günstiges Mineralwasser ohne Kohlensäure im Keller aufzubewahren. ist nie ein Fehler", sagt Zwingmann. 

Welche Nahrungsmittel gehören in den Notvorrat?

Kleinere Mahlzeiten können auf einem Campingkocher zubereitet werden, oder auch auf einem Garten- oder Tischgrill, der mit Holzkohle oder Gas betrieben wird. Das sollte allerdings wegen der Erstickungsgefahr ausschließlich im Freien geschehen.

Zwingmann: „Es gibt inzwischen viele Küchen- und Haushaltsgeräte, die mit Solarzellen betrieben werden, das reicht vom Milchaufschäumer bis zum Radio." Der von der BBK empfohlene Grundvorrat an Nahrungsmitteln für zehn Tage deckt den Gesamtenergiebedarf eines Erwachsenen ab, also rund 2.200 kcal pro Tag. 

• 3,5 Kilo Getreideprodukte wie Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis • 4 Kilo Gemüse und Hülsenfrüchte am besten vorgekocht im Glas oder in Dosen • 2,5 Kilo Obst und Nüsse auch in Dosen oder Gläsern • 2,6 Kilo Milch und Milchprodukte • 1,5 Kilo Fisch, Fleisch, Eier oder Volleipulver • 360 Gramm Fette und Öle

Außerdem sollten Zucker, Süßstoff, Honig, Marmelade, Schokolade, Jodsalz, Fertiggerichte, Kartoffeltrockenprodukte wie Kartoffelbrei, Mehl, Instantbrühe, Kakopulver, Hartkekse und Salzstangen vorrätig sein.

 Was ist in Punkto Hygiene zu beachten?

„Wenn es aufgrund eines Stromausfalls kein warmes Wasser mehr gibt oder kaltes nur bedingt zur Verfügung steht, dann kommt es auf die Hygiene an, damit Seuchen und Krankheiten keine Chance haben", betont Suntrup.

Auch die WC-Spülung muss dabei bedacht werden. Deshalb sollte Wasser in allen verfügbaren größeren Gefäßen gesammelt werden, in Eimern, in Töpfen und/oder Wasserkanistern, am besten in faltbaren, da sie sich besser lagern lassen. Durch Entkeimungsmittel kann man das Wasser länger haltbar machen, die gibt es im Campinghandel. Mindestens eineinhalb Liter pro Person und Tag sollten dafür bereitgehalten werden.

Wegwerfgeschirr und Besteck aus Pappe sind zwar nicht umweltfreundlich, helfen aber im Notfall, Wasser zu sparen. In starken Müllsäcken können verdorbene Nahrungsmittel und andere Abfälle geruchsfrei gelagert werden. Um sie zu verschließen, sollte ausreichend stabiles Klebeband vorhanden sein.

Vor allem in der Küche ist es ratsam penibel auf Hygiene zu achten, so Suntrup. Dafür sollten Feuchttücher, Desinfektionsmittel für Hände und Arbeitsflächen sowie Einweghandschuhe vorrätig sein.

Was darf in der Notfall-Hausapotheke nicht fehlen?

„Manchmal muss es schnell gehen, nicht nur im Katastrophenfall: Passiert ein Unfall im Haushalt oder bei der Gartenarbeit, ist es wichtig, eine gut sortierte Hausapotheke zu haben", sagt Suntrup. Abgelaufene Medikamente sollten sofort entsorgt, bei Arzneimitteln ohne Verfallsdatum, das Einkaufsdatum notiert werden. „Die Notapotheke sollte zudem an einem für Kinder nicht zugänglichen, wenig beheizten und trockenen Ort deponiert werden."

• Persönliche, vom Arzt verschriebene Medikamente • DIN-13164 Verbandskasten (Mull-Kompresse, Verbandsschere, Pflaster und Binden, Dreieckstuch) • Schmerzmittel • Haut- und Wunddesinfektionsmittel • Mittel gegen Erkältungskrankheiten • Fieberthermometer • Medikamente gegen Durchfall und Elektrolyte • Insektenstich- und Sonnenbrandsalbe • Splitterpinzette

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